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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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Stattdessen wurde fünfzehn Sekunden lang vor schwarzem Hintergrund eine einfache Titelkarte eingeblendet: EINE BOTSCHAFT VON REVEREND TIM TRINITY
    Er drehte sich zu Daniel: »Wünsch mir Glück.«
    »Viel Glück.«
    Der Aufnahmeleiter zählte mit erhobenen Fingern – vier, drei, zwei, eins –, und als die gleißende Bühnenbeleuchtung erstrahlte, zeigte er auf Trinity.
    Die Menge toste, als er zur Bühnenmitte schritt. Er ließ sein typisch breites Lächeln aufblitzen und mahnte mit beiden Händen zur Ruhe.
    »Bitte … vielen Dank für euren Enthusiasmus, aber bitte keine Jubelrufe. Bitte …«
    Die Menge verstummte gehorsam.
    Er legte seine Hände auf die in blaues Leder gebundene Bibel, die auf dem Plexiglaspult ruhte, suchte die Kamera mit dem roten Licht und sah direkt in ihr starres, schwarzes Auge. Er räusperte sich.
    »Ich weiß, ihr alle wollt etwas über die …«, ein kurzer Blick zu Daniel hinter der Bühne, »… über die
Gabe der Prophetie
hören,die Gott mir anscheinend verliehen hat. Aber bevor ich darüber rede, möchte ich etwas klarstellen, damit es keine Missverständnisse darüber gibt, wer – oder was – ich bin.«
    Er nahm die Bibel in die Hand und stellte sich vor das Pult. »Ich bin nicht …« Er schloss kurz die Augen und öffnete sie wieder. »Ich bin nicht … also, ich bin mir nicht sicher, was Gott von mir will. Ich glaube, dass Gott etwas Bedeutendes offenbaren will, aber ich weiß nicht, was. Ich habe keine Kontrolle über das Zungenreden. Und wenn es über mich kommt, weiß ich nicht, was ich sage. Manchmal glaube ich, Gott spricht zu mir, aber bisher hat er mir noch keine direkten Befehle erteilt.«
    Seine Augenlider wurden unerträglich schwer und er ließ sie zufallen.
    Herr, ich bin ein unbeschriebenes Blatt, ein leeres Gefäß …
    Ich bitte dich, sprich durch mich …
    Vorwärts, rückwärts oder seitwärts, egal …
    Ich flehe dich an, tu’s jetzt …
    Bitte, das Fernsehen erträgt kein Schweigen …
    Er riss die Augen auf und sagte: »Paulus hatte unrecht und Jakobus hatte recht …« Er wollte seine Bibel bei Jakobus 2,26 aufklappen und dramatisch auf die Seite schlagen, aber das war der alte Tim Trinity. Die Hände des neuen Tim Trinity spielten da nicht mit.
    Also öffnete er nur den Mund und hörte sich selbst sagen: »Glaube ohne Werke ist tot.«
    Er stand lange da und wartete, dass noch mehr käme. Er sah hinunter in die vordersten Reihen. Ein Meer von Gesichtern, offen, gespannt warteten sie mit ihm.
    Nichts kam.
    Er schloss erneut die Augen, obwohl seine Lider nicht mehr schwer waren.
    Komm schon, Gott, ich mache mich ja hier oben zum Narren. Ich habe dich offenen Herzens gebeten. Was soll ich denn sonst noch tun?
    Da hörte er zum ersten Mal die Stimme des Herrn. Und der Herr sagte: »Geh von der Bühne.«
    Trinity öffnete die Augen zur Welt, die seiner Worte harrte.
    »Das ist alles für heute.« Er zwang sich zu einem Lächeln und strahlte die Zuschauer mit seinen perfekten Implantaten an. »Aber bleibt dran, Leute, es kommt noch was ganz Gewaltiges … es dauert nicht lange.«
    Die Menge jubelte, als hätte er das Rote Meer geteilt.

48
    Daniel stand hinter der Bühne und schaute seinem Onkel auf dem Bildschirm zu. Trinity sagte: »… möchte ich etwas klarstellen, damit es keine Missverständnisse darüber gibt, wer – oder was – ich bin.« Er nahm die Bibel in die Hand und trat vor das Pult. »Ich bin nicht …« Er kniff kurz die Augen zusammen. »Ich bin nicht … also, ich bin mir nicht sicher, was Gott von mir will.«
    Verdammt, er sagt es nicht …
    Dann ging die Tür zum Backstage-Bereich auf und Daniel sah sich um.
    Ein Mann schaute hinein, halb hinter der Metalltür verborgen. Daniel ging durch den dunklen Raum auf die Tür zu. Als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, konnte er den Mann besser erkennen. Er war knapp eins achtzig groß, hatte kurze, schwarze Haare, einen normalen Körperbau und trug eine Art Uniform, eine graue Polyesterhose mit schwarzen Paspeln an den Beinen und ein rotes Polohemd mit schwarzen Streifen und aufgenähtem Abzeichen.
    Daniel schlich um einen schwarzen Vorhang herum und seitlich auf den Mann zu, kam langsam immer näher. Ein Stapel Kisten bot ihm Deckung. Dann war er nur noch drei, vier Meter entfernt und konnte auf dem Abzeichen die comicartige Abbildung eines Hydranten und den Schriftzug »Bulldog Couriers« erkennen. Irgendetwas steckte im Hosenbund des Mannes und

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