Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
erwartete er, von Pfeilen und Bolzen durchbohrt zu werden, doch nichts dergleichen geschah, und schließlich gewöhnten sich seine Augen an das von Fackeln erhellte Zwielicht.
    Sicherlich zwei Dutzend Soldaten standen in einem großen Halbkreis vor der Kapelle und noch viel mehr auf den Zinnen der Burgmauer. Costin hat wohl Recht, da wäre kein Durchkommen gewesen, überlegte Sten benommen. Vor sich sah Sten Zorpad, nur zwanzig Schritt entfernt. Dahinter stand eine Gruppe von Männern und Frauen, die Sten als wlachkische Geiseln erkannte. Aber sein Blick wurde von einer Gestalt angezogen, die vor Zorpads Füßen kauerte. Ihr langes rotes Haar schimmerte im Licht der Fackeln.
    Viçinia, schoss es Sten durch den Kopf, mein Herz.
    »Legt die Waffen nieder«, verlangte Zorpad bedrohlich leise, und Sten riss den Blick von der Frau los, die er liebte, und fixierte den Marczeg mit einem hasserfüllten Blick. Verächtlich warf er die Klinge vor sich auf die blutbesudelten Pflastersteine und breitete die Arme aus. Seine Freunde taten es ihm gleich, auch wenn Costin nur einen seiner zwei Dolche zu Boden schleuderte.
    »Du hast uns besiegt, Zorpad Dîmminu«, stellte der Wlachake ruhig fest. »Nun kannst du mich töten, wie du es versprochen hast!«
    »Ach, Sten, du überschätzt deine Bedeutung«, verhöhnte ihn der Masride. »Für mich bist du nicht mehr als ein landloser Streuner aus Dabrân. Der jämmerliche Bastard eines ebenso elenden Verräters. Du bist es nicht wert, dass ich dich selbst töte.«
    Mit einem Blick auf seine Soldaten befahl der Kriegsherr: »Macht sie nieder!«
    »Nein!«, schrie Viçinia und richtete sich auf, aber Sten war plötzlich von einer unnatürlichen Ruhe erfüllt, und er sah ihr direkt in die Augen. Mein Leben für deines, mein Herz.
    Mit schnellen Schritten marschierten ein halbes Dutzend Soldaten auf die drei unbewaffneten Rebellen zu und erhoben die Klingen, doch Sten ignorierte seine Mörder und blickte zu Viçinia, welche die Arme um den Leib geschlungen hatte und weinte. Ein leises Lächeln stahl sich auf Stens Lippen, als er an die vielen Augenblicke mit ihr denken musste, in denen er sie im Geheimen betrachtet und bewundert hatte. Nun muss ich meinen Abschied nehmen, Viçinia. Ich liebe dich. Vergiss mich nicht.
    Ihr Blick, der so voller Trauer und Schmerz war, traf ihn direkt ins Herz, und die Augenblicke schienen endlos langsam zu verrinnen. Noch waren die Soldaten fünfzehn Schritt entfernt, jetzt noch zehn, gleich würden sie heran sein und Sten und seine Kampfgefährten niederstrecken.
    Als sie nur mehr sechs oder sieben Schritt überbrücken mussten, flog das mächtige Tor der Burg mit einem ohrenbetäubenden Knall auf. Herein stürmte Pard, gefolgt von den restlichen Trollen. Alle Köpfe zuckten zu den Monstren herum, die wie aus einem Albtraum, wie aus einer düsteren Legende in ihrer Mitte aufgetaucht waren und nach Blut und Tod gierten.
    Auf Pards gewaltigem, muskelbepacktem Leib tanzten die Schatten der Fackeln, als er einen Soldaten, der nicht schnell genug davonkam, am Arm packte und diesen mühelos ausriss, nur um die blutige Gliedmaße auf einen zweiten Krieger zu schleudern. In den Augen der Trolle funkelte düstere Lust am Morden, und ihre gefletschten Zähne versprachen jedem Feind ein grausames Ende. Manche Soldaten erstarrten vor Angst, andere wichen hastig zurück, und einer kauerte sich in eine Ecke und weinte und schrie um Gnade. Doch die monströsen Kreaturen scherten sich nicht um die Schreie der Menschen, sie fielen wild und ungezügelt über Zorpads Krieger her, die ihren Hieben vor starrem Schrecken nichts entgegenzusetzen hatten.
    Im Gegensatz zu seinen Feinden zögerte Sten keinen Herzschlag lang, sondern warf sich in einer Rolle nach vorn und packte den Griff seiner Waffe. Noch während er auf die Füße kam, schlug er bereits nach der Kehle des vordersten Soldaten, der auf sie eingestürmt war, und zerfetzte diese in einem blutigen Regen aus Fleisch und Knorpel.
    Wieder brüllte Pard auf, und Soldaten schrien in Panik und versuchten, vor der entfesselten Gewalt der Trolle zu fliehen, die jeden Widerstand hinwegfegten. Frenetisch schlug Sten nach links und rechts, um seinen beiden Gefährten die Zeit zu erkaufen, sich wieder zu bewaffnen. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal froh sein würde, Pard in voller Wut zu erleben!, frohlockte er, als er unter dem Schlag eines Masriden hinwegtauchte und die zurückzuckende Klinge dann hastig parierte. Plötzlich

Weitere Kostenlose Bücher