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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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ihn zu tiefst bedauert.«
    »Aha, und warum?«, wollte Lena wissen.
    »Weil er eine beneidenswert gute und vor allem sichere Stelle aufgeben wollte. Ich konnte das einfach nicht verstehen – vielleicht bis heute nicht. Aber er war direkt besessen davon, die notwendig gewordenen Verwaltungsstrukturen mit aufbauen zu helfen.«
    »Und, hat er es getan?«
    »Ja natürlich! Er stürzte sich mit einem wahren Feuereifer in dieses, wie er sagte, pionierhafte Abenteuer. Es störte ihn auch nicht, dass er seine Familie nur noch gelegentlich zu Gesicht bekam. Sogar sein Haus, das mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten heutigen Ansprüchen ausgestattet ist, tauschte er ohne zu zögern gegen eine lumpige, für unsere Begriffe ziemlich verkommene, kleine Altstadtwohnung ein. Das Büro am ganz anderen Ende des Ortes, verfügte noch nicht einmal über einen vernünftigen Telefonanschluss. Er hat sage und schreibe mit den primitivsten, vollkommen veralteten Hilfsmitteln auskommen müssen. – Und wie hat er geschwärmt, wenn ihm eine für aussichtslos erklärte Sache dennoch gelungen war. Außerdem lobte er in direkt überschwänglicher Weise, den riesigen Arbeitswillen, und vor allem die enorme Kreativität dieser Leute.« Er lachte leise vor sich hin. »Ja, ja, Gerd, eben dieser Verwandte, scheint zu dieser Art Mensch zu gehören, die ich eigentlich für ausgestorben hielt.«
    »Wieso hatte, arbeitet er denn jetzt nicht mehr dort?«, erkundigte sich Lena.
    »Doch, doch, aber angeblich nur noch für kurze Zeit.« Er machte eine abweisende Handbewegung. »Wer’s glaubt wird selig! Denn nicht er plädierte für seine Rückkehr, sondern seine Familie, die sich gegen diese dauernde Trennung auflehnte.«
    »Wohl auch zu recht«, bemerkte seine Frau mit schroffer Geste. Womit sie damit auch ganz offenkundig ihre persönliche Meinung zu diesem Thema zum Ausdruck brachte. Denn bisher hielt sie sich eher bedeckt.
    »Ist schon gut, mein Liebes«, streichelte der Mann begütigend ihre Hand. »Ich weiß ja, du fühlst als Frau, als Mutter …« Er seufzte schwach. »Das aber kann nicht in jeden Fall der Maßstab aller Dinge sein.«
    »Ich weiß – ich weiß …«, bemerkte die Frau mit abfälligen Augenaufschlag.
    »Was ich nur noch dazu sagen möchte«, nahm der Mann das Gespräch wieder auf. »Die wirtschaftlichen Probleme im Osten, das zumindest ist meine Meinung, werden ganz beträchtliche zunehmen.«
    »Wieso denn das? Ich denke die Wachstumsraten sind gerade da erfreulich hoch?«, erwiderte Knut verwundert.
    »Natürlich, vom Nullpunkt angefangen, entspricht das einer gewaltigen Steigerung, nicht aber was die Rentabilität und Effektivität betrifft. Eher ein Aufschwung auf sehr wackeligen Beinen. Wir werden es erleben, spätestens in ein bis zwei Jahren, werden die hohen Kredite, und besonders die zu schmale Eigenkapitaldecke, die neugegründeten Firmen reihenweise in den Ruin treiben.«
    »Und die Fördermittel, was ist damit?«, fragte Knut.
    »O ja, die Fördermittel«, lachte der Mann spöttisch auf, »die wurden vielfach, wie sich jetzt bereits herausstellt, aus gesetzlichen Zeitdruck heraus, uneffektiv, teilweise sogar falsch eingesetzt.«
    »Oder aber die Stammwerke in den alten Bundesländern damit saniert«, warf Lena ein.
    Der Mann lächelte mit verkniffenen Mundwinkeln.
    »Wenn wir schon den wirtschaftlichen Teil erörtern«, sagte Lena, »dann darf vor allem dieses grauenhafteste aller Gesetze, ›Rückgabe vor Entschädigung‹, nicht ungenannt bleiben. Denn genau dieses Gesetz wird es sein, welches sich verstärkt, besonders in weiterer Zukunft, als größtes Hemmnis für geplante Investitionen erweisen wird.«
    »Nein, Lena, dem kann ich nun überhaupt nicht zustimmen«, monierte Knut.
    »Aha«, schmunzelte Lena, »dann steht dir wohl auch etwas davon zu, oder wie soll ich das sonst verstehen?«
    »Quatsch, natürlich nicht! Aber Recht, bleibt Recht.«
    Mit einer unmissverständlichen Handbewegung gebot der Mann ihm gegenüber, innezuhalten. Er stemmte beide Ellbogen auf den Tisch auf und sah bald Lena und bald Knut gelassenen Blickes an. »Dieses Gesetz, liebe Frau, fürchte ich, wurde höchstwahrscheinlich aus ganz anderen Gründen und Motiven verfasst, als allgemein angenommen wird – mehr wohl aus einer angeblich offenen Rechnung der Nachkriegszeit heraus – sozusagen der Reparationen.«
    »O ha, ist das nicht ein bisschen zu weit hergeholt?«, erwiderte Knut.
    »Jetzt reicht es aber, sonst gehe ich!«, beklagte

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