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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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hatte Sten nicht darüber nachgedacht, und sein Aufenthalt in Zorpads Kerkern war auch ohne gebrochene Glieder unangenehm genug gewesen. Aber jetzt erschien es ihm höchst ungewöhnlich, dass er nicht länger verhört worden war. Vermutlich ist Zorpad sich seiner Sache sicher, seit er mit den Zwergen handelt, folgerte Sten.
    »Was ist mit Giorgas?«, erkundigte sich Sten. »Wisst ihr, was mit ihm geschehen ist?«
    »Nein. Es ist nichts zu hören. Alles ist totenstill, und wir wagen es kaum noch, uns zu treffen. Einige von uns sind verschwunden, aus der Stadt geflohen. Andere verbergen sich. Schlechte Zeiten.«
    »Verdammt!«, fluchte Sten. »Dabei brauche ich dringend Hilfe!«
    »Wobei denn? Und wie ist es dir überhaupt ergangen?«, fragte Linorel wissbegierig. »Wie bist du entkommen?«
    Während Sten von der Erlebnissen nach seiner Gefangennahme erzählte, betrachtete er sein Gegenüber. Niemand würde vermuten, dass die breitschultrige, burschikose Hafenarbeiterin in Wirklichkeit von adligem Blute war. Aber dennoch war es so, Linorel war die Bojarin von Doleorman, nur war das Land ihrer Familie schon beim Einfall der Masriden verloren gegangen. Seither waren die Doleormans ein Stützpfeiler der Rebellion, kämpften stets an vorderster Front und waren erbitterte Feinde der Masriden. Auch Linorel cal Doleorman war in die Fußstapfen ihrer Vorfahren getreten. Als einfache Arbeiterin verkleidet, war sie nach Teremi gegangen und hatte hier einen Kreis von Gleichgesinnten gesucht, mit dem sie gegen Zorpad und dessen Schergen vorging – die so genannten Freien Wlachaken.
    Ihre Tarnung erklärte auch die einfache Kleidung, die schmutzigen Hände sowie das kurz geschorene Haar. Durch ihr breites, offenes Gesicht und ihr Lächeln gelang es ihr mühelos, das Vertrauen von Menschen zu gewinnen, und manch einer glaubte, dass sich hinter ihrem ehrlichen Gesicht ein schlichtes Gemüt verbarg.
    Doch Sten wusste, dass die Wlachakin eine gefährliche Kriegerin war, die ebenso rasch einen Gedanken fassen wie ihre Waffe ziehen konnte und die schon so manchem Masriden und Szarken den Tod gebracht hatte.
    Besonders die Männer des Albus Sunaswaren das Ziel ihres Hasses, und sie bekämpfte den Orden, wo sie nur konnte. Denn nach der Niederlage auf den Knochenfeldern, bei der Tirea gestorben war und sein Volk die Freiheit verloren hatte, hatten die Masriden die Ländereien von Doleorman an den Albus Sunasübergeben, der dort eines seiner Klöster errichtet hatte …
    Als Sten schließlich auf den Käfig und seine ungewöhnlichen Befreier zu sprechen kam, merkte Linorel auf.
    »Trolle? Was erzählst du da?«, warf sie ungläubig ein.
    Sten aber, der mit diesem Einwand gerechnet hatte, seufzte und erklärte: »Das Gleiche hat Nati auch gesagt.«
    »Nati? Du hast Natiole getroffen? Wo?«
    »In der Nähe von Orvol. Er sollte schon hier gewesen sein. Hat er dich nicht kontaktiert?«, fragte Sten verwirrt.
    »Nein, wir haben ihn nach dem katastrophalen Treffen aus der Stadt geschmuggelt. Er sagte, er kenne einen Ort, wo er sicher sei.«
    »Das sind schlechte Neuigkeiten. Er hätte schon längst in Teremi eintreffen sollen. Vielleicht …«, murmelte Sten und setzte in Gedanken fort: Vielleicht hat er sich anderweitig Hilfe gesucht. Das erinnerte ihn daran, dass ihm noch ein weiterer Gang bevorstand. Doch er zögerte, Flores aufzusuchen, weil er seine Schwester erst einmal nicht mit in die Sache hineinziehen wollte. Außerdem wollte er nur so wenig Menschen wie möglich in der Nähe der Trolle haben. Obwohl, wenn ich die Wahl zwischen Pards oder Flores’ Zorn hätte, wüsste ich nicht, was ich wählen sollte, dachte er halb belustigt.
    »Und was hast du jetzt vor?«, unterbrach Linorel seine Gedanken.
    »Ich muss die Trolle in die Stadt schleusen. Ich muss herausfinden, was in Burg Remis geschieht und was Zorpad mit dem Kleinen Volk zu schaffen hat. Ich muss den Geiseln helfen. Ich muss Ionna warnen. Ich muss …«
    »Du musst viel, Sten, zu viel. Du wirst Hilfe brauchen.«
    »Deswegen bin ich hier. Aber wenn ihr selbst Schwierigkeiten habt …«, sagte Sten viel sagend und ließ den Satz unvollendet.
    »Unsinn. Wenn deine Befürchtungen stimmen und es Krieg geben kann, dann müssen wir auf jeden Fall handeln«, stellte Linorel fest. »Aber willst du diese Trolle wirklich in der Stadt haben? Hier, mitten unter tausenden von Menschen?«
    Mit einem entschuldigenden Lächeln bekräftigte der Wlachake seine Absicht: »Es liegt nicht in meiner

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