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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Mitglied der »Vierer Bande«. Obwohl Ali durch die dunklen Gläser nicht direkt in seine Augen sehen konnte, vermeinte er den Blick des Gegenübers in Worte übersetzen zu können. Sie lauteten: »Was hast du mit Bibo gemacht?«

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    A nton Wachs, der das rechts gelegene Nachbarhaus bewohnte, war um einige Millionen reicher als die Seichtems. Das schmucke, lindgrüne Gründerzeitgebäude, in dem er sich selten blicken ließ, gehörte zu einer Sammlung von mehreren Domizilen rund um die Welt. Da sah man es wieder, daß Kunst zwar in den Medien eine unverhältnismäßig große Aufmerksamkeit fand, doch unspektakuläre Berufe in der monetären Wirklichkeit immer noch die Nase vorn hatten. Wachs war Architekt und gab sich nur mit Großprojekten ab. Opernhäuser, Siedlungen mit mindestens hundert Wohnungen und Regierungsgebäude, sämtliche Aufträge von seiner eigenen Baufirma ausgeführt.
    Man hätte jedoch dem flachsblonden Mittfünfziger, der mit seiner hünenhaften Gestalt und seinem zerklüfteten Felsengesicht einer Wagner-Oper entsprungen zu sein schien, Unrecht getan, wenn man ihn unter der Kategorie »kulturloser Raffzahn« verbucht hätte. Im Gegenteil. Wachs zeichnete sich als Kunstkenner und Genießer erster Güte aus. Er hatte viele Hobbys, in die er soviel Energie hineinsteckte, wie sie ein Normalsterblicher nicht einmal für seinen Hauptberuf aufgebracht hätte. Oldtimer zum Beispiel. Alfa Romeo 6C2300, BMW 326, Pontiac Typ CA6, er besaß die besten Stücke, die er mit eigenen Händen zusammenflickte und pflegte. Oder sogenanntes Urgemüse, Grünfutter, das kein Bauer mehr aufzog, weil es nicht ins wirtschaftliche Schema paßte. In seinem kleinen Landgut in der Toskana gediehen Gemüsesorten, die in der professionellen Landwirtschaft wegen ihrer »Ertragsinstabilität« schon vor fünfzig Jahren ausgesondert worden waren. Anton Wachs kümmerte sich um Ausgestorbenes, beinahe Ausgestorbenes.
    Das hieß aber nicht, daß es sich bei ihm um einen exzentrischen Zausel handelte, der in der Vergangenheit steckengeblieben war. Sein Baustil war modern oder postmodern, wie man das heutzutage nannte. Er konnte Lebemann sein und Eremit, der sich wochenlang in Büchern und klassischer Musik vergrub. Bei Frauen gab er den Charmeur alter Schule, bei Männern den verläßlichen Gefährten, der einem mit fundiertem Rat in kritischen Lebenslagen zur Seite stand. Alkohol war nicht seine Sache, doch wenn es sein mußte, konnte er einen unter den Tisch trinken. Man sprach davon, daß er verheiratet sei, jedoch getrennt lebe, dann hieß es wieder, er sei ein eingefleischter Junggeselle. Jedenfalls sah man in seinem Haus die elegantesten Schönheiten ein- und ausgehen, was bei den neugierigen Mitmenschen im Viertel eine Kombination aus Bewunderung und Neid erzeugte. Eigentlich war Anton Wachs der Mann, der Alfred Seichtem immer gern gewesen wäre: in sich ruhend, weltgewandt und liebenswürdig. Auch wenn ihn eine Aura des Geheimnisvollen umgab und auch wenn Ali soviel Perfektion bisweilen gehörig auf die Nerven ging, so stellte er für ihn das Sinnbild des Unerreichbaren dar.
    Da gab es allerdings eine Kleinigkeit, welche die Erinnerung an den Vielbewunderten wenn nicht gerade trübte, so doch ab einem gewissen Punkt ins Nichts verdunsten ließ: Was war aus Anton Wachs eigentlich später geworden? Die Frage ließ sich nicht so leicht beantworten. Ali konnte sich entsinnen, daß sie in den ersten Jahren ihrer Nachbarschaft lebhaften Kontakt gepflegt hatten. Insbesondere Wachs' Gartenfeste im Sommer waren immer die Höhepunkte des Viertels gewesen. Das beste Essen und die erlesensten Weine wurden in diesen rauschenden Nächten aufgetischt, namhafte Musiker engagiert, sogar Feuerschlucker und andere ausgefallene Darbietungen waren zu bewundern. In Alis Gedächtnis waren auch etliche der wechselseitigen Einladungen zum Abendessen haftengeblieben, bei denen er vor lauter Schielen auf Wachs' stets neue, stets mindestens dreißig Jahre jüngere Begleitungen regelrechte Augenkrämpfe bekommen hatte.
    Und dann? Was war dann passiert? Dann hatte er wohl etwas Besseres zu tun gehabt, als sich ständig dem Vergleich mit Mr. Perfect auszusetzen. Jedenfalls kam es ihm so vor. Denn Wachs verschwand irgendwann aus seiner Wahrnehmung, samt seiner legendären Sommerfeste. Er wußte nur nicht, ob diese unmerkliche Auflösung der nachbarlichen Vertrautheit tatsächlich an ihm und seiner katastrophalen Lebensweise gelegen hatte oder an Wachs

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