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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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kommen?«
    »Natürlich gleich …!«, rief sie spontan.
    »Oh …!« Er schluckte. »Du überraschst mich! Das ist mehr als ich erwartet habe. Danke, vielen Dank mein Liebes – ich komme!« Lena presste erregt beide Hände gegen die Brust. Sie versuchte sich zu konzentrieren, doch in ihrem Kopf hämmerte es: er ist gleich da! Er wird gleich vor dir stehen!
    Sie rannte ins Schlafzimmer, riss sich die gewöhnlichen Alltagskleider vom Leib und nahm das weiße Leinenkleid aus dem Schrank, das er besonders mochte.
    Ein letzter prüfender Blick noch, ob auch die Haare richtig saßen und der Lidstrich nicht verwischt war, flüsterte sie voller Überzeugung: »So, Knut, jetzt kannst du getrost kommen!« Doch da fielen ihr die hektisch geröteten Wangen auf; ein schneller Griff zur Puderquaste und schon war die Sache so einigermaßen repariert.
    Sie horchte angespannt, aber nur das langgezogene Quietschen der um die steile Kurve fahrenden Straßenbahn war zu hören. Knut aber würde mit Sicherheit ein Taxi nehmen. Immer wieder eilte sie in hektischer Betriebsamkeit von einem Zimmer ins andere, obwohl sie längst wusste, dass alles in bester Ordnung war. Und immer wieder blickte sie zur stilvollen Standuhr hinüber, übrigens ein Erbstück ihrer Großmutter, deren goldenes Pendel in aufreizender Gleichmäßigkeit und in direkt pedantischer Langsamkeit, ihrer Unruhe zum Trotz, gelassen hin und her pendelte. Dann ging sie zum Fenster, zog die zarten weißen Raffgardinen zurück und lehnte sich weit hinaus. Eben bog eines der üblichen beigefarbenen Taxis von der Hauptstraße ab – jawohl, dachte sie in steigernder Aufgeregtheit, das musste er sein. Obwohl eine gewaltige innere Unruhe sie vorwärtstrieb, blieb sie dennoch stehen – sie wollte es genau wissen. O ja, er war es, jetzt erkannte sie ihn – er war es! Gleich würde er an der Haustür läuten …
    Sie stand schon am elektronischen Türöffner parat. Da, jetzt klingelte es, und schon betätigte ihr bebender Finger den Knopf neben der Korridortür. Sie hörte wie die Haustür zuklappte und wie seine raschen Schritte sich näherten.
    Nun stand er mit einem überdimensionalen bunten Sommerstrauß vor ihr und drückte sie in freudiger Aufwallung, herzlich an sich.
    »Komm erst einmal herein«, sagte Lena und sah sich etwas verlegen im Haus um.
    »Du hast doch nicht etwa Angst um deinen Ruf?«, lachte Knut.
    »Das zwar nicht, aber es gibt hier im Haus einige einschlägige Tratschtanten, denen nichts heilig ist - aber auch gar nichts.«
    Erst als sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, begrüßte sie ihn in ungewöhnlicher Leidenschaft. Was ihn offensichtlich in größtes Staunen versetzte, denn er musterte sie mit sonderbaren, wenn nicht gar argwöhnischen Blicken.
    »Du traust mir wohl nicht? Oder weshalb siehst du mich so ungläubig an? – Ich bin es wirklich, du kannst dich nach Herzenslust davon überzeugen.« Und schmiegte sich mit einer fast kindlichen Offenheit in seine Arme.
    »Wirklich …? Ist das wahr …?«, fragte er in ihr heißes Gesicht hinein. Anscheinend immer noch gefasst darauf, dass sie sich ihm jeden Augenblick entziehen könnte. Doch sie tat es nicht. Im Gegenteil, sie küsste ihn, wie sie ihn noch nie vorher geküsst hatte.
    Viel später dann, als ihr Pulsschlag den ruhigen Gleichklang der gegenüberstehenden Pendeluhr angenommen hatte, sagte Knut mit seiner ruhigen Stimme: »Nun bin ich doch froh nicht angerufen zu haben.«
    Lena stutzte einen Augenblick, dann sagte sie mit gespielter Empörung: »Dann hast du es also aus diesen Grund nicht getan? Und ich, so hoffnungslos verliebt wie ich bin, falle auch noch prompt darauf herein!« Und noch ehe er sie zurückhalten konnte, befreite sie sich aus seinen Armen und verließ das Zimmer. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Wenn du das Bad suchst, das ist rechts, gleich neben der Küche. Ich mache uns inzwischen etwas zu essen, denn du hast bestimmt genau so einen Hunger wie ich, vermute ich.«
    »Ja, hab ich«, bekannte er.
    Doch kaum hatte Lena die Küche betreten, läutete es erneut an der Tür. Wer konnte das nur sein? Doch nicht etwa Ruth, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie rannte zum Fenster – jawohl, es war Ruth. Einen Augenblick stand sie noch unschlüssig herum, dann aber schellte es erneut; sie musste aufmachen, was sonst.
    »Ich dachte schon, du bist nicht zu Hause, weil das so lang gedauert hat«, sagte Ruth leicht ungeduldig.
    »Nein, nein, ich konnte nur nicht gleich weg –

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