Die Troja-Mission
von dem aus die Gäste ihre Golfbälle aufs Meer hinaus schlagen konnten, wo im Abstand von fünfzig Metern schwimmende Zielmarkierungen trieben.
Die Abenteuerlustigen konnten sich auf etlichen Wasserrutschen vergnügen, die aus unterschiedlichen Etagen nach unten führten und per Fahrstuhl zu erreichen waren. Die aufregendste zog sich vom Dach aus in engen Kurven über fünfzehn Stockwerke hinab ins Meer. Aber man konnte auch Jet- und Wasserski fahren, Windsurfen oder sich unter Anleitung eines erfahrenen Lehrers auf einen Tauchgang begeben. Darüber hinaus standen für die Gäste Unterseeboote zur Verfügung, mit denen sie Touren in und um das Riff, aber auch Vorstöße in die oberen Bereiche des Tiefseegrabens unternehmen oder sich die unter dem Meeresspiegel liegenden Bereiche des Hotels aus der Fischperspektive ansehen konnten. Auch für die Bildung war gesorgt. So gab es zum Beispiel Fischbestimmungskurse sowie Seminare und Vorträge von bekannten Meeresforschern, die allesamt an Universitäten lehrten.
Den wahren Reiz dieser Nobelherberge aber erlebten die Gäste erst, wenn sie in den großen runden Unterbau hinabstiegen, in dem sich ihre Quartiere befanden. Im
Ocean Wanderer
gab es keine Zimmer, nur Suiten, insgesamt vierhundertundzehn. Alle lagen unter dem Meeresspiegel und waren mit großen Panzerglasfenstern ausgestattet, die vom Boden bis zur Decke reichten und einen atemberaubenden Ausblick auf die Unterwasserwelt boten. Hier in diesen Suiten, die in satten Grün- und Blautönen gestaltet waren und in denen man das Licht je nach Stimmung regeln konnte, hatten die Gäste das Gefühl, als ob sie wahrhaft in einer Unterwasserwelt lebten.
Sie konnten aus nächster Nähe die Räuber der Meere sehen, Haie und Barrakudas, die ihr Revier durchstreiften. Aber auch schillernde Anglerfische, bunte Papageienfische und Goldmakrelen, die in Schwärmen vor dem Fenster vorbeizogen. Mächtige Zackenbarsche und Mantarochen glitten anmutig zwischen den dahinsegelnden Quallen hindurch und gingen auf Beutezug im Riff. Hier konnten die Gäste abends im Bett liegen und im Lichtschein den Tanz der Fische betrachten.
Das
Ocean Wanderer
hatte im Gegensatz zu den schicken Kreuzfahrtschiffen, die sämtliche sieben Meere befuhren, keine eigenen Maschinen. Es war eine schwimmende Insel, an riesigen stählernen Dalben vertäut, die man tief in die Sedimente am Meeresboden getrieben hatte. Von diesen Dalben aus zogen sich schwere Trossen zu den am Hotel angebrachten Halterungen, mächtigen Schäkeln, die man elektronisch öffnen und schließen konnte.
Denn es war nicht auf Dauer an einer Stelle vertäut. Da sich die Erbauer des
Ocean Wanderer
bewusst waren, dass gutbetuchte Reisende ihre Ferien selten zweimal am gleichen Ort verbringen wollten, hatten sie über ein Dutzend Ankerplätze in allerlei malerischen Gegenden auf der ganzen Welt anlegen lassen. Fünfmal im Jahr liefen zwei fünfunddreißig Meter lange Hochseeschlepper das Hotel an, worauf dessen riesige Ballasttanks leer gepumpt wurden, damit sich das Hotel hob, bis nur mehr zwei Stockwerke unter Wasser lagen. Dann wurden die Trossen gelöst, an denen es vertäut war, und die Schlepper, die mit dreitausend PS starken Hunnewell-Dieselmotoren bestückt waren, zogen das schwimmende Hotel zu einem neuen Liegeplatz an tropischen Gestaden, wo es wieder vertäut wurde. Die Gäste konnten unterdessen nach Hause fahren oder während der Reise an Bord bleiben.
Auch auf die Sicherheit wurde geachtet. Alle vier Tage mussten sämtliche Gäste und Angestellten an einer Notfallübung teilnehmen. Mit speziellen Fahrstühlen, die über eine eigene Stromversorgung verfügten, falls die Generatoren ausfallen sollten, konnte jedermann auf das Oberdeck gebracht werden, das sich rund um das zweite Stockwerk zog und auf dem sich moderne Rettungsflöße befanden, die wasserdicht verschlossen wurden und auch bei schwerer See nicht sinken konnten.
Da es ein einzigartiges Urlaubserlebnis in prachtvoller Umgebung bot, war das
Ocean Wanderer
zwei Jahre im Voraus ausgebucht.
Heute allerdings stand ein besonderer Anlass ins Haus. Der Mann, der den Bau des
Ocean Wanderer
maßgeblich vorangetrieben hatte, wollte das schwimmende Hotel zum ersten Mal seit seiner feierlichen Einweihung vor einem Monat besuchen und für vier Tage dort absteigen. Ein Mann, der so geheimnisumwittert wie die See war. Ein Mann, der sich nur von weitem fotografieren ließ, der seine Augen stets hinter einer dunklen Brille
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