Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)
im Schulalter, oder?“
„Mädchen dürfen nicht in die Schule. Nur manche, die Geld haben. Margarete, Agnes und Elsbeth lernen alles, was sie wissen müssen, von Vater und Mutter, und Balthasar wartet, dass er bei Vater in die Lehre gehen kann.“
„Bei deinem Vater? Der bildet nicht mehr aus, das wüsste ich.“
„Wie wirst du herausfinden, wenn deinem Hund etwas passiert ist? Vielleicht ist er in eine Wildschweinfalle getappt.“
„Und Caspar? War er auf der Schule? – Wildschweinfallen um diese Jahreszeit, na, ich weiß nicht.“
„Aber Wolfsfallen! Die gibt’s da oben, oder? Wieso keine Wildschweinfallen um diese Jahreszeit?“
„Du solltest in die Schule gehen, wenn du so viele Dinge wissen möchtest. – Nun, es ist Schonung. Die Bachen werden bald Frischlinge bekommen, deshalb keine Wildschweinfallen.“
„Und Wolfsfallen? Gibt es Wölfe um diese Jahreszeit? Vielleicht kämpft Fleck gerade mit einem?!“
Luisa schauderte. „Na, hoffentlich nicht.“
„Wie konnte er eigentlich weglaufen.“
„Ich war unachtsam und Fleck ist nur ein Hund, der seiner Natur folgt.“
„Und deine Natur, Sophie, ist es, nicht hier herumzustehen und die Leute vollzuquatschen, sondern der Mutter zu helfen!“
Luisa und Sophie wirbelten gleichermaßen herum, als die Männerstimme ganz plötzlich ganz dicht hinter ihnen ertönte. Caspar Weber. Ausgerechnet. Er schickte seinen strengen Nachthimmelblick auf seine jüngste Schwester hinab. Das Mädchen versteckte sich hinter Luisa.
„Meine Schuld.“ Sie würde dem Manne trotzen. „Ich habe sie gebeten, mit mir nach Fleck Ausschau zu halten. Der ist weggelaufen. Vier Augen sehen immer noch mehr als zwei, oder?“
„Ich schätze, Sophie ist zu ungebildet und verwahrlost, um irgendwas zu sehen, meinen Sie nicht auch?“
„Oh, verstehe.“ Luisa erwiderte den grimmigen Blick des Mannes, schenkte dem Mädchen aber ein Lächeln. Eins aus dem Mundwinkel, ein bemühtes. „Nun Sophie, dann möchte ich mich endlich entschuldigen für das, was ich im Januar über dich gesagt habe. Das war dumm von mir. Tut mir leid.“
„Ja, genau. Stecken Sie sich das sonst wohin. – Sophie, Abmarsch!“ Caspar Weber wartete, dass seine Schwester sich umdrehte, und Luisa war schockiert darüber, wie er sie abspeiste.
Aber die kleine Sophie machte einen formvollendeten Knicks für Luisa, sagte: „Entschuldigung angenommen“, grinste ihren Bruder frech an und lief nach Hause.
Caspar tippte mit dem Zeigefinger an seine Kapuze und wollte gerade seiner Schwester folgen, aber sie hielt ihn auf, weil sie seinen Groll nicht verdient hatte, oder doch? Sie war sich keiner Schuld bewusst. „Was machen Sie so?“
„Leinwand, und Sie?“ Er wandte sich zu ihr um und schaute sie entgeistert an.
„Verzeihung, Herr Weber. Ich wollte ... ich meine. Ich ... ähm.“ Ihr Blick streifte seine tiefblauen Augen, die mit dem Leuchten des Aprilhimmels konkurrierten. „Ich wollte nur sagen, dass es mir sehr leid tut. Wenn mein Vater aus Prag zurückkehrt, hat er bestimmt wieder einen Auftrag für Ihren Vater und für Sie.“
„Schon gut. Guten Tag.“ Abermals die Geste mit dem nicht vorhandenen Hut.
„Nein, warten Sie ... bitte.“ Noch einmal hielt sie ihn auf und kam sich schon vor wie eine von der Gasse, die den Männern hinterherpfiff. „Würden Sie ... Ob Sie wohl die Freundlichkeit besäßen, mir bei der Suche meines Hundes behilflich zu sein?“
Caspar Weber ließ seinen Blick auf dem Hutberg umherirren. Überlegte, kalkulierte, nickte schließlich. „Tut er sich auch nichts, wenn er dort oben so allein unterwegs ist?“
„Herrgott! Was machen sich alle Leute Gedanken um den Hund?! Es scheint niemanden zu interessieren, wie es mir dabei geht.“
Über Caspars Gesicht züngelte ein unverhofftes Lächeln. „Also, wie geht es Ihnen?“
„Nun ...“, stotterte sie, war verunsichert und sah sich abermals nach der Brücke um. „Ich bin wütend!“
„Sehen Sie, und weil man aus Ihrem Mund nichts als gekränkte Eitelkeit zu erwarten hat, fragt Sie auch niemand nach Ihrem Befinden.“
Die Wahrheit aus seinem Mund empörte Luisa. Eine Weile gingen beide wortlos nebeneinander her.
Worüber könnte sie mit ihm reden? Sie wollte mit ihm reden, so viel stand fest, aber worüber? „Ich meine das ernst, Herr Weber, vielleicht hat Vater über Ostern wieder was für Sie.“
Er nickte und zuckte gleichzeitig mit den Achseln. Das Wort einer Expediteurin wog nichts.
„Es tut mir leid,
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