Die Türme der Mitternacht
zu warnen, ganz besonders vorsichtig zu sein. Attentäter werden dich bald gefunden haben, und du solltest besser auf sie vorbereitet sein. Wir müssen miteinander reden. Aber ich will das nicht hier machen.«
»Wo dann?«
»Triff mich im Gasthaus Zur fröhlichen Scharm Caemlyn. Ach ja, und wenn du nichts dagegen hast, würde ich mir gern einen deiner Männer im schwarzen Mantel kurz ausleihen. Ich brauche ein Wegetor.«
»Wozu?«
»Das erkläre ich. Aber später.« Mat tippte sich an den Hut und drehte sich um, um zu dem noch immer geöffneten Tor nach Caemlyn zu laufen. »Das ist mein Ernst«, sagte er sich umdrehend und ein Stück rückwärts laufend. »Perrin, sei vorsichtig!«
Nur wenige Augenblicke später tauchte er zwischen ein paar Flüchtlingen unter und eilte durch das Tor. Wie war er bloß an Grady vorbeigekommen? Perrin schüttelte den Kopf, dann bückte er sich, um den Sack zu öffnen und den armen Maulwurf freizulassen, den Mat gefangen hatte.
KAPITEL 19
Ein Wiedersehen
D ie letzten Erinnerungen an den Traum lösten sich auf wie Honig in warmem Tee, aber Egwenes Worte blieben fest in Elaynes Bewusstsein verankert. Die Schlange ist gefallen, hatte Egwene übermittelt. Die Rückkehr deines Bruders erfolgte zur rechten Zeit.
Elayne setzte sich auf und verspürte eine ungeheure Erleichterung. Sie hatte die ganze Nacht mit dem Versuch verbracht, ausreichend Macht für ihr Traum-Ter’angreal zu lenken, aber es war sinnlos gewesen. Als sie herausgefunden hatte, dass Birgitte Gawyn fortgeschickt hatte - während sie wütend im Zimmer saß und einfach nicht dazu in der Lage war, an dem Treffen bei Egwene teilzunehmen -, war sie außer sich vor Wut gewesen.
Nun, anscheinend hatte man Mesaana besiegen können. Und was war das mit ihrem Bruder? Sie lächelte. Vielleicht hatten er und Egwene ihre Probleme ja lösen können.
Morgenlicht bahnte sich seinen Weg vorbei an den Vorhängen. Elayne lehnte sich zurück in die Kissen und spürte die mächtige Wärme, die in dem Bund mit Rand erschienen war. Beim Licht, was für ein wunderbares Gefühl. In dem Moment, in dem sie es das erste Mal gefühlt hatte, war die Wolkendecke über Andor aufgebrochen.
Seit dem Test der Drachen war ungefähr eine Woche vergangen, und sie hatte sämtliche Glockengießer in ihrem Reich zur Mitwirkung verpflichtet. Mittlerweile gab es in Caemlyn ein stetiges Geräusch zu hören, ein sich ständig wiederholendes Donnern, weil sich die Mitglieder der Bande auf den Hügeln außerhalb der Stadt an ihren Waffen übten. Bis jetzt hatte sie nur ein paar der Waffen zur Ausbildung freigegeben; die diversen Gruppen wechselten sich daran ab. Die größere Zahl wurde in einem geheimen Lagerhaus in Caemlyn sicher aufbewahrt.
Sie dachte wieder an die Traumbotschaft. Sie hungerte nach Einzelheiten. Nun, irgendwann würde Egwene vermutlich einen Boten durch ein Wegetor schicken.
Die Tür öffnete sich einen Spalt, und Melfane schaute herein. »Euer Majestät?«, fragte die kleine Frau mit dem runden Gesicht. »Ist alles in Ordnung? Ich glaubte einen Schmerzensschrei gehört zu haben.« Seit die Hebamme wieder erlaubt hatte, dass Elayne aufstand, hatte sie entschieden, in dem Vorraum von Elaynes Schlafzimmer zu schlafen, um sie im Auge zu behalten.
»Das war ein Ausdruck der Freude, Melfane. Ein Gruß an den wunderbaren Morgen, der zu uns gekommen ist.«
Melfane runzelte die Stirn. In Gegenwart dieser Frau bemühte sich Elayne fröhlich zu erscheinen, um ihr begreiflich zu machen, dass keine weitere Bettruhe erforderlich war, aber vielleicht war das Letztere etwas übertrieben gewesen. Sie konnte es sich nicht leisten, den Eindruck zu erwecken, sich zum Glücklichsein zwingen zu müssen. Selbst wenn sie es tat. Diese unerträgliche Frau.
Melfane trat ein und zog die Vorhänge zurück - Sonnenlicht war gut für eine schwangere Frau, behauptete sie. In letzter Zeit hatte ein Teil von Elaynes Behandlung darin bestanden, mit zurückgeschlagener Decke auf dem Bett zu sitzen und sich von der Frühlingssonne wärmen zu lassen. Während Melfane ihren Pflichten nachkam, verspürte Elayne ein kleines Zittern im Inneren. »Oh! Da war wieder einer. Sie treten, Melfane! Kommt und fühlt!«
»Ich kann das noch nicht fühlen, Euer Majestät. Nicht bevor sie stärker sind.« Sie begann mit der üblichen täglichen Routine. Sie hörte Elaynes Herzschlag ab, dann lauschte sie nach dem des Kindes. Melfane wollte noch immer nicht glauben, dass es Zwillinge
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