Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
seinen Zorn auf sich zog. Aber auch jemand, der ihn nicht zu übertrieben unterstützt hat - jemand, den man als Patrioten betrachten kann und der zögernd vortritt und die Macht ergreift, nachdem ich gescheitert bin.« Sie musterte die beiden. »Besorgt mir die Namen von allen, die in letzter Zeit beträchtlich an Einfluss gewonnen haben, ein Adliger oder eine Frau, die diese Kriterien erfüllen.«
    Dyelin und Meister Norry nickten. Irgendwann würde sie vermutlich ein stärkeres Netzwerk aus Augen-und-Ohren erschaffen müssen, da keiner der beiden übermäßig dazu geeignet war, sie zu leiten. Norry war zu durchschaubar, und er hatte bereits genug zu tun mit seinen anderen Pflichten. Dyelin war … nun. Elayne war sich nicht sicher, was genau Dyelin war.
    Sie stand tief in Dyelins Schuld, die sich anscheinend zur Aufgabe gemacht hatte, für sie eine Ersatzmutter zu sein. Eine Stimme der Erfahrung und Weisheit. Aber irgendwann würde sie ein paar Schritte zurücktreten müssen. Keiner von ihnen konnte es sich leisten, den Eindruck zu unterstützen, dass Dyelin die wahre Macht hinter dem Thron darstellte.
    Aber beim Licht! Was hätte sie nur ohne diese Frau gemacht? Elayne musste sich gegen die plötzliche Gefühlsaufwallung stählen. Blut und verdammte Asche, wann würde sie endlich diese verdammten Gemütsschwankungen los sein? Eine Königin konnte es sich nicht erlauben, dass man sie bei jeder lächerlichen Gelegenheit weinen sah!
    Elayne tupfte sich die Augen ab. Klugerweise enthielt sich Dyelin jeden Kommentars.
    »Das wird das Beste sein«, sagte Elayne fest, um die Aufmerksamkeit von ihren verräterischen Augen abzulenken. »Ich mache mir noch immer Sorgen wegen der Invasion.«
    Dazu sagte Dyelin nichts. Sie glaubte nicht, dass Chesmal von einer bestimmten Invasion Andors gesprochen hatte; ihrer Meinung nach hatte die Schwarze Schwester die Trolloc-Invasion der Grenzlande gemeint. Birgitte nahm das viel ernster und verstärkte die Truppen an den Grenzen. Trotzdem hätte Elayne wirklich gern die Kontrolle über Cairhien gehabt; falls Trollocs gegen Andor marschierten, würde ihr Schwesterreich möglicherweise einer der Aufmarschwege sein.
    Aber bevor die Unterhaltung weitergehen konnte, öffnete sich die Tür zum Korridor, und Elayne wäre alarmiert zusammengezuckt, hätte sie nicht gefühlt, dass es sich um Birgitte handelte. Die Behüterin klopfte nie an. Sie trug ein Schwert, das sie nur zögernd angelegt hatte, und ihre kniehohen schwarzen Stiefel. Seltsamerweise folgten ihr zwei in Umhänge gehüllte Gestalten, deren Gesichter im Schatten der Kapuzen lagen. Norry trat zurück und legte irritiert die Hand an die Brust, weil das so ungewöhnlich war. Jeder wusste, dass Elayne im kleinen Wohnzimmer nicht gern Besucher empfing. Falls Birgitte Leute herbrachte … »Mat?«, riet Elayne.
    »Wohl kaum«, sagte eine vertraute, klare und feste Stimme. Die größere der Gestalten schlug die Kapuze zurück und enthüllte ein perfektes männlich-schönes Gesicht. Er hatte ein kantiges Kinn und eindringliche Augen, an die sich Elayne gut aus ihrer Kindheit erinnerte - vor allem, wenn er sie bei irgendeinem Streich erwischt hatte.
    »Galad«, sagte Elayne und war überrascht über die Wärme, die sie für ihren Halbbruder empfand. Sie stand auf und streckte ihm die Hände entgegen. Den größten Teil ihrer Kindheit hatte sie damit verbracht, aus irgendeinem Grund auf ihn böse zu sein, aber es war gut, ihn am Leben und gesund zu sehen. »Wo warst du?«
    »Ich habe nach der Wahrheit gesucht«, sagte Galad und verbeugte sich elegant, aber er trat nicht auf sie zu, um ihre Hände zu ergreifen. Er richtete sich wieder auf und schaute zur Seite. »Ich fand etwas, mit dem ich nicht gerechnet habe. Wappne dich, Schwester.«
    Elayne runzelte die Stirn, als die zweite kleinere Gestalt ihre Kapuze zurückschlug. Es war ihre Mutter.
    Elayne keuchte auf. Sie war es! Dieses Gesicht, die blonden Haare. Diese Augen, die Elayne als Kind so oft gemustert und eingeschätzt und beurteilt hatten - nicht nur wie eine Mutter, die ihre Tochter einschätzte, sondern wie eine Königin, die ihre Nachfolgerin begutachtete. Elayne fühlte, wie ihr Herz heftig pochte. Ihre Mutter. Ihre Mutter lebte.
    Morgase lebte. Die Königin lebte noch.
    Morgase erwiderte Elaynes Blick, dann schaute sie seltsamerweise zu Boden. »Euer Majestät«, sagte sie und machte einen Knicks, verharrte an der Tür.
    Elayne kontrollierte ihre Gedanken, kontrollierte ihre

Weitere Kostenlose Bücher