Die Tuer im Schott
Zigarette hielt in der Luft inne. Dann schlug Elliot mit der flachen Hand auf den Tisch. »Murray! Murray?«
»Wieso, Mr. Elliot?« fragte Madeline und öffnete die Augen. »Überrascht Sie das?«
Die Stimme des Inspektors blieb sachlich. »Murray wäre der letzte, den man verdächtigen könnte, sowohl nach den Ergebnissen der Ermittlungen als auch nach dem, was unser Doktor die Logik des Kriminalromans nennt. Er war der eine, den alle im Auge hatten. Selbst wenn es nur im Scherz gesagt war, war er doch derjenige, der Gefahr lief, ermordet zu werden. Dieser Burrows ist ein Klugscheißer – bitte um Verzeihung, Miss Dane, ich sollte meine Zunge im Zaum halten. Nein und nochmals nein. Hat Burrows einen Grund zu der Annahme, außer daß es so geistreich klingt? Der Mann hat doch ein Alibi so groß wie ein Haus!«
»Ich verstehe es nicht ganz«, sagte Madeline und legte die Stirn in Falten, »weil er mir nicht alles verraten hat. Aber genau darum ging es – ob er überhaupt wirklich ein Alibi hat. Ich erzähle Ihnen nur weiter, was ich von Nat erfahren habe. Nat sagt, dem Beweismaterial nach war der einzige, der ihn wirklich gesehen hat, dieser Mr. Gore, der am Bibliotheksfenster stand.«
Der Inspektor und Dr. Fell tauschten einen Blick. Sie sagten nichts.
»Und weiter?«
»Erinnern Sie sich, daß ich heute bei der Untersuchung von einem Schränkchen oder Bücherkabinett in der Bibliothek gesprochen habe – ähnlich wie jenes oben auf dem Dachboden? Der Schrank, in dem sich ein Zugang zum Garten öffnet, wenn man die richtige Feder drückt?«
»Ich entsinne mich«, bestätigte Dr. Fell recht grimmig. »Hmpf. Murray hat selbst davon gesprochen; er erzählte, er sei in diesen Schrank gestiegen, um das falsche Heft mit den Fingerabdrücken gegen das echte auszutauschen, damit ihn dabei niemand durchs Fenster sehen kann. Allmählich verstehe ich.«
»Genau. Ich habe Nat von dem Schrank erzählt, und er wollte alles ganz genau wissen. Er schärfte mir ein, daß ich das in meiner Aussage erwähnen muß, damit es ins Protokoll kommt. Soweit ich ihn verstehe, geht er davon aus, daß Sie den Falschen im Auge haben. Er sagt, die ganze Geschichte ist von Anfang an eine Intrige gegen den armen John. Weil dieser ›Patrick Gore‹ mit Worten umgehen kann und überhaupt eine interessante Erscheinung ist, haben Sie ihn für den Anführer der Gruppe gehalten, sagt Nat. Aber für seine Begriffe ist Mr. Murray der wahre – wie sagt man in den Kriminalgeschichten …«
»Kopf der Gruppe?«
»Ganz genau. Der Bande. Einer Bande, bestehend aus Gore und Welkyn und Murray, wobei Gore und Welkyn nur Strohmänner sind, die nie den Mut zu einem echten Verbrechen hätten.«
»Erzählen Sie uns mehr«, bohrte Dr. Fell.
»Nat war furchtbar aufgeregt, als er es mir erklärte. Er sagt, während der ganzen Sache hat Mr. Murray sich auffällig benommen. Das – das wäre mir natürlich nicht aufgefallen. Ich habe ja nicht viel von ihm gesehen. Er scheint schon ein wenig anders als früher, aber das sind wir ja sicher alle.
Der arme Nat hat sogar eine Theorie, wie sie die ganze Sache organisiert haben könnten. Mr. Murray war mit einem Winkeladvokaten bekannt (Mr. Welkyn). Mr. Welkyn hatte von einem Geisterseher aus seiner Klientel erfahren, daß Sir John Farnleigh das Gedächtnis verloren hatte und Höllenqualen litt – Sie wissen weswegen. Und so kam Murray, der alte Lehrer, auf die Idee, einen Betrüger einzuschleusen, für dessen – falsche – Identität er bürgte. Er ließ Welkyn unter dessen Klienten einen Mann mit den entsprechenden Fähigkeiten suchen (Gore). Ein halbes Jahr lang trainierte Murray ihn, bis er jede Einzelheit wußte. Deswegen, sagt Nat, war Gores Art zu sprechen und sich zu betragen derjenigen Murrays so ähnlich – was Sie ja, wie ich höre, so auffällig fanden, Dr. Fell.«
Der Doktor starrte sie über den Tisch hinweg an.
Er legte die Ellenbogen auf die Tischplatte und stützte den Kopf in beide Hände, so daß Page nun nicht mehr an seinen Zügen ablesen konnte, was er dachte. Die Luft, die durch die Fenster hereinkam, war warm und duftend; und doch war es nicht zu übersehen, daß Dr. Fell am ganzen Leibe zitterte.
»Weiter«, drängte Elliot.
»Die Vorstellung, die Nat vom Abend des Mordes hat, ist – einfach grauenhaft«, erwiderte Madeline und schloß wiederum die Augen. »Ich sah es vor mir, auch wenn ich nichts weniger gewollt hätte. Der arme John, der nie
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