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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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persönliche Interessen blieben draußen vor. Allein schon der Gedanke daran galt als pure Zeitverschwendung – da der Tag sowieso nie ausreichte. Mein Mann hingegen, betrachtete die persönlichen Freiräume als notwendigen Ausgleich zum täglichen Einerlei. So war es für ihn auch ganz selbstverständlich, dass er regelmäßig seinen Skat- und Kegelabend und weitere ehrenamtliche Tätigkeiten wahrnahm. Komisch ist nur, dass mir dieser Unterschied erst sehr viel später aufgefallen ist; erst nachdem die Kinder ihre Selbstständigkeit erlangt hatten, und ich plötzlich anfing über mein bisheriges Leben nachzudenken. – Du musst das nicht falsch verstehen, ich habe nicht etwa unter diesen Leben gelitten, o nein, auf gar keinen Fall. Warum auch, es war schließlich ein ganz normales Leben, das alle lebten – wenigsten die, die ich kannte. Und ich bin mir fast sicher, dass diese Unterschiede kaum jemanden wirklich bewusst geworden sind. Möglicherweise auch nur aus dem einen Grund, weil jedermann vollauf mit sich und seinem eingeschränkten Umfeld beschäftigt war. Denn das Leben an sich, bewegte sich mehr oder weniger auf ein und derselben Ebene, so dass sich der jetzt allgemein übliche Konkurrenzkampf eher in Form: Eine Hand wäscht die andere, abspielte. Mit einem Wort; ein stinknormales Leben … Als ich mich dann allmählich gegen die fast schon traditionelle Normalität aufzulehnen begann, vorerst noch völlig unbewusst, das versteht sich von selbst, war das Ende unserer Ehe bereits vorprogrammiert. Sozusagen nach dem Motto: Das war’s …!«
    Knut, der ohne zu unterbrechen zugehört hatte, nahm ihre Hand in die seine und streichelte sie behutsam. »Meine liebe, liebe Lena, natürlich weiß ich was du damit sagen willst – was aber hat das alles mit uns zu tun? Die Zeiten haben sich schließlich geändert – besonders wohl für dich. Glaube mir, diese Lebenseinschränkungen, so wie du sie kennengelernt hast, gibt es für dich nicht mehr – nie mehr, verstehst du! Überhaupt, was tust du eigentlich jetzt? Denn wie du mir selbst gesagt hast, gehst du keiner Arbeit mehr nach?«
    »Nun, das muss aber nicht heißen, dass ich den ganzen Tag nichts tue.« Sie bückte sich, zog ihre Sandaletten aus und stieg mit geschürzten Rock über die glitschig grünen Felssteine, um sich auf einem halbwegs trockenen Felsbrocken niederzulassen, und die Füße ins Wasser baumeln zu lassen. »Das Wasser ist wunderbar erfrischend!«, rief sie über die Schultern hinweg. »Hier, neben mir ist noch genügend Platz«, sagte sie nach rückwärts gewandt.
    Er lachte lautlos und folgte ihr mit hochgekrempelten Hosenbeinen.
    Eine Weile sahen sie schweigend in das durch Algenablagerungen grünlich schimmernde Wasser. Weit draußen vermischte sich fast nahtlos der milchig weiße Horizont mit dem Meer. Ein kleines, mit etlichen Leuten besetztes Motorboot legte schaukelnd am Ende des Bootssteges an. Und kaum dass die neuen Fahrgäste Platz genommen hatten, steuerte es auch schon mit knatternden Motor und weißen Schaumstreifen am Heck, auf das gegenüberliegende Ufer zu.
    »Nun zurück zu deiner Frage von vorhin«, sagte Lena.
    »Ach, - und ich dachte schon, du hättest sie absichtlich vergessen.«
    »Warum sollte ich? Ich habe nichts zu verbergen. Es ist nur so, dass es mir sehr schwerfällt dir das plausibel zu erklären. Denn ich habe damals, nach meiner Scheidung, ein völlig neues Leben begonnen - und zwar ganz alleine. Ich wollte weder die Kinder um mich haben, noch die gutgemeinten Ratschläge von lieben Bekannten und Verwandten hören. Damals stand ich ja noch in Arbeit, also keine solch unbegrenzte Freiheit, wie jetzt zum Beispiel. Kurz und gut, ich stürzte mich wie eine Verhungernde auf alles was ich meinte versäumt zu haben. Vor allem mein liebstes und für mich wertvollstes Hobby, der asiatische Scherenschnitt …«
    »Was ist das denn? Das habe ich ja noch nie gehört«, unterbrach er sie.
    »Nun, was ein Scherenschnitt ist, weißt du ja hoffentlich, nicht wahr?«
    Er nickte.
    »Aber wie du dir bereits denken kannst, handelte es sich hierbei um einen besonderen Scherenschnitt. Eine, das kann man ohne Übertreibung sagen, hochwertige, künstlerische Arbeit. Natürlich in Verbindung mit der typisch asiatischen, hauchfeinen zierlichen Zeichen- und Malkunst.«
    »Wie um alles in der Welt kommst du an solch eine Ausgefallenheit?«
    »Durch eine Halbasiatin, die nach dem Krieg als Flüchtling bei uns einquartiert wurde. Sie lebte

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