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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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sehen!«, befand Zorpad eiskalt.
    Viçinia antwortete ihm nicht, sondern dachte nur: Giorgas hat sich geopfert, obwohl ich ihm den Tod brachte. Er ist lieber gestorben, als sich zu unterwerfen. Sein Opfer darf nicht umsonst gewesen sein!
    »Schafft sie aus meinen Augen. Verdoppelt die Wachen, keine von den Geiseln darf fürs Erste das Gemach verlassen«, befahl der Masride seinen Untergebenen und fügte, an Viçinia gewandt, hinzu: »Ich gebe Euch noch ein wenig Bedenkzeit. Sinnt über das nach, was ich Euch hier gezeigt habe. Das Schicksal Eures Volkes, Eurer Schwester und Eurer Freunde liegt nun allein in Eurer Hand. Ihr könnt Euer kleines Schlammloch im Südwesten und dessen Bewohner retten, wenn Ihr jetzt auf mein Angebot eingeht. Tut Ihr es nicht, werde ich den Boden dieses Landes mit dem Blut jedes einzelnen Wlachaken tränken, weil Ihr mich dazu zwingt!«
    Während sie unsanft von den Soldaten abgeführt wurde, fragte sich Viçinia, was sie tun sollte. Das waren keine leeren Drohungen, Zorpad meint es ernst. Soll ich sein Angebot annehmen und versuchen, den Frieden zu erhalten? Kann ich so wenigstens das Mardew retten? Oder sollen wir kämpfen? Können wir ihn überhaupt besiegen? Er ist wahnsinnig, unberechenbar und zu allem entschlossen. Wie soll man einem solchen Mann entgegentreten? Es kostete Viçinia alle ihre Kraft, auf dem Weg zu ihrem Gemach nicht die Beherrschung zu verlieren. In ihrem Innern tobte ein Sturm widerstreitender Gefühle, Wut und Angst brandeten abwechselnd über sie hinweg, tiefste Verzweiflung über ihre eigene Hilflosigkeit, schmerzhafte Schuld und Trauer über den Tod von Giorgas. Dann wieder überkam sie das unbändige Verlangen, Zorpad und seine Schergen für ihre Taten bezahlen zu lassen.
    Obwohl ihr Herz bis zum Halse schlug und ihre Finger zitterten, blieb ihre Miene ausdruckslos und ruhig. Der Gang zurück war eine Tortur, aber Viçinia stand sie durch, bis sie ihre Kemenate erreichte, wo ihr einer ihrer Bewacher einen groben Stoß gab, was sie durch die Türe taumeln ließ. Wütend fuhr sie herum und funkelte den Gerüsteten an, der nur höhnisch grinste. Schnell fing sich die Wlachakin wieder, und sie bedachte den jungen, hellhaarigen Krieger, der noch keine zwanzig Winter gesehen hatte, mit einem hochmütigen Lächeln: »Deine Mutter sollte dir besser Manieren beibringen.«
    »Euer Lachen wird Euch schon noch vergehen – Schlampe!«, zischte der Mann und legte die Hand auf den Knauf seines Schwertes. Belustigt stellte Viçinia fest, dass er sie trotz der Beleidigung immer noch als Höhergestellte anredete.
    »In diesem Land werden Wlachaken herrschen, wenn von euch Masriden nur noch Staub übrig ist. Und jetzt lauf nach Hause und lass dir die Nase putzen!«, gab Viçinia zurück.
    Dem jungen Soldaten stieg die Zornesröte in die Wangen, und er knurrte und zog seine Klinge. Für einen Herzschlag glaubte die junge Frau, dass sie tatsächlich ihr Leben verwirkt hatte, und eine seltsame innere Ruhe erfüllte sie. Töte mich und mach all dem hier ein Ende, dachte sie.
    Doch dann erklang ein scharfer Ruf: »Weg mit der Waffe!«
    Hinter dem blonden Krieger tauchte Sciloi auf, die ihn finster anstarrte. Zunächst zögerte der Soldat, dann steckte er die Waffe wieder in die Scheide und murmelte etwas, das sowohl eine Entschuldigung als auch eine Drohung hätte sein können, bevor er sich mit gesenktem Blick zurückzog.
    Sciloi hingegen näherte sich Viçinia und schüttelte den Kopf. »Ihr habt eine Art, dass Euch die Männer schnell und nachhaltig zürnen«, stellte die Szarkin fest.
    »Ihr meint meinen Liebreiz? Üblicherweise hat er andere Auswirkungen, aber in Teremi scheint er zu versagen«, erwiderte Viçinia ironisch.
    Zunächst lächelte Sciloi, doch dann wurde sie schlagartig ernst.
    »Nehmt Euch in Acht, Herrin. Ich werde nicht immer in der Nähe sein. Und ein Schwertstreich ist beinahe ebenso schnell geführt wie ein unbedachtes Wort gesprochen …«, warnte sie Viçinia.
    »Ist das eine weitere Drohung, Nemes Sciloi?«, fragte Viçinia, doch die Szarkin schüttelte den Kopf.
    »Nein, Herrin, eine ehrliche Warnung. Mein Herr ist es nicht gewohnt, dass man sich seinem Willen verweigert. Und so mancher seiner Diener mag glauben, sich sein Wohlwollen durch Euer Ableben erkaufen zu können.«
    »Ich bin mir meiner Lage durchaus bewusst, Nemes Sciloi«, erwiderte die junge Wlachakin. »Aber ich werde nicht die Dummheit eines jungen Narren erdulden, nur weil er ein Schwert

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