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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Vögelchen mit den hübschen Titten stand an Spences Seite. Sie hatte den ganzen Abend kein Wort gesprochen, selbst beim Abendessen nicht. Roth wusste das, weil er sie und Spence an ihrem privaten Tisch beobachtet hatte. Roth wog seine Chancen ab, sie mit seiner üblichen Masche herumzukriegen. Sie würde eine schicke Feder an seinem Hut abgeben.
    Spence plapperte etwas über die moralischen Gebote, die in
Der große Gatsby
verschlüsselt waren. Die Menge nickte zustimmend, ab und zu wagte es jemand, etwas zu murmeln. Roth hielt den Moment für gekommen, sich bemerkbar zu machen. »Mr. Spence, hat nicht ein Herausgeber angeblich einmal gesagt: ›Fitzgerald, werden Sie diesen Gatsby-Clown los und Sie haben ein gutes Buch‹?«
    Alle Augen richteten sich auf Roth und dann wieder auf Spence. Der Schriftsteller schaute Roth an, als ob er den Abstand zu einem Gegner einschätzte. Dann lächelte er. »Sehr zweifelhaft. Obwohl das Zitat einen Funken Wahrscheinlichkeit in sich trägt. Sir William Roth, nicht wahr?”
    »Ja, es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, guter Mann«, erwiderte Roth und streckte die Hand aus. Ein freudiges Kribbeln durchfuhr ihn, als bei diesem Treffen der Götter ein Raunen durch das »niedere Volk« ging.
    Mit einem Zug leerte Spence sein Glas und reichte es seiner wohlgeformten Begleitung. »Und was halten Sie von meiner Analyse von Gatsby?«
    »Brilliant. Und ich stimme Ihnen voll und ganz zu: Wolfes Buch ist absoluter Mist.« Aus den Augenwinkeln betrachtete Roth die schimmernde Rückseite des Mädchens, während sie hinüber zur Bar ging.
    Spence wandte sich von seinen Bewunderern ab und ging in Angriffsposition. Der Fotograf drängte Spence in eine Ecke des Zimmers. Die Menschentraube verstand das Signal und teilte sich in kleinere Gruppen auf, einige gingen nach draußen zum Rauchen, andere ließen sich die Gläser wieder füllen.
    »Was führt Sie auf Korban Manor, Mr. Roth?«
    Roth ließ sein Glas zwischen seinen Händen hin und her rollen. »Geschäfte, Sir. Bei mir geht’s immer ums Geschäft.«
    »Was Sie nicht sagen. Das ist genau das, was die Welt braucht: Noch vierhundert Aufnahmen von Korban Manor. Oder wurden Sie für Werbeaufnahmen engagiert?«
    »Ich arbeite freiberuflich.«
    »Hmm. Auch ich bin zum Arbeiten hier, ob Sie es glauben oder nicht.«
    Roth wusste, dass Spence seit Jahren keinen Roman mehr herausgebracht hatte. Er hatte sich polternd durch ein paar Stellungnahmen und Essays ins Gespräch gebracht und ein vernichtendes Vorwort für
The New Southern Voices Collection
geschrieben, das einige der Autoren, die an dem Sammelband mitgewirkt hatten, mit hoher Wahrscheinlichkeit in Tränen hatte ausbrechen lassen. Die Kritiker hatten ihn aufgegeben. Er war wie ein gestrandeter Wal: Es machte Spaß, ihn zu pieksen, solange er noch blutete, doch nachdem nur noch eine aufgedunsene, geschwätzige Hülle übrig geblieben war, mied man ihn.
    »Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Ort für ein Genie wie Sie eine sehr inspirierende Wirkung hat«, sagte Roth und gab sich dabei wenig Mühe, seinen Hohn zu verbergen.
    Spence ließ sich nicht ködern. Wahrscheinlich hatte er zu viele Pressemitteilungen seines Herausgebers gelesen, in denen ein bevorstehendes Meisterwerk angekündigt wurde. »Hier wird mein Meisterwerk entstehen, Mr. Roth. Für das ich den Nobelpreis für Literatur erhalten werde. Es ist wirklich an der Zeit, dass ein Amerikaner das gute Stück nach Hause holt – nichts gegen Sie.«
    Roth hielt eine Hand nach oben, als würde er sich ergeben. Sogar Spence war auf seinen britischen Akzent hereingefallen, ein Mann, der sich selbst in der Beobachtung menschlichen Verhaltens geschult hatte. Spences Freundin kam zurück. Sie reichte dem Schriftsteller seinen Drink und zog sich gleich darauf pflichtbewusst wieder in seinen Schatten zurück.
    Roth lächelte sie an und begann dann mit der mühseligen Aufgabe, das Vertrauen von Spence zu gewinnen.

12. KAPITEL
    E ine Geister jagende Traumtänzerin
.
    Anna folgte dem gelben Lichtkegel der Taschenlampe, als hätte sie keinen eigenen Willen. Sie fand sich auf einem ansteigenden Waldweg wieder, der in einen von Lorbeerbäumen zugewachsenen, schmalen Trampelpfad überging. Die wachsartigen Blätter streiften an Gesicht und Händen entlang. Grillen und Laubheuschrecken zirpten in der Dunkelheit des schwarzen Waldes ihre Melodien.
    Du läufst und läufst und kommst doch nicht hinterher. Du streckst die Hände aus und sie laufen

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