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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Verfluchung Gottes nach Patricks Tod nicht mehr. Er ergriff mit wutverzerrter Miene die Tequilaflasche und rammte sie mit voller Wucht in Hardys geöffneten Mund. An dessen Gesichtsausdruck änderte das freilich auch nicht mehr viel. Er schwankte weiterhin zwischen kosmischer Gleichgültigkeit und fragender Konzentration. Mit flacher Hand gegen den Flaschenboden drückend, leerte Ali den Rest Tequila in Hardys Kehle. Nun endlich änderte sich an dessen Gesichtsausdruck doch etwas. Die Augen seines alten Freundes rollten himmelwärts, so daß nur noch das Weiß der Augäpfel zu sehen war, und aus dem Mund floß statt der trüben Flüssigkeit etwas Blut. Ali mußte ihm beim Zustoßen mit der Flasche wohl die Schneidezähne ab gebrochen haben. Dann sagte Hardy geradezu behaglich »Ahhh!«, ließ von Bibos Fuß ab, der wie ein geheimnisvolles Zeichen aus der Erde herausragte, legte seinen Kopf auf Alis Schulter, schmiegte sich richtiggehend an ihn, schloß die Augen und fing auf der Stelle an zu schnarchen.
    Es war in der Tat nicht zu spät gewesen. Denn durch den entlarvenden Fund hatte sich, verglichen zu vorher, eigentlich nichts Wesentliches geändert. Nach einem derart monströsen Vollrausch würde es schon an ein Wunder grenzen, wenn Hardy sich am nächsten Tag noch an seinen eigenen Namen erinnerte, geschweige denn an irgendeinen verwesten Fuß. Und wenn er es doch täte, so würde er es dem Delirium tremens zuschreiben - notfalls würde Ali selbst dafür sorgen, daß er es so sah. Falls er ihn überhaupt wiedertraf, was etwa so wahrscheinlich schien, wie daß Hardy jemals im Lotto gewann. Er war also mal wieder davongekommen. Vorläufig jedenfalls.
    Während der ganzen Zeit hatte Ali sich vorgestellt, welches Bild sie von hinten für einen imaginären Beobachter in der Küche abgaben. Jener hätte von dort aus selbst während der heftigen Aktion nichts weiter als die traulich Rücken an Rücken beisammen knienden Freunde wahrnehmen können. Dabei wollte es Ali auch belassen. Er schüttete den verräterischen Fuß schnell wieder mit Erde zu, dann, soweit es ging, auch die Grube. Dann wischte er Hardy mit einem Taschentuch das Blut von den Lippen und setzte ihn dann geradezu zärtlich auf dem Rasen ab. Nachdem er sich noch einmal nach verräterischen Spuren umgesehen hatte und zu seiner Beruhigung nichts entdecken konnte, stand er auf, wandte sich zum Haus und ging zurück, um die Kellner um Hilfe zu bitten.
    Und wieder stellte sich die Atemnot ein. Und der kalte Angstschweiß auf seiner Stirn. Und die Befürchtung, Gottes strafende Faust könnte jeden Moment auf seinen Schädel niedergehen. Oben auf der Terrasse stand eine schlanke männliche Gestalt, die sich gegen die leuchtende, leere Küche wie ein Scherenschnitt abhob. Die linke Hand des Mannes steckte ganz lässig in der Hosentasche, während in seiner rechten eine Zigarette glimmte. Das Bild ließ Ali unwillkürlich an die dubiose Figur in einem Agentenfilm denken. Es war ganz offensichtlich, daß der Mann zumindest die Schlußphase seines Treibens beobachtet hatte. Wie gründlich, würde sich gleich herausstellen. Ali wurde das Gefühl nicht los, daß er schon die ganze Zeit dort gestanden, sich aber immer wieder aus dem Bereich des Lichts zurückgezogen hatte, wenn er sich seinerseits von ihm beobachtet gefühlt hatte.
    Ali zwang sich, trotz der Überraschung ruhig zu bleiben. Weder stockte er im Gehen noch gestattete er sich, daß seine genervte Miene in eine Angstfratze umschlug. Je näher er der Terrasse kam, um so mehr erhielt die Schattengestalt Dreidimensionalität und Farbe. Es handelte sich um einen wie gekaut und wieder ausgespuckt aussehenden jungen Mann, vielleicht Anfang Dreißig. Er war unrasiert, und seine Haut war auffallend blaß. Dunkle Augenränder und gesprungene Lippen deuteten auf einen ungesunden Lebenswandel hin. Seine Frisur entzog sich jeglicher Zuordnung; die ungepflegten brünetten Haarbüschel wucherten wie Unkraut in alle Himmelsrichtungen. Er trug einen hellen Sommeranzug, zerknittert und mit Flecken übersät, und eine ebenfalls fleckige Krawatte, deren Knoten er gelockert hatte. Obwohl in seinem Gesicht keine ausgeprägten Falten zu erkennen waren, machte er einen recht verlebten Eindruck. Dennoch umspielte ein Schalk seine Augen, geradeso, als könne er über alles, was ihm unter die Augen kam, nur lachen.
    »Ihr Freund schluckt wohl für sein Leben gern, was?« sagte er und zog inbrünstig an der bis fast zur Kippe

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