Die träumende Welt 02 - Das Schattenreich
mussten. Natürlich! erinnerte er sich. Die Höhlen unter dem Norden der Wüste, neben der Küstenstraße - dort wurde Gemma das erste Mal von den Grauen Vandalan angegriffen. Er sah zur Höhlendecke hinauf und fragte sich nicht zum ersten Mal, was sich wohl über ihm befand.
Das Lied verhallte, wurde leise, weniger eindringlich.
»Es ist nicht nur der Wind«, meinte V'dal. »Einige der Vibrationen entstehen auch durch das Flusswasser.«
J'vina erstarrte, dann erhob sie sich plötzlich und zog ihr Schwert sirrend aus der Scheide.
»Es kommt jemand«, flüsterte sie. »Dort drüben.« Sie zeigte auf einen der Tunneleingänge, und die anderen kamen langsam auf die Beine und hatten die Hand am Heft ihrer Waffen.
Mit dem Verhallen der Musik wurde ein anderes Lied hörbar. Es klang fast ebenso seltsam, wirkte aber irgendwie bescheidener, persönlicher. Die schrille Melodie hallte durch die Höhle. Arden kam es so vor, als würde er es kennen, doch bevor er in Gedanken eine Verbindung herstellen konnte, war ein anderes Geräusch zu hören. Kratzende, scharrende Schritte kamen aus eben dem Tunnel, den alle so wachsam im Auge hielten.
Leise, mit klopfendem Herzen, zogen sie ihre Schwerter. Im Höhleneingang bewegten sich Schatten, und plötzlich hörte der Gesang auf.
Mehrere Meyrkats kamen hervor, standen auf ihren Hinterbeinen und betrachteten die erstaunten Menschen mit ernsten, schwarzumränderten Augen.
Einige Augenblicke lang rührte sich niemand, dann legte Arden sein Schwert nieder und trat vor. Die Meyrkaty piepsten glücklich, als sie ihn erkannten, blickten voller Interesse hin und her.
Arden fing an zu lachen.
29. KAPITEL
Ardens Gefährten waren verwirrter denn je, als er sich hinsetzte und ein Bein ausstreckte. Nach kurzem Zögern begannen die seltsamen kleinen Geschöpfe über das ausgestreckte Beim zu hüpfen, begleitete von Ardens Gelächter und ihren Piepslauten.
»Ich kenne sie«, erklärte der Oberweltler. »Wir haben in der Wüste miteinander gespielt.« Er blickte sich um und sah zum erstenmal den ungläubigen Ausdruck in den Gesichtern seiner Begleiter.
»Hör auf zu lachen und erkläre uns das endlich!« schimpfte J'vina, obwohl sie selber fast lachen musste.
Arden gewann allmählich seine Haltung zurück und erklärte alles, was er über die Meyrkats wusste.
»Was tun sie hier unten?« wollte D'vor wissen. »Wir haben dergleichen noch nie gesehen!«
»Wer weiß?« erwiderte Arden. »Ich kann leider nicht mit ihnen sprechen - das kann nur Gemma. Vielleicht sind sie auf Erkundungstour. Oder auf der Suche nach mir.« Mit neuem Eifer in den Augen wandte er sich wieder an den Clan. »Ist Gemma bei euch? Könnt ihr mich zu ihr führen?«
Die Meyrkats, die sich jetzt längs einer Höhlenwand aufgestellt hatten, reagierten nicht auf seine Worte. Wenn ich mich nur mit ihnen verständigen könnte, dachte er versonnen.
»Diese Gemma würde ich gerne kennenlernen«, meinte V'dal. »Je mehr wir von ihr hören, desto bemerkenswerter kommt sie mir vor.« Arden, der sich in Gedanken der Hoffnung und Sehnsucht verlor, erwiderte nichts.
In dem Tunnel war es wieder still, und die Mitglieder des Kontrolltrupps beruhigten sich, obwohl sie noch immer häufig zu den Tieren hinüberblickten, die sich jetzt zusammengedrängt hatten und allem Anschein nach schlafen wollten. Die Gruppe überließ J'vina die Wache, bevor sie sich selbst zum Schlafen bereitmachte. Als Arden und seine Gruppe am nächsten Morgen aufbrachen, begleiteten die Meyrkats sie, sprangen voraus und untersuchten alle Abzweigungen längs des Weges. Ihre unstillbare Neugier war nett anzusehen, J'vian jedoch gefiel ihr Herumgetobe nicht.
»Genausogut könnten wir Lampen anzünden oder singen, um allen mitzuteilen, wie wir vorankommen«, beschwerte sie sich. »Solange die hier herumschnattern, wird uns der Feind ohne Mühe kommen hören.«
Arden musste ihr recht geben, sah aber keine Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen.
»Tut mir leid«, meinte er leise, »ich kann ihnen nicht sagen, was sie tun sollen.«
»Wir könnten ihnen Angst machen und sie verscheuchen«, brummte sie, doch weder sie noch einer der anderen unternahm einen entsprechenden Versuch. Irgendwie ließ die Anwesenheit der lebhaften kleinen Tierchen den Zweck ihrer Reise in einem angenehmeren Licht erscheinen.
Gegen Ende des Tages stießen sie auf eine der achtköpfigen Militärpatrouillen in dieser Region. Man schlug zusammen das Lager auf und tauschte Informationen aus. Dabei
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