Die Trüffelgöttinnen (German Edition)
Ganze wieder einmal unnachahmlich kommentiert:
„ Stell dir vor, du lässt dich bei dem da aufpolstern, und du hast dann, ohne es zu wissen, die Arschbacken von deinem Chef oder irgendeinem Serienmörder im Gesicht!“
Die Vorstellung, die Hüften einer Frau zu küssen und dabei in Wirklichkeit Harry Shinders Hinterbacken vor sich zu haben, versetzte Barry so in Panik, dass er drei Tage lang seine bananenunterstützten Streifzüge durch die New Yorker Bars einstellte.
Aber der schlimmere Teil der Spenderfettbehandlung kam erst noch: die wesentlich preisgünstigere Variante war die Aufpolsterung mit Schweinefett. Warum es dazu gleich eine Jahresration Einwegrasierer und Rasierschaum gab, erklärte der Arzt mit nur mühsam verborgener Verlegenheit. Diese Billigvariante hatte einen kleinen Nachteil: In einzelnen Fällen habe man beobachtet, dass an den aufgepolsterten Stellen Schweineborsten wuchsen.
Dass das Telefon in seiner Praxis am Morgen nach der Sendung trotz dieser zu erwartenden Folgen nicht stillstand und er schließlich auf Jahre hinaus mit Schweinefettaufpolsterungen ausgebucht war, erstaunte den Schönheitschirurgen dann doch.
Das Ganze führte zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung bei Metzgern und Schlachthöfen, die Schweinefett fortan nur noch Weißes Gold nannten.
* * *
In den letzten Nächten war es mehrmals passiert, dass sich Melanie in den traumtrunkenen Sekunden vor dem endgültigen Einschlafen immer wieder dieselben flüchtigen Gedankenfetzen aufdrängten. Sie fand Glamour immer noch unglaublich, wollte immer noch Rundungen zulegen, genießen, eine neue Weiblichkeit feiern, aber irgendwie dämmerte es in diesen kurzen Momenten zwischen Tag und Traum ganz leise in ihr, dass der Weg dorthin irgendwie nicht der sein konnte, dass man von einem Extrem ins andere überging. Irgendwo dazwischen, irgendwo zwischen Hungerkuren und Fressorgien, zwischen den Größen XXS und XXL musste das zu finden sein, wonach sie und alle Frauen suchten.
In Melanie erwachte die vorerst noch ganz leise und sich immer wieder entziehende Ahnung von einer Schönheit, die jenseits jeglicher Messbarkeit durch Waagen und Zentimetermaße lag. Einer Schönheit, die unabhängig von Straffheit oder Falten, unabhängig von mehr oder weniger Rundungen und Pfunden lag, sondern die diese sogar vergessen ließ und einen Zauber über die Person und ihre vermeintlichen äußeren Makel legten, als habe eine gute Fee mit einem wunderbaren Stab liebevoll über sie hinweggestrichen und sie unsichtbar gemacht und nur noch die Schönheit der Seele hervortreten lassen.
May hingegen war für solche Erkenntnisse überhaupt nicht offen, sie war nach wie vor von Glamour fasziniert und vergötterte ihn so wie früher ihren Daddy, als sie noch seine Prinzessin war, bis er eines Tages spurlos verschwand.
Den Latino aus der Bar hatte sie vorerst zu ihrem ganz persönlichen George Glamour gemacht und nannte ihn inzwischen auch George. Er hieß eigentlich Enrico, aber wie sie ihn nannte, war ihm egal, solange er weiterhin so wilden, ekstatischen Sex mit ihr haben konnte und ihn vor allem weiterhin von dem ansonsten leeren Kopfkissen das magische Auge eines Fünfhundert-Dollarschein-Logos anblinkte, nachdem May morgens vor ihm das Haus verlassen hatte.
May redete so eindringlich auf Melanie ein, dass diese am Ende nicht mehr wusste, was sie nun eigentlich geträumt hatte: dass Glamour ein wunderbarer Befreier der Frauen war, oder dass er vielleicht ein Schwindler war, der die Frauen, ohne dass sie es merkten, ganz einfach ins andere Extrem führte.
Schließlich war sie so verwirrt, dass sie beschloss, sich zur Ablenkung die Aufzeichnungen der ersten Show anzusehen, und das setzte ihrem sacht aufkeimenden Realitätssinn leider ein jähes Ende. Denn genau dann, als Kamera zwei bei Glamour voll in die Frontale ging, schaute sie ihm direkt in die Augen, während er die Geschichte von Narziss erzählte.
Und so verfehlten auch dieses Mal Glamours Hypnosekünste ihre Wirkung nicht und ließen alle Bedenken und Zweifel dahinschmelzen wie Schnee in der Sonne.
Am nächsten Abend klatschte Melanie wieder genauso begeistert wie alle anderen zu den Schönheitstipps, die per Fax oder E-Mail eingegangen waren oder während der Sendung über die Hotline live ins Studio kamen. Die Anregungen reichten von häufigem Augenreiben, weil das die empfindliche Haut um die Augen herum zerrte und damit schlaff und faltig machte, bis hin zu medizinisch
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