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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Bauernbursche«, protestierte er. »Ich bin fast ein ganzes Jahr mit einer Dissibande im Höllenkessel herumgezogen.«
    »Ja, sicher«, beruhigte ihn Shrimp. »Weißt du, Tel, das ist wirklich ein völlig ehrliches Spiel, das schwör’ ich bei den gelben Locken Seiner Majestät. Aber irgendwie …«
    Ein Gong zerschnitt klirrend die Luft, und eine metallische Stimme dröhnte: »Alle neuen Rekruten melden sich im Sternenstadion. Alle neuen Rekruten …«
    »Das sind wir«, brummte Shrimp. Mit den anderen verließen er, Tel und Curly die Baracke.
    Unter den Kasernengebäuden befand sich eines, das wie eine Fieberblase in der Haut versank. Es war groß genug, unter seiner Flutlichtkuppel mit den vorgetäuschten Sternenkonstellationen, Zehntausende aufzunehmen. Jetzt jedoch war nur ein kleiner Teil davon mit unruhigen, neuen Rekruten gefüllt. Die Offiziere auf der Plattform sahen aus wie Spielzeugsoldaten. Einer räusperte sich ins Mikrophon. Während das Echo noch von den Wänden widerhallte, begann er: »Wir haben einen Feind jenseits der Barriere, wie er grauenvoller und unmenschlicher nicht sein könnte …«
    Tel saß zwischen den sechshundert neuen Soldaten und machte sich vielleicht mehr Gedanken über die Ansprache als manche und weniger als einige andere.
    Dann waren die Rekruten frei bis zum nächsten Tag, an dem sie ins Ausbildungslager gebracht würden. Tel schloß sich Shrimp und Curly an. »Wie funktioniert dieses Spiel wirklich?« fragte er, als sie über die erhöhte Straße in ihren Kasernenteil zurückmarschierten.
    Shrimp zuckte die Schultern. »Ich weiß es selbst nicht genau. Aber irgendwie haben die Affen keine Chance. Oh, es ist ein durchaus ehrliches Spiel, doch aus irgendeinem Grund setzen sie von zehnmal höchstens einmal richtig. Menschen wie du und ich dagegen haben eine faire Chance und werden mit einiger Übung immer besser. Die Riesen wiederum – da läßt man besser die Pfoten vom Spiel, wenn sie dabei sind. Kommst du nicht hinein mit uns?« Sie waren an ihrer Baracke angelangt.
    »Nein, ich will noch ein bißchen Luft schnappen und mich umsehen«, erwiderte Tel.
    Curly blickte der im Dämmerlicht verschwindenden Gestalt nach. »Shrimp, welche Farbe haben seine Augen?«
    »Grün. Ein wenig dunkler als meine.«
    »Das habe ich heute nachmittag auch gedacht. Aber den ganzen Rückweg habe ich auf sie geachtet, sie – sie sind komisch!«
    »Welche Farbe haben sie deiner Meinung nach denn?«
    »Das ist es ja«, murmelte Curly. »Sie sind nichts. Sie sind wie zwei Löcher in seinem Gesicht.«
    »Ach was. Es ist ja schon fast dunkel, du hast sie bloß nicht mehr richtig gesehen.«
    »O doch! Und ich schwöre, daß hinter seinen Lidern gar nichts war, nur Löcher!«
    »Ich glaube, die frische Luft tut dir nicht gut.« Shrimp schüttelte den Kopf. »Komm mit herein und ich spiele Zuma mit dir.«
     
    Tel spazierte durch die zunehmende Dunkelheit. Er stieg über eine Rampe hoch, die eine Spiralenstraße mit der nächsten verband, und kam über den Dächern der umliegenden Gebäude heraus, nur der Palast war höher. Als die Straße sich um den dunklen Turm wand, blieb er stehen und blickte über das Dreifachgeländer auf die niedrigeren Häuser Telphars hinab. Unten dehnte die Stadt sich bis zu der weiten Steppe aus, und die Steppe sich zu den Bergen, wo ein schwaches Leuchten von der Strahlungsbarriere ausging. Es war ihm alles vertraut. Plötzlich flammten die Lichter auf und verliehen den Schatten auf der Rampe Substanz. Jetzt sah er kaum zwanzig Meter entfernt eine Gestalt – vermutlich ebenfalls ein Rekrut. Als Tel sich ihm näherte, erkannte er den Waldwächter.
    »Siehst du dich auch ein wenig um?« fragte Ptorn als Begrüßung. Tel stellte sich neben ihn an das Geländer. Ein Windstoß blies ihre Ärmel zurück und zerrte an ihren offenen Kragen. Nach kurzem Schweigen fragte Tel: »Sag, wie hast du das mit dem Zuma gemacht?«
    »Du würdest es nicht verstehen.«
    »Doch. Du wirst schon sehen, wenn du es mir verrätst.«
    Ptorn stützte sich seitwärts gegen das Geländer und blickte Tel an. »Wenn du es wirklich wissen willst, dann versuche das zu verstehen: Angenommen, du bist in Toron auf einem Bürgersteig, und einer der großen Lastwagen fährt die Straße hinunter. Und angenommen, er hält etwa ein Viertel der Strecke vor dem Ende des Häuserblocks. Was geschieht?«
    »Er hält an?«
    »Nun, nicht direkt. Sagen wir, er stellt den Motor ab.«
    »Dann rollt er weiter.«
    »Wie

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