Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich
Jordan und seine Ziele.
»Und wie wollen sie uns überhaupt helfen?« wollte ein anderer Prophet wissen.
»Indem sie euch vor den Vandalen schützen«, antwortete Arden sofort. »Wenn die Revolution tatsächlich Erfolg hat, dann gibt es für die Oberweltler reichlich Gelegenheit, die Quelle der Verschmutzung ausfindig zu machen, die eure Heimat zerstört.«
Geflüster füllte die Luft.
»Und warum sollte es so kommen?« Die Frage stammte von einem der Propheten, den Arden kannte.
»Garantieren kann ich nichts, T'sin«, antwortete er. »Ich glaube an Jordan und seine Leute. Ich bin sicher, dass er als
Gegenleistung für eure Hilfe versprechen wird, euch zu helfen. Er ist ein ehrenwerter Mann und hält sein Wort.«
In den Reihen der Propheten entstand eine gemurmelte Diskussion. Arden verfolgte sie besorgt und sah sich gelegentlich um auf der Suche nach einem freundlichen Gesicht. C'tis und V'dal lächelten aufmunternd, aber er sah auch den Zweifel in ihren Augen.
Die Unstimmigkeiten unter den Propheten wurden heftiger und lauter, schließlich jedoch beruhigte man sich wieder, und es war erneut T'sin, der sprach.
»Was du uns erzählst, bringt viele praktische Probleme mit sich. Angenommen, wir nehmen Verbindung zu diesen Leuten auf, wärst du dann bereit, als unser Bote aufzutreten?«
»Gerne«, erklärte Arden sofort. »Ich könnte zu ihm gehen, sobald mein Bein entsprechend verheilt ist.«
Die Propheten nahmen ihre Diskussion wieder auf, und unter den Zuschauern entstand erneut Gemurmel. Eine einzelne Stimme erhob sich über den allgemeinen Lärm.
»Die ganze Geschichte steht und fällt mit der Richtigkeit des Bildes von Jordan«, meinte eine Prophetin mit lauter Stimme. »Alles andere sind bloß Nebensächlichkeiten. Wie können wir sonst zu einem Urteil kommen?« Sie hielt inne und ließ den Blick über die Runde ihrer Kollegen schweifen. Nachdem man ihr zustimmend zugenickt hatte, wandte sie sich wieder an Arden.
»Ist das wahr, was du uns über diesen Mann erzählt hast?«
»Ja.«
»Dann hast du nichts zu befürchten.« Ihre schwarzen Augen waren starr wie die eines Adlers, der seine Beute abschätzt. »Bist du bereit, diese Behauptungen den Flüsterern zu beweisen?«
»Ja.« Arden hatte keine Ahnung, was dies bedeutete, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für einen Rückzieher. In der Höhle wurde es sehr still.
»Gut.« Die Prophetin machte P'tra ein Zeichen, die dar aufhin mit einem Beutel aus Seidenfischband nach vorne trat.
Was jetzt ? überlegte Arden mit klopfendem Herzen.
P'tra entsiegelte den Beutel und holte einen durchsichtigen, mehrfach geschliffenen Kristall von der Größe ihrer Hand hervor. Das wenige Licht, das es in der Höhle gab, flackerte und schoss auf diesen Kristall zu, der die gesamte Helligkeit in sich versammelte und den Rest der Höhle in Dunkelheit tauchte. Arden wurde hypnotisiert und hörte weder das Gemurmel der Zuschauer noch ihren plötzlich stockenden Atem.
Der Diamantkristall.
P'tra hielt den funkelnden Stein vor Arden, dann schloss sie die Augen. Ein paar Augenblicke lang geschah nichts, dann stieg ein blaugrüner Dampf kräuselnd aus der Tiefe des Kristalls empor und hing in der Luft wie eine kalte Flamme. Andere Farben gesellten sich dazu und erzeugten ein Schauspiel von atemberaubender Schönheit.
T'sins Stimme schwebte aus dem dunklen Raum hinter dem Stein heran.
»Leg deine Hände auf den Kristall. Zeige uns Jordan.«
Arden tat, wie ihm geheißen, und bewegte sich wie in Trance. Seine Finger fühlten nichts Seltsames, als sie mit der kalten, harten Oberfläche des Steins in Berührung kamen, doch die bunten Flammen reagierten sofort. Für einen kurzen Augenblick blitzten in seinem Innern entsetzliche, wirre Bilder auf.
»Zeige uns Jordan.«
Ein entlegener Teil von Ardens Verstand griff den Gedanken auf: Er dachte an den Führer des Untergrundes, stellte sich seinen großen, breitschultrigen Körper vor, die schwarze Haut und das dunkle, fein gelockte Haar. Er stellte sich sein Lächeln vor und seine ausdrucksstarken Hände, die Stimme, mit der er seine Zuhörer in den Bann ziehen konnte, und seinen allgegenwärtigen Humor. Arden schloss die Augen und erinnerte sich an Jordans Worte, an seine Hoffnungen und Ängste. Irgendwo von weit weg hörte er Rufe des Erstaunens und der Überraschung. Arden öffnete die Augen.
Vor ihm stand Jordan. Er schien über dem Kristall zu schweben. Vollkommen verblüfft verfolgte Arden, wie das Bild in sich
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