Die Trolle
Untergebenen. Sei versichert, wenn ich dich töte, was geschehen wird, dann ist es endgültig!«
Als keine Antwort ertönte, zog Zorpad einen Dolch aus einer Scheide am Gürtel und griff schnell wie eine zuschlagende Schlange nach Viçinias Haaren. Ihre Versuche, sich zu wehren, ignorierte der Kriegsherr und zerrte die Wlachakin einige Schritte auf die Kapelle zu. Aus dem Augenwinkel sah Viçinia, wie Suhai nach vorn sprang, um ihr zu helfen, doch stattdessen von einem Soldaten mit dem Hieb eines Streitkolbens niedergestreckt wurde, während die restlichen Geiseln von weiteren Kriegern zusammengetrieben wurden. Der junge Mann stieß einen markerschütternden Schrei aus, bevor er zusammenbrach.
Viçinia wollte etwas sagen, doch Zorpad drückte ihr die kalte Klinge des Dolches an die Kehle und zwang sie mit der anderen Hand in die Knie.
»Ich überbringe Eure Botschaft«, sagte Viçinia verzweifelt. »Meine Schwester …«
»Zu spät, meine Teure, zu spät. Euch Wlachaken ist nicht zu trauen«, sagte Zorpad beinahe liebenswürdig und nickte in Richtung Kapelle. »Ihr bleibt nicht einmal im Grab, wenn ihr tot sein solltet. Und ihr greift meine Feste, meine Wohnstatt an!«
Diese letzten Worte presste er zornig hervor, und er zwang Viçinia durch einen Ruck an den Haaren, den Kopf in den Nacken zu legen. Dann erhöhte er den Druck der Klinge, bis ein einzelner Blutstropfen ihren Hals hinabrann. Er wird mich umbringen, dachte Viçinia, und plötzlich fühlte sie sich merkwürdig leicht in dieser Gewissheit.
»Dort drinnen hockt dein alter Freund Sten, mein Täubchen«, flüsterte Zorpad, der sich zu ihr hinabbeugte, ihr ins Ohr. »Willst du ihn nicht begrüßen?«
»Du bist wahnsinnig, du Hund«, fauchte Viçinia, aber Zorpad lachte nur und richtete sich wieder auf.
»Sten cal Dabrân, es ist an der Zeit, dich vom Göttlichen Licht richten zu lassen, wie schon deine Eltern für ihren Verrat gerichtet wurden!«, rief der Marczeg, erhielt aber keine Antwort aus der Kapelle.
»Komm heraus, oder andere bezahlen zuerst für deine Sünden!«, befahl Zorpad und riss Viçinia an den Haaren herum, sodass sie vor Schmerzen aufschrie, als sie versuchte, das Gleichgewicht zu halten.
»Was tust du?«, erklang Stens Stimme, und Zorpad lachte laut.
»Ruf ihn heraus«, befahl er Viçinia flüsternd, die jedoch die Zähne zusammenbiss und schwieg. Mit einem Knurren drückte Zorpad ihr die Spitze des Dolches in die Grube der Kehle und wiederholte seinen Befehl: »Ruf ihn heraus!«
Ich werde hier sterben, fuhr es Viçinia durch den Kopf, aber ich werde meine Liebe nicht verraten! Ihr Geister, lasst mich noch einmal hören, wie er meinen Namen sagt.
Dann nahm sie all ihren verbliebenen Mut zusammen. »Sten!«, rief sie laut, und nach einem Augenblick der Stille antwortete der junge Krieger.
»Viçinia?«
»Sten, kämpfe, ergib dich nicht!«, flehte die Wlachakin. »Er wird …« Doch ein Schlag von Zorpads gepanzerter Faust gegen ihren Hinterkopf ließ sie verstummen. Benommen stürzte sie zu Boden. Trotz der Schmerzen klang noch Stens Stimme in ihren Ohren, die nach ihr rief.
40
Leise eine eintönige Melodie vor sich hin summend, saß Costin in der Ecke der Kapelle neben dem leblosen Körper Linorels und ließ einen seiner Dolche in der Hand rotieren. Währenddessen schritt Natiole auf und ab, wobei immer wieder Blut aus seinen Wunden auf den vorher weißen Boden tropfte. Sten, dessen Verletzungen Natiole notdürftig verbunden hatte, lehnte an ihrer Barrikade und überlegte fieberhaft, wie er wenigstens seine Freunde aus dieser Todesfalle befreien konnte. In dem Tempel war es sehr warm, denn Dutzende von Kerzen brannten und spendeten ein warmes Licht, erhitzten aber auch die Luft. Mehrmals glitt Stens Blick zu dem Priester des Albus Sunas, der mit geschlossenen Augen betend in der Mitte des Raumes kniete. Das leise, stetige Murmeln riss den Wlachaken immer wieder aus seiner Konzentration, drang in seine Gedanken und rieb an seinen Nerven wie feiner Sand im Mund an den Zähnen. Schließlich hielt der Wlachake es nicht mehr aus. »Kannst du nicht schweigen, Vorbs?«, fragte er mürrisch.
»Willst du mich zum Schweigen bringen, mein Sohn? Mich töten, so wie jene armen Seelen dort draußen?«, erwiderte der Priester kampflustig und sah Sten fest in die Augen.
»Unsinn. Aber ich möchte nachdenken, und deine Beterei stört mich dabei«, erklärte Sten, während er sich wieder einmal Blut aus den Augen wischte, das aus einer
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