Die Tuerme des Februar - Phantastischer Roman
habe, warum. Und ich wusste, dass Februar war, geradeso wie ich weiß, dass jetzt März ist. Weshalb erinnere ich mich an diese Dinge? Weil sie der Mühe wert waren. Und trotzdem habe ich fast alles vergessen, was damit zusammenhängt. Können Sie mir den Grund sagen, Herr Davit?«
»Sag doch Jan!« (Téja sagt auch Jan zu ihm; aber komisch, ich vergesse es immer wieder.)
»Und wenn ich von so wichtigen Dingen wie den Türmen beinahe alles vergessen habe, dann kann es mir genauso gut passieren, dass ich alles von gestern und heute vergesse.«
Jan Davit sagte nichts.
Ich fragte ihn: »Wissen Sie, was MOIXA bedeutet?«
»Nein«, sagte er und sein Gesicht wirkte aufrichtig. »Nein, das weiß ich nicht.«
»Es stand in diesem Büchlein auf einer der Seiten, die der Turmwächter mir gestohlen hat.«
»Schon wieder der Turmwächter! Wie heißt er doch gleich?«
»Avla.«
Inzwischen tut es mir schon Leid. Womöglich kommt Herr Avla noch in Schwierigkeiten. Und er war doch gut zu mir.
Vielleicht hat er sie gar nicht gestohlen, sondern nur ausgeliehen!
Ich habe das Jan Davit gesagt und auch, dass ich zu den Türmen gehen will, um mir die Notizbuchseiten wiederzuholen.
Das aber hat mir Herr Davit verboten .
»Die Türme«, sagte er, »sind im Grunde genommen tabu.«
»Was heißt das?«
»Niemand aus diesem Land, ja, aus der ganzen Welt sollte dorthin gehen dürfen. Sie stehen sinnlos herum, ohne den geringsten Nutzen, und sie sind gefährlich.«
»Und weshalb?«
»Das kann ich dir nicht erzählen; daran musst du dich selbst erinnern.«
Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr!!!
Was sagten Sie gestern, Herr Davit? »Du brauchst dich an nichts zu erinnern; ohne Gedächtnis bist du besser dran als mit …«
Es hat aufgehört zu regnen und draußen bellt Téja, der Hund. Ich gehe mit ihm spazieren, aber vorher muss ich dieses Büchlein verstecken. Oder ich nehme es mit.
Später
Ich streichelte Téja über ihre langen, seidigen Ohren und sagte: »Ich will in die Dünen.«
Sie ist ein sehr, sehr kluger Hund, denn sie führte mich sofort dorthin. Die Sonne war verschwunden, Wind kam auf und ich schmeckte kleine Tropfen Salzwasser auf meinen Lippen. Aber ich wollte nicht an den Strand; ich wollte dieselben Wege gehen wie gestern.
»Zu den Türmen!«, flüsterte ich Téja zu, aber sie verstand es nicht. Oder aber sie wollte es nicht verstehen, denn sie suchte sich immer wieder andere Wege aus als ich. So kamen wir mit der Zeit immer weiter von ihnen weg und zuletzt standen wir doch am Strand.
Ich blickte eine Zeit lang auf die graue See; sie brauste und rauschte sehr laut – es schallte mir in den Ohren. Die Wellen waren hoch, die Flut begann.
Ja, die See kenne ich – schon seit langem, jedenfalls lange vor dem 30. Februar. Ich erinnere mich an sie, so wild wie jetzt, aber auch ruhig, kalt und warm, grau und blau.
Kein Schiff war zu sehen und Engelland entdeckte ich auch nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es am jenseitigen Ufer tatsächlich auch Länder gibt.
Wir gingen den Strand entlang, der immer schmaler wurde. (Ich muss eigentlich auch neue Schuhe haben.) Endlich liefen wir in die Richtung, die ich wollte, aber ich musste immer wieder auf Téja warten. Manchmal blieb sie zurück und manchmal wollte sie mit mir spielen. Aber ich hatte andere Dinge im Kopf.
Noch ein Stückchen weiter, dachte ich, und dann klettere ich irgendwo hinauf; vielleicht sehe ich sie dann.
Und als ich einen Pfad sah, der in die Dünen führte, sagte ich zu dem Hund: »Von jetzt an gehe ich meine eigenen Wege – du kannst mitkommen oder auch nicht. Ich gehe auf jeden Fall zu den Türmen, und zwar notfalls allein!«
Téja wedelte freundlich mit dem Schwanz und folgte mir wie ein ganz normaler, gehorsamer Hund. Nach einer Weile erkannte ich den Weg. Auch die Türme konnte ich sehen. Sie schienen kleiner zu sein als anfangs, aber das war sicher Einbildung. Noch einen Augenblick … und dann würde ich den Gefährlichen Pfad erreicht haben … Ich ging jetzt langsam. Würde ich noch einmal den Mut aufbringen, dorthin zu gehen? Und würde mir Téja auch da folgen?
Doch neben dem Schild mit dem Blitz darauf stand Jan Davit, der Dünenwächter; er wirkte groß und streng und mächtig, auch wenn er sein ulkiges Hütchen wieder auf dem Kopf trug.
Téja freute sich, ihn zu sehen. Hatte sie gewusst, dass er dort stehen würde?
Ich freute mich nicht.
»Ich habe dir doch gesagt«, begann er, »dass dieser Weg für dich
Weitere Kostenlose Bücher