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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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wenn du resoluter auftrittst!
    „Seien Sie nicht undankbar!“, rief sie. Nie zuvor hatte sie zu so vielen Menschen gesprochen. Nie hatte sie für sich und ihren Vater und das Geschäft gesprochen. „‚Ringet kühn für Recht und Freiheit‘, ja vielleicht.“ Sie schaute einem Weber nach dem anderen ins Gesicht. Das erzielte Wirkung. Warum sie an Caspar Webers dunkelblauen Augen länger verweilte als an den anderen und ob die anderen das auch bemerkten, wusste sie nicht. „Aber in euer aller Ermessen und Maß. Hier, am Arsch der Welt, gibt es keine Freiheit für unseresgleichen. Nicht für mich und nicht für euch. Wir mögen Hände aus Gold haben, aber es steht nicht in unserer Macht zu beeinflussen, dass von unserer goldenen Hände Arbeit häufiger Gebrauch gemacht wird.“ Noch einen Moment verharrte ihr Blick auf den betretenen Gesichtern der Weber. Sie waren wohl eher schockiert über die Art ihres Auftretens als über den Gehalt ihrer Worte. Schließlich raffte sie ihre Röcke und wandte sich zum Gehen. In versöhnlicherem Ton schob sie noch hinterher, was ihr Vater an dieser Stelle gesagt hätte: „Vergessen Sie nicht: Nach dieser Zeit kommt ’ne andere.“ Damit verließ sie das Zunfthaus.
    Draußen auf der Gasse schlug Luisas Herz noch eine Weile aufgeregt. Ihr war schlecht. Ihr Magen hatte bei all der Aufregung geschäumt. „Luisa Maximiliane Clementine Treuentzien, ich muss schon sagen! Sehr damenhaft war das nicht!“, mahnte Christiana, während sie ihren Spaziergang fortsetzten.
    „Ich musste mir Respekt verschaffen.“
    „Aber nicht so. Du kannst doch nicht das A-Wort benutzen?“
    „Was – Arsch?“ Luisa lachte über Christianas rotes Gesicht und war unendlich erleichtert, diese Situation gemeistert zu haben.
    Christiana wusste, welche Bürde Luisa auf ihren Schultern trug, denn bevor der alte Liebig seinen Schwiegersohn Gotthelf Haller in die Firma geholt hatte, war es Christiana gewesen, die ihrem Vater zur Hand gegangen war. Seither hatte Christiana alle Hände voll mit ihrem Mann und ihren Kindern und dem Haushalt zu tun. Und Luisa fand es bewundernswert, dass Christiana nach einem langen Tag nicht klagte, sondern jedem Moment das Gute abgewann. Ihr Vater, Johann Ehrenfried Liebig, war Bauer gewesen, der im Sommer auf dem Felde und im Winter am Damastwebstuhl geschuftet hatte, bis der Adel der englischen, russischen und französischen Höfe seine guten Damaste zu würdigen verstand und er den Pflug ganzjährig gegen den Zampelstuhl tauschte. Eine gute Partie mit Christianas Mutter half ihm, unter den Bürgerlichen Anerkennung zu erlangen.
    „Verzeihung?“
    Beide wandten sich nach der Stimme um. Luisa war erstaunt, Christiana eigenartig amüsiert, wie es schien, denn Caspar Weber hatte ihre Verfolgung aufgenommen.
    „Verzeihen Sie.“ Er blieb vor ihnen stehen. Eine Kopfbedeckung trug er nicht, die er hätte lüften können. Luisa wurde von ihm ignoriert. „Würden Sie ... auf ein Wort.“
    Christiana schenkte Luisa einen fragenden Blick.
    „Fräulein Treuentzien, würden Sie bitte Frau Haller und mich entschuldigen?“ Was war das? Gereiztheit? Seine dunkelblauen Augen sandten Blitze gegen sie aus.
    Luisa war verunsichert. Sie nahm Christiana die Hundeleine ab und ging ein paar Schritte stromabwärts die Mandau entlang. Es kam ihr gelegen, dass Fleck sich Zeit ließ, einen Zaunpfahl zu beschnuppern, so hatte sie Christiana und den Weber im Blick.
    Er degradiert dich zu dem, was du bist, überlegte sie, während sie den Mann beobachtete, der sehr ruhig mit ihrer Freundin sprach. Was es war, konnte sie nicht verstehen. Er weist dich auf den Platz zurück, wo du hingehörst. Das zweite Rädchen, nicht das erste. Luisa wurde ungeduldig. Die zwei schienen fertig zu werden mit ihrer Besprechung, denn Caspar Weber zeigte ein Lächeln, das Luisa noch nie an ihm gesehen hatte und das ihrem Herzen einen Hüpfer versetzte. Entwaffnendes Lächeln. Christiana lachte heiter auf, dann verabschiedete sich der Weber mit einer galanten, aber nicht devoten kleinen Verneigung.
    Christiana trat zu Luisa und lächelte noch einen Moment in sich hinein. „Ach, wie schön. Sieh nur da drüben die Krokusse. Und so viele Farben!“
    Luisa wollte aber gar nicht über Krokusse reden. Sie wollte wissen, was Christiana und Caspar Weber zu lachen gehabt hatten. Christiana machte überhaupt keine Anstalten, sich mitzuteilen.
    Und als sich Luisa nach Caspar Weber umschaute, schoss ihr die Röte ins Gesicht, weil

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