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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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und unter Protest. Er wandte sich wieder Hardy zu. Dessen in schwarzen Cord gehüllter, gewaltiger Rücken hob und senkte sich so gleichmäßig und unermüdlich wie eine Maschine. Und im monotonen Rhythmus dieser Maschine schaufelten auch die Hände die Erde unablässig nach hinten. Dort, wo die Erdklumpen landeten, waren schon zwei ansehnliche Haufen entstanden. Die Baskenmütze auf seinem Kopf vibrierte fiebrig, als sei sie ein Meßgerät, welches das Tempo der Maschine anzeigte.
    »Hardy!« bellte Ali, »Hardy!«
    Er hatte ihn endlich erreicht und begab sich in die Hocke. Die durch den ersten Schock hervorgerufene Atemnot kehrte nun beim Anblick von Hardys Arbeitsresultat mit doppelter Stärke zurück. Ali glaubte vor Bestürzung tatsächlich, augenblicklich ersticken zu müssen, als er sah, wie groß und tief das Loch an der Vorderseite des Hügels bereits war. Es fehlte nicht mehr viel, und der Schürfer hätte in dem Grab für sich selbst ein passendes Plätzchen finden können.
    »Du verdammter Idiot, bist du denn jetzt vollkommen übergeschnappt!« herrschte Ali Hardy an, doch es klang weniger einschüchternd als panisch. Kalter Angstschweiß rann ihm über das ganze Gesicht. Sein Blick war auf die emsig baggernden Hände in der Erde fixiert. »Was denkst du dir eigentlich dabei?«
    »Ich suche nach toten Affen, verehrter Herr Seichtem, du größter Maler des Jahrtausends!« lallte Hardy in einem spöttischen Tonfall, ohne mit der Buddelei innezuhalten. Auch er war schweißgebadet und verströmte den Gestank eines Bisons, der obendrein gerade in einem Keller mit Schnapsfässern gewütet hat. Sein Granatapfelgesicht, an dem die schweißgetränkten Haare und buschigen Augenbrauen klebten, schien um das Doppelte aufgedunsen und verlieh ihm das Aussehen eines entflohenen Irrenhausinsassen. Die Hose, die Jacke, das nun bis zur Gänze geöffnete Hemd waren vollständig von feuchter, frischer Erde befleckt.
    »Reiß dich endlich zusammen, Mann, und benimm dich wieder wie ein normaler Mensch! Mußt du dich vor all diesen Leuten zum Gespött machen und mich gleich mit?«
    »Aber wieso denn, Killer?« sagte Hardy und ließ sich nicht stören. »Ich decke nur auf. Du hast deinen Erfolg einem Pakt mit dem Teufel zu verdanken. Oder der größten Hure in dieser Stadt!«
    Er brach in ein Hohngelächter aus, das sich allerdings eher wie das Grunzen eines Schweins anhörte. Aus seinen Mundwinkeln floß Sabber. Da ergriff Ali plötzlich seine Arme, hielt sie fest und versuchte, ihn am Graben zu hindern. Doch der Angegriffene schien darauf vorbereitet gewesen zu sein. Sein aufgesetzt fröhlicher Ausdruck wechselte schlagartig zu eisiger Wut. Er entwand sich blitzschnell Alis Griff und versetzte ihm einen Schlag auf den Brustkorb. Ali stockte diesmal wirklich für lange Sekunden der Atem, und er faßte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Stelle, wo der Hieb ihn getroffen hatte.
    »Du hast dich lange nicht gemeldet«, sagte Hardy und nahm seine Grabungsarbeit wieder auf, als wäre nichts geschehen. Dann äffte er Ali nach: » › Vielleicht sollten wir später noch mal telefonieren. Sagen wi r, Ende der Woche.‹ Erinnerst du dich noch? War das vor einem Monat? Oder vor eineinhalb? Wenn ich von dieser Scheißveranstaltung nicht vorher Bescheid gewußt hätte, hättest du mich überhaupt nicht eingeladen, stimmt's? Und du wirst mich auch nicht mehr anrufen, stimmt's? Du willst mich nie mehr Wiedersehen, stimmt's, Ali Baba, stimmt's?«
    Ein Anflug von Traurigkeit streifte sein Granatapfelgesicht. Alis Mitgefühl hielt sich in Grenzen. Abgesehen von seinen Atembeschwerden beherrschte ihn nur noch ein Gedanke: daß sein ehemaliger Kumpel mit seinen Grabungen noch Erfolg haben könnte. Er blickte aus den Augenwinkeln diskret über Hardys Schulter Richtung Haus. Die hell erleuchtete Küche war bis auf einen langbeschürzten Kellner leer. Ida hatte exzellente Arbeit geleistet. Man hörte nur noch das Baßgebrumm der Musik aus dem Eßzimmer und gelegentlich schrilles Gelächter.
    Ali schnappte sich die neben dem fleißigen Maulwurf stehende Tequilaflasche, überwandt seinen Ekel und genehmigte sich einen kräftigen Schluck. Bei dem Gedanken, daß er damit die Speichelreste dieses grunzenden Schweins und wer weiß was noch alles in sich aufnahm, hätte er sich beinahe übergeben.
    »Wie kommst du, um Himmels willen, auf so eine bescheuerte Idee, alter Freund?« sagte er und streckte Hardy die Flasche entgegen, das einzige Angebot,

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