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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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bloß dessen Zuschauer. Wir alle machen Fehler, die wir später bereuen. Die meisten Dinge im Leben gehen kaputt, weil man sich keine Gedanken um die Zukunft macht. Um die Zukunft einer Freundschaft zum Beispiel.«
    »Aber wovon redest du denn, mon ami? « sagte Gaston und legte seine Hände ebenfalls auf Alis Schultern. »Du bist mir keine Entschuldigung schuldig. Du bist mein Freund und dazu mein bestes Pferd im Stall, wie man so sagt. Du hast dir nie etwas zuschulden kommen lassen. Im Gegenteil. Du beschämst mich mit deinen Worten. Oder besser gesagt, du gibst mir Rätsel auf.«
    »Ich will damit sagen, Gaston, daß ich heute, also mit meinem Erkenntnisstand von heute, ich meine, wie ich heute bin, daß ich dir niemals weh tun würde. Ich würde dir niemals weh tun, Gaston ...«
    Plötzlich vernahmen sie Schritte. Sie wandten sich um und sahen Ida die Wendeltreppe hochsteigen.
    »Ali, du mußt unbedingt kommen!« sagte sie. Ihr kunstvolles Make-up konnte nicht verbergen, daß ihr Gesicht inzwischen kalkweiß geworden war. » Er macht irgendwas im Garten.«

17
     
    A ls Ali in die Küche gestürmt kam, wurde ihm die Sicht von einem Pulk von Leuten mit ihm zugewandtem Rücken versperrt. Es kam ihm so vor, als habe sich die gesamte Festgesellschaft hier versammelt. Sie drängten sich dicht an dicht vor den offenstehenden Glastüren und stießen sich mit den Ellenbogen an, um einen günstigen Ausblick auf den Garten zu ergattern. Es herrschte Volksfeststimmung. Aufheulendes Gelächter, plumpe Witzeleien und anfeuernde Zurufe überblendeten einander. Und über den Köpfen die hochgestreckten Hände mit den Champagner- und Cocktailgläsern.
    Ali bahnte sich hastig den Weg durch die Menge, indem er die Gaffer rabiat zur Seite riß. Ida folgte ihm wie eine hysterische Mamsell mit zitternden Gliedern, nur Gaston hatte beschlossen, oben zu bleiben und den kostbaren Schatz noch einmal unter die Lupe zu nehmen. In Erwartung des Superjackpots hätte von ihm aus die Welt außerhalb des Ateliers ruhig untergehen können.
    Schließlich stand Ali in der vordersten Reihe der Zuschauer und spähte in den Garten, der durch die aus dem Haus dringende Festbeleuchtung und Lampionketten an den Bäumen fahl erleuchtet war. Er glaubte sich angesichts des Spaßes, der die Gäste so in seinen Bann zog, vor Entsetzen einem Erstickungsanfall nahe! Hardy Link kniete in der Ferne vor dem kleinen Hügel, schaufelte mit bloßen Händen pausenlos Erde hinter sich wie das Rad eines Dampfers Wasser und brüllte unter irrem Gelächter recht zutreffende Dinge. »Hier liegen die toten Affen begraben!« rief er so laut, daß es im Häuserkarree widerhallte. Und: »Der ruchlose Affe Alfred Seichtem macht seine Affenbrüder heimlich tot und verscharrt sie in seinem Garten!« Es hörte sich an wie die Kabarettversion der grausigen Wahrheit. Zu Füßen des Wahrheitsverkünders, den freilich keiner als solchen erkannte, stand eine angebrochene Tequilaflasche. Es war erstaunlich, zu welch phänomenaler Klarsicht Alkohol manchmal verhelfen konnte.
    Trotz des Schreckens, der bei Ali akute Atemnot sowie einen Schweißausbruch am ganzen Kö r per verursachte und ihm kurzfristig nicht nur die Sprache, sondern auch das Denken verschlug, ermahnte er sich, die Sache so rasch wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Er war sich nicht sicher, ob seine feinen Gäste sich weiterhin in Heiterkeitsausbrüchen ergehen würden, wenn der gute Hardy die ersten halbverwesten Gliedmaßen aus dem Erdhaufen ausbuddelte.
    »Wie, zum Teufel, kommt er dahin?« entfuhr es ihm, ohne darauf eine vernünftige Antwort zu erwarten.
    »Das habe ich auch nicht so richtig mitbekommen«, entgegnete Ida, die sich nun an seine Seite vorgekämpft hatte. »Es war ein riesiges Durcheinander in der Küche, hauptsächlich natürlich wegen Hardys Showeinlagen. Er muß irgendwann rausgelaufen sein und sich den Hügel als wirkungsvollere Bühne ausgesucht haben. Das ist übrigens schon seine zweite Flasche Tequila.«
    »Schaff die Leute hier weg, lenk sie irgendwie ab!« befahl Ali, stieg von der kleinen Terrasse die Eisenstufen hinab und eilte über den Rasen. Ein hastig zurückgeworfener Blick verschaffte ihm die beruhigende Gewißheit, daß Ida diese Aufgabe ganz ordentlich bewältigte. Die Arme ausgebreitet, um Verständnis bittend, lächelnd und Verheißungsvolleres im Innern des Hauses versprechend, drängte sie die Schaulustigen aus der Küche zurück. Diese gehorchten ihr, wenn auch schmollend

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