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Die Träumerin von Ostende

Die Träumerin von Ostende

Titel: Die Träumerin von Ostende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric-Emmanuel Schmitt
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Buch hängenblieb. Wie vulgär! Schwarz, rot, gold, schwülstige Buchstaben, ein übertrieben expressionistisches Schriftbild als unmissverständlicher Hinweis darauf, dass dieser Band Schreckliches enthielt, als hätte man ihn mit einem warnenden Etikett versehen wie »Vorsicht Gift!« oder »Nicht berühren, Hochspannung, Lebensgefahr!«. Und erst der Titel:
Das Zimmer der dunklen Geheimnisse
. Etwas Dämlicheres konnte man kaum finden, oder? Gothic und zeitgenössisch, das Nonplusultra des schlechten Geschmacks! Und als reichte der Titel nicht, hatte der Verlag zu allem Überfluss auf einer Banderole hinzugefügt: »Wenn Sie dieses Buch schließen, wird Sie die Angst nicht mehr verlassen!« Schauderhaft … Man brauchte diese Schwarte gar nicht erst aufzuschlagen, um zu wissen, dass es sich um Schund handelte.
    Chris Black … Lieber sterben als ein Oeuvre von Chris Black lesen! Zu korpulent, zu üppig – wie Sylvie übrigens –, aber man musste ja schließlich etwas für sein Geld bekommen.
    Als er sich vergewissert hatte, dass Sylvie und ihre Freundinnen ins Gespräch vertieft ihn nicht beachteten, drehte er das Buch diskret um. Wie viel Seiten hatte dieser Schmöker? Ganze achthundert! Schauderhaft! Wenn ich daran denke, dass sie dafür jede Menge Bäume fällen. Und das alles nur, um diesen Schrott von Monsieur Chris Black zu drucken … Er muss Millionenauflagen in der ganzen Welt haben, dieser Mistkerl … Für jeden seiner Bestseller holzen sie einen dreihundert Jahre alten Wald ab, ritsch, ratsch, hin der Baum und mit ihm der Lebenssaft! Deshalb richten sie unseren Planeten zugrunde, deshalb zerstören sie die Lungen unserer Erde, ihre Sauerstoffreserven, ihre Ökosysteme, und alles nur, damit dicke Frauen dicke Bücher lesen, die nichts taugen! Einfach widerlich …
    Da die Freundinnen unbekümmert weiterplauderten und keine Notiz von ihm nahmen, beugte er sich vor, um die Rückseite zu lesen.
    Wenn sie gewusst hätte, wohin dieses Abenteuer sie führen würde, hätte sich Eva Simplon, Agentin des FBI , nicht so lange in Darkwell House aufgehalten. Doch sie hatte es vor kurzem von einer entfernten Tante geerbt und musste bleiben, bis alles für den Verkauf Nötige geregelt war. Hätte sie dieses vergiftete Geschenk nicht lieber zurückweisen sollen? Denn das Haus hält so geheimnisvolle wie haarsträubende Überraschungen für sie bereit …
    Wer kommt um Mitternacht in diesem unzugänglichen, tief in seinem Inneren verborgenen Raum zusammen? Was hat dieser Sprechgesang mitten in der Nacht zu bedeuten? Wer sind die sonderbaren Käufer, die für eine alte, abgelegene Bruchbude mehrere Millionen Dollar zahlen wollen?
    Was hat es auf sich mit diesem Manuskript aus dem 16. Jahrhundert, von dem Eva Simplons Tante ihrer Nichte einmal erzählt hat? Was daran ist so explosiv, dass es die Begehrlichkeit so vieler weckt?
    Die Agentin Eva Simplon hat noch manches Problem zu lösen, und der Leser läuft Gefahr, gemeinsam mit ihr um seinen Schlaf gebracht zu werden.
    Einfach umwerfend … So idiotisch, dass man den Film schon ablaufen sah – auch Filme waren Maurice Plisson zuwider –, Geigen kreischten, blaue Blitze zuckten, und eine blonde Schnepfe rannte durch die Dunkelheit … Das Faszinierende an der Sache war weniger, dass irgendwelche Idioten diesen Schund lasen, als vielmehr die Tatsache, dass irgendein Unglücksmensch dergleichen zu Papier brachte. Kein Beruf ist dumm, aber man kann versuchen, seine Miete auf würdigere Art zu bezahlen. Zudem braucht es zweifellos etliche Monate, bis man achthundert Seiten zusammengeschrieben hat. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder war dieser Chris Black ein von seinem Talent überzeugtes Schwein oder aber ein Sklave, dem sein Verleger die Pistole an die Schläfe hielt. »Achthundert Seiten, mein Guter, und keine weniger!« »Aber warum achthundert, Monsieur?« »Weil, Sie Schwachkopf, Sie dämlicher Schreiberling, der Durchschnittsamerikaner nun mal im Monat nicht mehr als zwanzig Dollar seines Budgets für Bücher und fünfunddreißig Stunden seiner Zeit fürs Lesen lockermachen kann, okay? Also, immer schön im Rahmen bleiben, nicht mehr und nicht weniger. Was wir brauchen, ist ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, wie es das Marktgesetz verlangt. Kapiert? Und hören Sie mir mit diesem Dostojewskij auf, die Kommunisten hab ich gefressen.«
    Maurice Plissons Schultern zuckten vor sarkastischer Freude. Er stand auf seinen Einkaufswagen gestützt da

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