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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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freuen – mehr aber nicht.«
    »Gott, Lena, wie kannst du nur so reden! Ich weiß es doch, habe es selbst erlebt, wie wunderbar einfühlsam und hingebungsvoll du sein kannst. Nein, und nochmals nein, du bist nicht die, die du zu sein vorgibst – glaube mir, du verrennst dich da in etwas, was dir einmal sehr leidtun könnte. Aber wir werden ja sehen …«
    Sie musterte ihn misstrauisch mit zusammengezogenen Augenbrauen. »Was soll das nun schon wieder heißen?«
    »So genau weiß ich das zwar auch noch nicht – aber warten wir’s ab«, lächelte er zuversichtlich. »Und nun sprechen wir von etwas anderem, denn es ist unser letzter Tag auf dieser begnadet schönen Insel.«
    »Wie schön«, jubelte Lena, »dein erstes vernünftiges Wort heute!«
    »Das erste …?«
    Sie wich seinem tiefenttäuschten fragenden Blick aus, und vermied es tunlichst ihn zu nahe zu treten. Obwohl gerade das sie am meisten quälte. Wie gern hätte sie sich, wie in den vorangegangenen Tagen, bei ihm untergehakt, seine Nähe gespürt. Sie seufzte verstohlen und dachte, wie angenehm das doch war … Nicht nur, dass sie für Stunden ein längst vergessenes warmes Glücksgefühl durchströmte, sie fühlte sich auch wunderbar geborgen, rundum beschützt und umsorgt. Nun aber wurde diese Nähe plötzlich von lauter argwöhnischen Zweifel, negativen Erfahrungen und den üblichen peinigenden Einflüssen zerstört – oder treffender formuliert, von ihr selbst zerstört. Dabei hatte sie sich fast schon wieder an das Wohlbehagen der erwachenden Sinnlichkeit gewöhnt. Zumal die augenfällige Schönheit der Insel, die sinnlichen Gefühle geradezu heraufbeschwor.
    Plötzlich aber hörte sie Knut neben sich fragen: »Wolltest du nicht noch einmal nach ›Sant Angelo‹ fahren?«
    »Ja, schon. – Das du das noch weißt?«
    Knut lächelte und sah an ihr vorbei.
    »Komm, schnell, da kommt gerade ein Bus!«, fasste sie ihn am Arm an.
    Und wie immer, das gleiche Bild, der Bus war berstend voll. Und obwohl zu beiden Seiten sämtliche Fenster zurückgeschoben waren, staute sich die von reichlicher Schweißausdünstung angereicherte heiße Luft, wie eine undurchdringliche, beklemmende Wand. Und immer wenn Lena den Blick geradeaus zu richten versuchte, musste sie in das krebsrot aufgedunstete Gesicht, der vor ihr stehenden Frau sehen. Die noch dazu unentwegt damit beschäftigt war, sich mit der freien Hand die Schweißperlen vom Gesicht zu wischen, wobei sie aber völlig zu übersehen schien, dass sie mit ihren rudernden Bewegungen die Leute nicht nur pausenlos anrempelte, sondern auch die penetrante Geruchsbildung von Schweiß und Parfüm beträchtlich vermehren half. Außerdem bohrte sich ihr bei jeder Kurve ein kantiger Gegenstand in den Rücken, sowie eine über die Schulter getragene, sperrige Korbtasche, die ständig an ihrem Arm entlangschlürfte. So war es wohl auch nicht weiter verwunderlich, dass sie beim Aussteigen leidlich heiter sagte: »So gut das mit der unkomplizierten Fahrerei auch gedacht sein mag – so belastend ist sie aber auch.«
    »Wir sind das nur nicht mehr gewöhnt, weil unsere öffentlichen Verkehrsmittel, außer in den Ballungsgebieten, kaum noch genutzt werden. Oder ist das bei euch etwa anders?«
    »Nein, überhaupt nicht, denn seit die Fahrpreise ständig steigen, wird auch bei uns überwiegend das eigene Fahrzeug genutzt. Obwohl das früher, zu DDR-Zeiten, ganz anders war. O ja, besonders im Winter, da waren die Busse fast genau so voll wie hier. Und warum, weil es total billig war – natürlich subventioniert.«
    »Siehst du«, lachte Knut. Er überlegte einen Moment, wobei er sie übertrieben aufmerksam ansah. »Mir ist gerade aufgefallen, dass ich von dir eigentlich so gut wie nichts weiß – du dagegen von mir eine ganze Menge.«
    »Soo …?«, erwiderte Lena gedehnt. »Das kann nicht ganz stimmen, denn was es zu sagen gibt, habe ich gesagt – mehr ist beim besten Willen nicht zu sagen. Du scheinst vergessen zu haben, dass ich schon sehr früh geheiratet und Kinder bekommen habe. So ein Leben hat nun mal nicht viel zu bieten.«
    »Nun, ich denke du bist während dieser Zeit auch arbeiten gegangen?«
    »Natürlich, bei uns haben schließlich alle Frauen mitgearbeitet. Das muss aber längst nicht heißen, dass das Leben dadurch aufregender oder gar interessanter geworden wäre. Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, der normale Trott zwischen Haushalt und Arbeit war umso größer. Wenigstens habe ich das so empfunden. Denn

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