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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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hopp, nicht so müde!«
    Während um sie herum geschäftige Betriebsamkeit ausbrach, funkelten sich Flores und Ezro noch einen Herzschlag lang an, dann lächelte die Wlachakin wieder und tippte sich mit zwei Fingern an die Stirn, bevor sie zu Hernád in die Kutsche kletterte, ohne den Szarken noch eines Blickes zu würdigen. Schon polterte das schwere Gefährt los und schüttelte sie ordentlich durch. Zum Glück waren die Sitze weich gepolstert.
    Hernád schwieg während der Fahrt, sodass Flores ihren eigenen Gedanken nachhängen konnte. Innerhalb der Stadt arbeitete sie nur ungern für die Masriden, aber manchmal ließ es sich einfach nicht verhindern, denn wie jeder andere auch, benötigte sie Geld zum Leben. Seit sie sich von den Wlachaken in Désa losgesagt hatte, lebte sie unerkannt und hatte den Namen ihrer Familie abgelegt. Für die Menschen in Teremi war sie einfach nur Flores, das wlachkische Mietschwert, und keiner vermutete, dass sich hinter dieser Tarnung die Schwester des meistgesuchten Rebellen im ganzen Land verbarg. Genau das war Flores auch recht, denn einerseits wollte sie mit der ganzen Sache nichts zu schaffen haben; auf der anderen Seite würden die mächtigen Feinde ihres Bruders, von denen es wahrlich genug gab, nicht zögern, sie zu benutzen, um ihn zu treffen. Ursprünglich war sie von Désa aus nach Turduj gegangen, denn dort war sie weiter von ihrer Heimat Dabrân entfernt und glaubte sich sicherer, doch nach einigen Fahrten als Söldling und Wache für Händler bis nach Teremi war ihr klar geworden, dass man sie auch in Teremi nicht erkannte. Es sei denn, die Soldaten folgen diesem Dummkopf von einem Bruder direkt bis zu meiner Tür!
    Vielleicht war es dennoch an der Zeit, sich erst einmal eine Weile in anderen Gegenden herumzutreiben und nach Turduj oder Bracaz zu reisen, dem Sitz von Laszlár Szilas und der drittgrößten Stadt des Landes. Solange Sten in Teremi war und hier sein Unwesen trieb, war vielleicht keiner von ihnen beiden so gut getarnt, wie Flores es sich wünschte.
    Bei all den Gedanken verging die Fahrt wie im Fluge, und schon bald erreichten sie ihr erstes Ziel, das Anwesen eines niederen masridischen Adeligen, dessen Name der Wlachakin unbekannt war.

 
32
    Die betäubt wanderte Sten an der Seite seines langjährigen Freundes und Waffenbruders Natiole Târgusi die Straße entlang. Noch immer klangen dem Wlachaken die kalten Worte seiner Zwillingsschwester in den Ohren, die ihn tief verletzt hatten. Eigentlich wollte er wütend auf Flores sein, die ihn wohl aus Eigennutz vor den Kopf gestoßen hatte, aber er fand nicht die Kraft für Zorn, sondern spürte nur Trauer und Verzweiflung.
    »Denkst du, dass sie es ernst meint, Nati?«, fragte der jüngere Krieger vorsichtig.
    »Unsinn! Sie ist nur ein genauso sturer Bock wie du. Oder vielleicht eher eine sture Eselin. Sie wird sich wieder beruhigen«, erklärte Natiole tröstend.
    »Sie klang verdammt wütend«, hielt Sten niedergeschlagen dagegen. »Ja. Aber so ist das Gesocks aus Dabrân nun einmal: Ihr werdet schnell zornig, aber ihr vergebt auch schnell wieder.«
    »Gesocks?«, fragte Sten mit einem leichten Lächeln.
    »Gesocks«, bekräftigte Natiole entschieden. »Wo andere Menschen vernünftig sind, da denkt ihr mit dem Herzen. Du bist da nicht besser, Sten, alter Junge.«
    »Entschuldige mal, Nati, alt?«, erwiderte Sten scheinbar erbost.
    »Sie hat um dich getrauert, Sten«, sagte Natiole plötzlich ernst. »Sie hielt dich für tot. Das sitzt tief, diese Wunde kannst du nicht einfach heilen.«
    »Ich weiß. Aber es klang so endgültig.«
    »Rede später mit ihr, wenn sie sich wieder ein wenig beruhigt hat. Wir haben jetzt sowieso alle Hände voll zu tun, denke ich mal, oder warum bist du nach Teremi gekommen?«
    »Aus vielen Gründen«, erklärte Sten. »Aber ist es nicht genau das, was Flores so hasst?«
    »Was meinst du?«, fragte Natiole verwirrt.
    »Dass es immer wichtigere Dinge gibt. Wichtiger als Familie? Als Blutsbande? Wichtiger als meine Schwester?«, fragte Sten mit nachdenklicher Miene.
    »Ich weiß nicht«, gab Natiole zu. »Aber ich glaube daran, dass es richtig ist, was wir tun. Flores wird es irgendwann verstehen, Sten. Vertrau mir. Sie ist jetzt wütend und verletzt, aber sie ist deine Schwester. Und sie liebt ihren Bruder.«
    »Du weißt, wie es damals in Désa war«, begann Sten. »Wir hatten niemanden mehr, nur einander. Wir hatten alles verloren, unsere Familie, unsere Zukunft, alles, was uns

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