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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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mißtrauisch. Ich suche nur nach einer Leiche, die wahrscheinlich irgendwo heimlich verscharrt worden ist.«
    Volltreffer! »... irgendwo heimlich verscharrt ...« Womöglich im Garten, was! Entweder spekulierte Junior wild herum und versuchte jeden, der als Verdächtiger in Frage kam, aus der Reserve zu locken, oder es war seine Art, Dinge von sich zu geben, welche ans Hellsehen grenzten. Ali hielt es für keine so großartige Idee mehr, mit ihm gemeinsam die Aussicht auf den neckischen Hügel zu genießen, und begab sich in die Küche. Kasimir Kreuzer jr. folgte ihm mit gesenktem Kopf. Dennoch spürte Ali, daß seinem Gehabe etwas Falsches, ja geradezu Einstudiertes anhaftete. Er steuerte die an der rechten Längsseite provisorisch auf Klapptischen aufgebaute Bar an. Während er zwei Gläser mit Weißwein einschenkte, beobachtete er aus den Augenwinkeln den lästigen Spion. Der typische Herzinfarkt-Kreislaufkollaps-Kandidat. Junior wirkte wie jemand, der rund um die Uhr unter Volldampf arbeitete, bis er, wie man so sagte, im besten Mannesalter tot umfallen würde. Seine schäbige Kleidung, die fahle Haut, Folge von Fast food, drei Schachteln Zigaretten am Tag und wenig Schlaf, die ungekämmten Haare, das ganze verwahrloste Aussehen zeichnete ihn als einen Getriebenen aus, der den Treuherzigen nur mimte.
    »Ich möchte sie nicht am Feiern hindern«, sagte Ali versöhnlich und reichte ihm ein Glas. In der Zwischenzeit hatte sich Junior eine neue Zigarette angesteckt. »Denn selbstverständlich sind Sie herzlich eingeladen. Bringen wir also das Frage-Antwort-Spiel schnell hinter uns.«
    »Es geht um die Rekonstruktion der Geschehnisse, nachdem Bibo sich von seinen Freunden getrennt hat«, sagte Junior. »Wir haben die Strecke von der Kneipe bis zu ihrem Haus, ein Weg von zirka zwanzig Minuten, gründlich ausgekundschaftet und auch viele Zeugen befragt. Es hat sich dort in der fraglichen Nacht nichts Ungewöhnliches ereignet. Und es spricht auch nichts dafür, daß Bibo sein Ziel nicht erreicht haben sollte. Wo haben Sie sich also zu dieser Zeit, das heißt etwa gegen Mitternacht aufgehalten, Herr Seichtem?«
    »Ich war in meinem Büro im ersten Stock und bin einige Rechnungen durchgegangen. Deren Anblick mich übrigens in der Tat oft an Mord denken ließ. Meine Frau lag längst im Bett.«
    »Hat es an der Haustür geklingelt?«
    »Nein.«
    »Vielleicht haben Sie es nicht gehört.«
    »Ausgeschlossen. Probieren Sie es aus. Sie werden feststellen, daß diese Klingel sogar den Krach hier übertönt.«
    »Kann es sein, Herr Seichtem, daß die zur Straßenseite hin liegende Kellertür noch vor einem Monat kein Schloß besaß?«
    »Warum?«
    »Nun, die Leute von der Vierer Bande erzählten mir, daß sie beim Umzug auch einige Sachen in den Keller getragen hätten. Dabei wäre ihnen aufgefallen, daß an der Tür das Schloß fehlte. Bevor ich heute zu Ihrer Party kam, habe ich mir deshalb die Freiheit genommen, von draußen einen Blick auf diese Tür zu werfen. Mittlerweile hängt dort ein funkelnagelneues und, mit Verlaub, übertrieben massiges Schloß. Sie werden die Sicherheitslücke irgendwann selbst erkannt und dann etwas dagegen unternommen haben. Vielleicht, so habe ich mir gedacht, und halten Sie mich jetzt nicht für verrückt, ist Bibo in jener Nacht in seinem betrunkenen Zustand direkt in den Keller gegangen und hat die Lampe dort abgestellt, vielleicht sogar im Garten. Sagen wir mal, um Sie am nächsten Tag zu überraschen.«
    Alis Unterkiefer war angesichts dieser geradezu gespenstischen Kombinationsgabe in Versuchung herunterzuklappen. Er konnte es jedoch gerade noch im letzten Moment verhindern und auch seine übrigen von Entgleisung bedrohten Gesichtszüge rechtzeitig unter Kontrolle bekommen. Mühsam brachte er sogar ein aufgesetztes Lächeln zustande, das Spott über die vorgestellte Theorie ausdrücken sollte, aber nichts als Hilflosigkeit offenbarte. Der Kerl war kein Kunstliebhaber, er haßte Kunst, er hatte gelogen. Sein eigentliches Metier war das Sezieren von Lügen. Er besaß keine Phantasie, denn Phantasie war wie ein Luftgeist, der in jede beliebige Richtung entschweben konnte. Nein, Kasimir Kreuzer jr. blieb hübsch der Schwerkraft verhaftet, zog immer das Naheliegendste, die langweilig wahrscheinliche Vorgehensweise des langweiligen Durchschnittsmenschen in Betracht und gelangte so zum Kern der Wahrheit.
    »Leider muß ich Sie doch für ein wenig verrückt halten, Herr Kreuzer jr.«, sagte Ali und

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