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Die Ueberlebende

Die Ueberlebende

Titel: Die Ueberlebende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kishwar Desai
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das letzte Mal gesehen habe.«
    In seiner Stimme schwang so viel Verbitterung mit, dass ich unwillkürlich meine Hand auf die seine legte. Der Mann war immer für eine Überraschung gut. Er ergriff meine Hand und drückte zärtlich meine Finger. Ich spürte eine wohlige Wärme in mir aufsteigen. Ich wusste, dass er wütend war und sich hilflos vorkam, doch aus der Art und Weise, wie er mich ansah, sprach etwas anderes.
    Es war ein Moment, in dem alles völlig stillstand und es nur ihn und mich gab. In diesem Bruchteil einer Sekunde wäre alles möglich gewesen.
    Ich wünschte mir, dass dieser Augenblick ewig andauern möge, doch gleichzeitig war ich mir nach allem, was ich gehört hatte, nicht sicher, ob es klug war, wenn wir uns so bei den Händen hielten, denn ich erschrak selbst über die Heftigkeit meiner Gefühle.
    Als ich meine Hand wegzog, schien sich diese Kränkung in seinen grünen Augen niederzuschlagen. Es war wie eine Achterbahnfahrt. Ich hatte immer noch nicht den Mut aufgebracht, ihn zu fragen, ob Rahul sein Sohn wäre. Es war mir einfach peinlich. Wenn es nach mir ging, spielte das auch überhaupt keine Rolle. Obwohl ich mich bemühte, kühl und gefasst zu wirken, zitterte meine Stimme ein wenig, als ich wieder etwas sagte. Mir war immer noch unwohl zumute.
    Â»Sie sind ein sehr tapferer Mann. Sie haben es mit denen aufgenommen. Man hätte sie umbringen oder irgendwo verschwinden lassen können.«
    Â»Machen Sie keinen Helden aus mir. Wenn ich noch etwas tapferer gewesen wäre, würde Sharda noch unter uns sein.«
    Er war kaum gegangen, als ich auch schon auf die Toilette stürzen musste, um mich zu übergeben. Das alles hatte mich sehr mitgenommen – die ganze Aufregung, nur um dann herauszufinden, dass sehr wohl die Möglichkeit bestand, Amrinder und Ramnath könnten doch recht haben. Aber was mich noch mehr ärgerte, war meine eigene Schwäche. Warum passierte es mir immer wieder , dass ich mich in den falschen Menschen verliebte?
    Als ich mich auf den Weg zum Gefängnis machte, hatte ich noch seine Worte im Ohr. Ich wusste, dass ich mich von ihm fernhalten sollte. Dieser Mann konnte mein Leben unendlich komplizieren. Zumindest bei der Arbeit gelang es mir normalerweise, professionellen Abstand zu bewahren. Aber diesmal war alles anders, und die Intensität, mit der ich mich in diese Geschichte hineinkniete, zehrte zunehmend an meinen Nerven.
    Auf jeden Fall setzten mir der Stress und das Alleinsein in dieser kleinen Stadt wirklich zu. Ich erinnerte mich jetzt daran, wie es früher gewesen war – man brauchte nur einen Abend zu zweit mit jemandem vom anderen Geschlecht zu verbringen, und schon war man davon überzeugt, in denjenigen verliebt zu sein. Solche Augenblicke der Zweisamkeit waren in der konservativen, hinterwäldlerischen Umgebung, in der ich aufgewachsen war, derart rar, dass die Hormone bei dem geringsten Anlass gleich Luftsprünge vollführten. Deswegen konnte man auch zwei Wildfremde verheiraten und davon ausgehen, dass sie sich über Nacht ineinander verlieben würden. Es war bloß eine chemische Reaktion – aber die fand in kleinen Städten alle naselang statt. Ich weiß, wovon ich rede.
    Aber so ganz war ich noch nicht überzeugt. Trotzdem verbannte ich ihn aus meinen Gedanken und richtete diese ganz und gar auf Sharda und ihre geraubte Jugend.
    Ich wusste, dass ich von nun an das Gesicht einer jeden zerlumpten Obdachlosen, der ich auf der Straße begegnete, eindringlich mustern würde. Die Frauen, von denen wir unsere Blicke abwandten, die in schmutzigen Kleidern und mit verfilztem Haar an uns vorbeischlurften, in ihrem Wahnsinn davon überzeugt, dass niemand ihnen noch etwas zuleide tun könnte.
    Im Besucherzimmer wartete Durga schon geduldig auf mich.
    Â»Ich habe sehr schöne Neuigkeiten für dich. Gestern Abend ist Mandakini auf die Welt gekommen.«
    Durgas Augen füllten sich mit Tränen, aber ihre Wangen erstrahlten vor Freude.
    Â»Ich weiß nicht, ob du verstehst, wie wichtig das für mich ist … für uns.«
    Â»Doch, das tue ich … und ich möchte dir auch nicht verschweigen, dass ich in der Anstalt gewesen bin. Ich weiß über Sharda Bescheid. Ich denke, dass du das auch gewollt hast. Ist es nicht furchtbar … und alles nur, weil sie ein Kind bekam. Das arme Mädchen …«
    Mit einem Mal streckte sie die

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