Die Traumvektor Tetralogie - I.Ursprung (German Edition)
höher und dann lag marduk in seiner ganzen pracht vor mir. ein leuchtend blauer ball in der tiefen schwärze des alls, die oberfläche an manchen stellen schamhaft von weißen wattebäuschen verhüllt. ich genoss diesen anblick und wollte auf ewig hierbleiben, die »traummaschine« riss mich jedoch gnadenlos und ohne vorwarnung aus meinem schlaf.
1
in mir herrschte eine mir unverständliche aufruhr. es war, als wollte mein geist mir etwas wichtiges mitteilen, doch konnte er sich nicht mehr an den inhalt der nachricht erinnern. es musste etwas mit dem datenwulst zu tun haben, der mir gestern eingetrichtert worden war.
ich war heute morgen nicht zur »hypnoschulung« gegangen und lag auf »meiner« insel, malte buchstaben aus einem mir noch vor kurzem unbekannten alphabet in den weißen sand. ich versuchte mich zu entspannen und diese nicht erklärbare nervosität abzulegen. ich drehte mich auf den rücken, schloss die augen und ließ die verworrenen muster, die von irgendwo aus meinem hinterkopf auf die innenseite meiner lider projiziert wurden, an mir vorübergleiten. die heiße, weiße sonne brannte auf meiner haut und ließ sie immer dunkler werden. eine leichte brise streichelte sie ganz zart und versuchte die hitze von ihr fernzuhalten. sonne und wind fochten einen ununterbrochenen kampf um die gunst, ihr am nächsten sein zu dürfen.
meine gedanken verhedderten sich in einem gewirr aus bildern meiner nahen und doch unendlich weit entfernten vergangenheit. ich sah schemenhafte schatten guter freunde und dinge, die im laufe der jahre so selbstverständlich geworden waren, dass sie jetzt ein schmerzvolles vakuum in meinem bewusstsein hinterließen. banale kleinigkeiten des lebens, wie die täglich dem postboten achtlos hingeworfenen grußformeln »guten tag« und »auf wiedersehen«, ein unbedeutendes gespräch mit der kassiererin im kaufhaus oder das sich an jedem abend wiederholende ritual‚ aus dem auto zu steigen, die wohnungstüre zu öffnen und zu fühlen, hier ist man zu hause.
das alles lag hinter mir, wahrscheinlich sehr weit hinter mir. ich wusste ja noch nicht einmal, in welcher zeit ich gelandet war.
da war es wieder, dieses furchtbare gefühl der einsamkeit, einer unbeschreiblichen leere in meinem herzen, meiner seele. es war verrückt, diese dinge waren längst geschichte, meine geschichte zwar, doch unwiderbringlich verloren, nichts konnte sie in die gegenwart zurückholen und doch schafften sie es immer wieder aufs neue, aufmerksamkeit zu erregen, mich zu quälen.
ich stand auf, blickte auf den see hinaus, stapfte den bilderbuchstrand entlang, konzentrierte mich auf die knirschenden geräusche meiner schritte im sand, stürzte mich in das kühle nass und legte mich, keinen deut ruhiger geworden, wieder in den sand.
die gedanken woben ihre netze unermüdlich weiter.
mit all dem wissen, das ich heute besaß, und es war nicht gering – die »traummaschinen« hatten mir mehr beigebracht als der »durchschnittsmardukianer« in seinem gesamten leben je erfuhr – konnte ich mir nicht vorstellen, die erde jemals wiederzusehen.
»sehen eventuell schon, nur nicht in meiner epoche«, meldete sich mein alter freund, der logiksektor, nach langer abwesenheit wieder einmal zu wort.
es hatte keine bedeutung, wann ich war, ich war hier und das war entscheidend. ich sollte das beste aus dieser situation machen und mich über diesen glücklichen zufall freuen, der mich hierher gebracht hatte.
»ich wollte doch schon immer eine lange reise unternehmen und abenteuer erleben. ich habe doch davon geträumt, den weltraum zu durchstreifen, fremde welten kennenzulernen, in sternensysteme vorzudringen, in denen noch nie zuvor ein mensch gewesen ist.«
»jetzt hast du die gelegenheit dazu.«
»es ist genau so, wie es eines dieser chinesischen sprichwörter so schön sagt: überlege dir gut, was du dir wünschst, es könnte in erfüllung gehen.«
»hat ja auch nur vorteile: sobald ich zu hause bin, schreibe ich einen bestseller, verdiene millionen damit, ziehe mich auf eine einsame insel zurück und erhole mich dort von den strapazen, die mich hier zweifelsfrei noch erwarten.«
doch das war der springende punkt: falls ich jemals wieder nachhause kam.
meine grübeleien wurden durch eine tiefe, weibliche stimme unterbrochen.
»darf ich mich zu dir gesellen und mich ein wenig mit dir unterhalten? oder ziehst du die einsamkeit vor?«
ich richtete mich auf und ein schauer fleischlicher lust ließ meinen
Weitere Kostenlose Bücher