Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
Vom Netzwerk:
ich war in der Küche.« Wenigstens das stimmte, dachte Lena unwillig.
    »Hast du etwa Besuch?«, fragte Ruth mit suchenden Blick.
    Lena nickte. »Ja.«
    »Oh, dann will ich nicht länger stören – ich konnte das ja nicht wissen.«
    »Ich auch nicht«, erwiderte Lena.
    In diesen Moment kam Knut aus dem Bad zurück.
    Da konnte Lena nicht anders, sie musste die beiden miteinander bekannt machen. »Das ist meine Freundin Ruth – Herr Björnson, ein guter Bekannter«, stellte Lena leicht verlegen vor.
    Knut streckte Ruth lächelnd die Hand entgegen und sie tauschten die üblichen, höflichen Floskeln aus.
    »Ich nehme an«, sagte Knut, »das Lena bereits von mir erzählt hat, so dass ich nicht mehr so ganz unbekannt für Sie bin«, sagte Knut mit galanten Kopfnicken.
    »Nicht dass ich wüsste«, platzte Ruth sogleich verwundert heraus.
    Lena schluckte etwas erschrocken und sagte schulterzuckend: »Dafür hat sich noch keine Gelegenheit ergeben.«
    »Aha«, machte Knut und warf Lena einen vielsagenden Blick zu, der ihr die Röte in die Wangen trieb. Sie fuhr sich, wie immer wenn sie nervös war, mehrmals mit den Fingerkuppen über das Kinn. Dann aber holte sie tief Luft und sagte mit süßsauren Lächeln zu Ruth gewandt: »Eigentlich wollte ich dich damit überraschen – nun, so erfährst du es halt jetzt.«
    Natürlich hatte Ruth längst bemerkt, dass sich Lena in einer nicht besonders erquicklichen Situation befand, was sie mit einer tiefen Genugtuung erfüllte. Sie konnte sich zwar überhaupt keinen Reim auf diese verzwickte Angelegenheit machen, aber die Gewissheit, das Lena ihr doch etwas aus dem Urlaub verheimlicht hatte, erfüllte sie nun mit einer diebischen Schadenfreude. Es tat ihr ordentlich gut, die allzu selbstsichere Lena derart verunsichert zu sehen. Daher sagte sie auch mit einer allzu betonten Herzlichkeit: »Wie freue ich mich, dass du nun endlich deine gar zu absurde Männerfeindlichkeit abgelegt hast – wirklich, Lena, das freut mich über alle Maßen.«
    Bei diesen Worten war es Knut deutlich anzusehen, dass er große Mühe damit hatte, nicht laut loszulachen. Er sah geflissentlich zur Seite, um Lena nicht ansehen zu müssen.
    »Was redest du denn da für einen Unsinn, Ruth! Ich und männerfeindlich …«
    »Nun, wenn nicht mehr, dann umso besser – es sollte mich freuen«, antwortete Ruth gelassen.
    Lena stand hastig auf, was in gewisser Weise einer Flucht ähnelte. »Ihr müsst mich einen Augenblick entschuldigen, ich muss mich erst einmal um das Abendbrot kümmern.«
    »Kann ich dir dabei behilflich sein?«, erkundigte sich Ruth.
    »Nein, ist nicht nötig, ich bin gleich fertig«, erwiderte Lena und begab sich rasch in die Küche. Sie ging zum Fenster und atmete die frische Abendluft ein. Wie froh war sie, wenigstens für einige Minuten allein sein zu können, um möglichst für etwas mehr Ordnung in ihrem Kopf zu sorgen. Auch wenn sie innerlich mit sich haderte, weil sie sich derart aus der Fassung hat bringen lassen, musste sie sich dennoch eingestehen, dass sie nicht ganz schuldlos daran war. Trotzdem, lehnte sich alles in ihr dagegen auf; sie war niemanden, aber auch gar niemanden, irgendeine Rechenschaft schuldig – und Ruth am aller wenigsten. Außerdem wollte sie es ihr ja sagen. Sie hielt plötzlich inne und lauschte, aus dem Wohnzimmer drang heiteres Lachen zu ihr herüber. Die müssen sich ja glänzend unterhalten, durchfuhr es sie wie mit lauter kleinen Nadelspitzen. Doch im gleichen Moment tauchte die mahnende Frage auf; hätte sie sich nicht vielmehr über das offenbar gute Einvernehmen der beiden freuen müssen? Aber irgendetwas wehrte sich in ihr dagegen.
    Gleich darauf betrat Ruth mit lachenden Gesicht die Küche, legte impulsiv den Arm um Lenas Taille und raunte ihr leise zu: »Mensch, Lena, du hast wirklich mehr Glück als Verstand!«
    »So …?«
    »Nicht, so …?«, ereiferte sich Ruth. »Es ist mein voller Ernst, dieser Mann ist eine Wucht!«
    »Gott, Ruth, du sprichst wie ein Teenager.«
    »Na und? Oder wäre dir ›ein Traummann‹ lieber?«
    »Ich würde sagen, beides klingt ziemlich bescheuert. Hier«, reichte sie Ruth das Tablett hin, »das kannst du schon mal hinüberbringen.«
    Knut beäugte abwechselnd Lena und Ruth mit sichtbaren Wohlgefallen, als würde es ihm äußerst schwerfallen sich für eine von beiden zu entscheiden. Doch so viel stand bereits jetzt für ihn fest, Lena hatte mehr Klasse und Ruth mehr hausfraulichen Instinkt. Beides zusammengenommen,

Weitere Kostenlose Bücher