Die Trolle
bedeutet, dass wir nach der Schlacht unsere Soldaten nicht versorgen können«, gab Eregiu zu bedenken, und Ion-na nickte.
»Ja. Was nur die Notwendigkeit unterstreicht, die Schlacht auch zu gewinnen«, sagte sie, um dann an Sten gewandt fortzufahren: »Hast du den Weg erkundet?«
»Ja, Herrin. Der Pfad ist alt, aber noch begehbar. Ich habe keinerlei Spuren von Zorpads Spähern gefunden. Wenn wir schnell und entschlossen handeln, sollten wir den Vorteil der Überraschung für uns nutzen können!«
»Also reißen wir Zorpad den Arsch bis zum Bauchnabel auf«, meldete sich plötzlich Cron zu Worte, der bärtige Anführer der Clans aus den hohen Tälern des Mardew. Wie immer verstummten alle, wenn der narbenübersäte Krieger mit dem ergrauenden Haar sprach. Nur in Felle und grob gewalkten Stoff gehüllt, mit einer mächtigen Axt auf den Knien, wirkte Cron ebenso wild wie beeindruckend. Dass die Clans aus ihren versteckten und gut zu verteidigenden Tälern gekommen waren, um ihren Brüdern und Schwestern im Mardew beizustehen, wertete Sten als großen Erfolg Ionnas.
Ihr passt nicht schlecht zu Pard, zuckte es durch Stens Gedanken, und er musste grinsen.
»Gut. Dann zögern wir nicht länger. Gebt den Befehl zum Aufbruch. Sendet Kundschafter voraus«, befahl Ionna. »Morgen um diese Zeit wird unser Schicksal bereits entschieden sein!«
Jubel antwortete ihr, dann stürmten die versammelten Anführer hinaus, um ihren Befehlen nachzukommen. Nur Sten blieb zurück und sah die Fürstin fragend an, die sinnierend in die Flamme der kleinen Feuerschale starrte, welche das Zelt im morgendlichen Grau beleuchtete und erwärmte.
»Wie schätzt Ihr unsere Aussichten ein, Herrin?«
»Was?«, erwiderte Ionna gedankenverloren, doch dann fixierten ihre durchdringenden Augen den jungen Wlachaken.
»Willst du die Wahrheit hören, Sten? Zorpads Position ist gut, auch wenn wir ihn umgehen und seine Flanke angreifen. Wir können ihn nicht vollkommen überraschen, er wird seine Truppen bewegen und sich unserem Angriff entgegenwerfen. Er hat die größere Truppenstärke, die bessere Reiterei und die Zwerge.«
»Das stimmt alles, aber wir haben die Trolle«, gab Sten zu bedenken.
»Nur, wenn wir verhindern können, dass der Albus Sunassie mit seinem Licht ausschaltet.«
»Ich versichere Euch …«
»Ja, ich weiß. Du wirst dein Bestes geben. Aber sehr viel hängt von dem Gelingen deines Plans ab. Und selbst wenn alles so kommen sollte, wie wir es wünschen, bleiben Zorpads Vorteile bestehen. Ich glaube gern den Protzereien der Trolle, dass ein jeder von ihnen zehn oder mehr Mann wert ist, aber selbst so ist uns Zorpad überlegen.«
»In der Herbstschlacht war er das auch, Herrin, trotzdem habt Ihr ihn besiegt.«
»Ja. Nur diesmal ist Zorpad besser vorbereitet. Sten, du bist ein guter Mann und ein treuer Verbündeter. Deine Anwesenheit und deine Taten geben unseren Kriegern Mut und Zuversicht. Du warst uns allen eine große Hilfe, ohne dich hätten wir vielleicht nicht einmal die kleine Aussicht auf Erfolg, die wir jetzt haben. Aber wir beide wissen, dass eine harte Schlacht vor uns liegt und dass alle Zahlen gegen uns sprechen.«
»Was bedeuten schon Zahlen?«, warf Sten ein, den die düstere Stimmung seiner Fürstin überraschte.
»Im Krieg? Viel«, erklärte Ionna. »Ich sage nicht, dass wir in jedem Fall verlieren werden. Aber wenn unser Plan misslingt, wenn wir die Trolle nicht schützen können, wird schon bald Zorpads Adler von Désas Zinnen wehen.«
»Dann muss der Plan gelingen, Herrin«, sagte Sten mit Nachdruck.
Lächelnd nickte Ionna. »So ist es.«
Gerade wollte der junge Krieger sich abwenden, als Ionna ihn noch einmal zurückrief. »Sten … Falls du Viçinia siehst, schick sie doch bitte zu mir. Ich möchte mit ihr reden.«
Mit diesen Worten entließ ihn die Fürstin, und der junge Krieger verneigte sich, bevor er in das Lager trat. Inzwischen war die Sonne ganz aufgegangen und vertrieb den nächtlichen Nebel. Überall glitzerte Tau auf den Zelten und dem Gras, aber in der morgendlichen Kühle begannen die Soldaten schon damit, das Lager abzubrechen und die Ausrüstung zu verstauen. Wohin Sten auch sah, blickte er in grimmig entschlossene Gesichter. Die Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, schien den Soldaten neuen Auftrieb zu geben, während das Warten in den düsteren Mauern von Désa ihnen alle Hoffnung genommen hatte. Sie glauben an Ionna, sie glauben an die Siegerin der Herbstschlacht, ging es ihm durch
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