Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Wundermittel! Ich komme mir vor wie Siegfried, absolut unverwundbar!“
„ Na, dann pass bloß auf, dass dir nicht auch das Lindenblatt verrutscht, Sieglinde! Hi, Melanie!“
Barry war lautlos hereingekommen und streckte Melanie ein undefinierbares Etwas entgegen.
„ Das waren mal frische Gänseblümchen, jetzt sind es nur noch Gänseblümchen. Heute Morgen extra für dich aus Nachbars Vorgarten geklaut.“
Noch bemerkenswerter als der Trockenblumenstrauß und das unwiderstehliche Grinsen war sein schrilles Outfit: Zu einer orange-gelb-gestreiften Jeans trug er ein pfefferminzgrünes Hemd mit weißen Punkten, einen orangefarbenen Schlips und weiße Turnschuhe. Er sah aus wie ein Papagei. Aber wie ein verdammt gut aussehender Papagei, denn gerade das Schrille schien sich auf äußerst stimmige Weise mit seiner Persönlichkeit zu verbinden und erhöhte nur noch seine Attraktivität.
„ Und das ist von mir!“
Hinter Barry kam ein Tablett mit einer Tasse zum Vorschein, die das Magennerven reizende Aroma einer ganzen Kanne Kaffee verströmte.
Barry und May verkniffen sich mühsam ein Grinsen, während Melanie der strahlenden Melody das Tablett abnahm und es auf ihren Schreibtisch stellte.
„ Vielen Dank, ihr beiden! So einen Empfang an seinem neuen Arbeitsplatz wünscht sich sicherlich jeder. Ich denke, wir werden ein Superteam sein und gut zusammenarbeiten!“
Da sie Melodys erwartungsvollen Blick gesehen hatte, nahm Melanie anstandshalber einen Schluck von dem nachtschwarzen Gebräu und drohte allen beteiligten Gesichtsmuskeln ein Glas Essigwasser an, wenn sie sich jetzt nicht beherrschten.
„ Das ist ein richtiger Aufwecker, Melody! Der macht bestimmt ganz schnell munter, wenn man mal verschlafen hat.“, war das einzig vor ihrem katholisch geprägten Gewissen Vertretbare, das sie sich als Lob auf den so freundlich servierten gallebitteren Kaffee abringen konnte.
„ Ja, der weckt sogar Tote auf, stimmt’s Melody? Weißt du noch,“ Barry legte einen Arm um Melodys Schultern, „wie unser Boss mal fast an einem Stück Donut erstickt ist und nur durch deinen Kaffee gerettet werden konnte?“
May hatte die Szene in lebhafter Erinnerung. Harry hatte röchelnd am Boden gelegen, aber es angesichts der drohenden Koffeineinflößung durch die mit der Thermoskanne herbeieilende Melody vorgezogen, das Donutstückchen aus der Luftröhre zu husten, bevor sie ihm mit ihrem Gebräu auch nur zu nahe kommen konnte.
„ Aber er hat doch gar nicht von meinem Kaffee getrunken!“
„ Eben. Sonst wäre er vielleicht jetzt wirklich tot.“
„ Barry, du bist wirklich unmöglich. Lass Melody in Ruhe, sonst hilft sie dir nicht mehr, wenn du wieder mal verschleiern musst, dass du Mist gebaut hast. Und jetzt: Ciao! Wir müssen arbeiten.“
May schob Barry einfach aus der Tür und tätschelte Melody, die im hellblauen Rüschenkleidchen mit weißen Söckchen und Spangenschuhen aus schwarzem Lackleder aussah wie eine lebendig gewordene Puppe aus den Fünfzigern, mütterlich die Wange. „Lass dich von Barry nicht ärgern, du kennst ihn doch. Frech aber lieb.“
„ Ja, ich weiß, May. Aber manchmal übertreibt er es einfach. Ich trinke meinen Kaffee doch auch, und mir schmeckt er, und ich lebe auch noch.“
Einen Moment lang sah es aus, als breche sie wie so oft in Tränen aus, aber vor Melanie wollte sie offensichtlich nicht die Fassung verlieren.
„ Also dann, Melanie, bis später! Schön, dass du da bist!“
Sie drehte sich rasch um, weil ihr doch die Tränen in die Augen stiegen, und verschwand hastig in ihrem Büro.
„ Armes Ding. Ich glaube, ich muss Barry mal wieder ordentlich die Leviten lesen. Er mag Melody wirklich, aber er kann es einfach nicht lassen, sich über sie lustig zu machen.“
May setzte sich wieder an ihren Schreibtisch.
Zwischendurch kam Harry noch für ein Brainstorming vorbei, aber mit Ausnahme einiger kurzer Unterbrechungen verbrachten Melanie und May den ganzen Vormittag über den Unterlagen für die Vorbereitung der Talkshow, während sie so ganz nebenbei mit Genuss einen kleinen Berg Donuts verzehrten, die May frisch vom Bäcker mitgebracht hatte.
Das Konzept ließ zwar selbstverständlich noch Raum für Innovationen, die sich möglicherweise aus dem Verlauf der einzelnen Sendungen ergeben würden, aber im Grunde war es bereits bis ins letzte i-Tüpfelchen hervorragend ausgearbeitet. Sogar Harry, der normalerweise chronisch unzufrieden war mit allem, das ihm vorgelegt wurde,
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