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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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verschwanden und einander aus den Augen verloren; oder wie ich in der Dunkelheit kurz neben dem Rubin herlief und auf meine Energieklinge drückte; wie er taumelte und schrie, und der Rubin des Hasses aus seinen Augen funkelte; wie er schrie, ehe er vornüber auf den weichen Moosboden stürzte; oder wie der Vierschrötige schrie und schrie und das Quecksilber sich verflüchtigte, während das Eisen heiß und zur Angst geschmolzen durch seine Adern floß; oder wie wir die Leiche der beiden im Morgengrauen ins Lager zurückschleiften und sie im Schlamm vor den Gefangenenbaracken liegen ließen. Nein, all das gehört schon nicht mehr wirklich zu der Geschichte der Flucht.«
    Sie hatten die Kaserne fast erreicht, als Tel leise fragte: »Weshalb hast du mir das erzählt?«
    Ptorn lächelte. »Wir brachten nur zwei Leichen zurück. Der dritte Bursche, der jüngste verlief sich in die Strahlungsfelder, wohin wir ihm nicht folgen konnten. Die Strahlung hätte ihn eigentlich töten müssen. Aber sie tat es nicht. Ihm gelang die Flucht. Du sprachst von einem entflohenen Gefangenen. In den vergangenen sechzehn Jahren gelang nur einem die Flucht. Dann weißt du auch über die Telepathen Bescheid. Und außerdem hast du merkwürdige Augen, weißt du das?«
    Tel blinzelte.
    »Ich bin kein Telepath«, fuhr Ptorn fort. »Aber jeder Waldwächter hätte dir diese Geschichte erzählt, wenn du zu ihm gesagt hättest, was du mir gegenüber erwähnt hast. Wir vertrauen einander viel mehr an als ihr Menschen euch. Wir – sehen die Dinge ein wenig klarer.«
    »Aber ich verstehe immer noch nicht …«
    »Hör zu. Wir kommen morgen zur Grundausbildung. In sechs Wochen stehen wir dem Feind gegenüber. Bis dahin, Freund, versuche, dich aus Zufallsspielen herauszuhalten. Sie sind vielleicht gar nicht so zufällig wie du glaubst. Und halte deinen Mund, ja?«
    Sie betraten die Kaserne.
     

 
3.
     
    Die Inselstadt Toron ist in konzentrischen Ringen erbaut. Im Zentrum, an Straßen mit Grünflächen, liegen der Königspalast und die hohen Prunkhäuser der reichen Kaufleute und Industriellen. Die Gebäude starren einander mit großen Fenstern an, von denen viele aus mehreren Schichten farbigen Glases bestehen. Messing- oder Marmorbalkone ragen aus den oberen Stockwerken. Menschen in bunten Gewändern wandeln gemächlich durch diese Straßen.
    Der äußere Ring ist die Hafengegend mit den Piers, Werften, den städtischen Gebäuden und Lagerschuppen. Ein Teil davon ist das Gebiet, das als Höllenkessel bekannt ist – ein Wirrwarr von engen Straßen und Gassen, wo graue Katzen Ratten über umgeworfene Mülltonnen jagen. Hier wohnen die Arbeiter Torons und die Unterweltler, von denen viele den umherziehenden Dissibanden angehören.
    Zwischen den inneren und äußeren Ringen befindet sich eine Gegend mit eintönigen Wohnhäusern, Pensionen und sogar einigen besseren Apartments für Büroangestellte, Handwerker, Verkaufspersonal und auch Ärzte, Ingenieure, Anwälte und Manager. Hier wohnen die, die hart genug gearbeitet hatten, um sich aus dem Höllenkessel lösen zu können, und die, die zu schwach waren, sich im inneren Ring zu halten.
    In einem Zweizimmerapartment eines dieser Häuser lag eine Frau mit geschlossenen Augen auf dem Rücken, die Finger in die Bettdecke verkrampft.
    Sie biß die Lippen zusammen, und ihre Lider klappten zurück wie die Augen einer Puppe. An ihrer Wohnungstür hing ein Schild, dessen schwarze Lettern auf gelbem Metall den Namen Clea Rahsok bildeten. Rahsok war ihr echter Name rückwärts geschrieben. Auf ihren Vorschlag hin hatte ihr Vater eine Tochtergesellschaft, die Kühlmaschinen herstellte, »Rahsok« genannt. Nun benutzte sie diesen Tarnnamen selbst. Bis vor drei Jahren hatte sie im Haus ihres Vaters gelebt und war zur Universität gegangen. Doch dann machte sie drei Entdeckungen.
    Jetzt lebte sie allein und tat nicht viel mehr, als spazierenzugehen, zu lesen, in ihr Notizbuch zu kritzeln, auf dem Rücken zu liegen und die Zähne zusammenzubeißen, um nicht laut zu schreien.
    Das erste, das Clea entdeckt hatte, war, daß jemand, den sie mit schmerzhafter Leidenschaft liebte (jemand mit kurzem rotem Haar, kompakter, stierhafter Statur, einem plötzlichen Grinsen und einem tiefen innerlichen Lachen), tot war.
    Das zweite, das sie entdeckt hatte, waren die subtrigonometrischen Umkehrfunktionen und ihre Anwendung bei willkürlichen Raumkoordinaten. Das Ergebnis war eine schriftliche Arbeit, die sie der Universität und

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