Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ueberlebende

Die Ueberlebende

Titel: Die Ueberlebende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kishwar Desai
Vom Netzwerk:
Arme nach mir aus, und ich drückte sie fest an mich. Das war das erste Mal, dass sie mich berührte. Doch sonderbarerweise ging sie überhaupt nicht darauf ein, was ich über Sharda gesagt hatte. Es war, als hätte sie es gar nicht mitbekommen.
    Â»Ich freue mich so wegen Mandakini. Sag Binny, dass die verloren und wir gewonnen haben!«
    Â» Wer hat was verloren?«
    Sie sprach schon wieder in Rätseln. Aber es war ein Fehler gewesen, sie danach zu fragen. Die düstere Miene fiel wieder über ihr Gesicht wie ein Schleier, und sie zog sich von mir zurück.
    Â»Richte es Binny einfach aus. Mehr nicht. Entweder du verstehst, was ich dir sagen will, oder du brauchst mir gar nicht erst Fragen zu stellen.«
    Selbst als sie sich plötzlich so aufspielte, strömten immer noch die Freudentränen über ihre Wangen. In ihrer Welt, in der es so wenig Hoffnung gab, war Mandys Geburt vielleicht so etwas wie ein winzig kleines Licht am Ende des Tunnels. Konnte es sein, dass »die« – der unbekannte Widersacher – Mandy hatten abtreiben wollen? Hatte Harpreet nicht gesagt, dass Shardas Kind nur überlebt hatte, weil es ein Junge war?
    â—† ◆ ◆
    An [email protected]
    Hallo, wenn du mal einen Moment damit Pause machst, dein Baby zu bewundern, könntest du mir vielleicht ein bisschen mehr über deine Schwiegereltern erzählen. Ich weiß, dass sie hochangesehene Leute waren usw., aber was hast du selber von ihnen gehalten und warum haben deine eigenen Eltern gewollt, dass du in diese Familie einheiratest? Außerdem lässt Durga dir ausrichten, dass ihr gewonnen und »die« verloren haben. Wer sind »die«?
    Pass auf dich auf, Simi
    An [email protected]
    Hallo – Hier schreibt wieder Santosh. Binny schläft gerade. Wenn sie aufwacht, werde ich ihr sagen, das sie Ihnen eine Mail schicken soll, aber ich glaube wirklich, dass wir die Vergangenheit ruhen lassen sollten. Meine Tochter hat genug gelitten. Glauben Sie, dass ich sie da hingeschickt hätte, wenn ich gewusst hätte, was dabei herauskommt? Ich habe gedacht, sie würden sie wie eine Prinzessin behandeln. Jedenfalls hält das Baby sie die ganze Nacht wach!!!

9. KAPITEL
    20. September 2007
    Es hat lange gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte, dass sie nicht mehr da war. In mancher Hinsicht habe ich mich natürlich überhaupt nie daran gewöhnt. Weil die Jungen aber nun mit einem neuen Problem im Mittelpunkt standen, wurden unsere Gedanken abgelenkt. Es fing mit den Drogen an, und dann wurde es immer schlimmer, bis meine Mutter eines Tages den Entschluss fasste, ihrer alten Freundin in Southall zu schreiben und sie zu fragen, ob sie ein passendes »gutes« Mädchen wüsste, das meinen älteren Bruder aus seinem Drogenrausch erwecken könnte. Meine Mutter machte sich immer solche Sorgen um ihn, obwohl er doch gar nicht ihr richtiger Sohn war. Wenn er das Land verließe, glaubte sie, wegkäme von seinen sogenannten Freunden, würde es ihm bald wieder besser gehen. Sie hatte sich auch überlegt, ob Rahul zusammen mit meinem Bruder und seiner Braut von uns fortgehen könnte. Vielleicht würde nach und nach die ganze Familie das Haus verlassen und so der Fuchtel meiner Großmutter Beeji und meines Vaters entkommen?
    Also wurden Fotos per E-Mail hin- und hergeschickt. Weil meine Eltern nicht mit dem Internet umgehen konnten, wurde ich geholt, um die Bilder herunterzuladen. Während sie die Vor- und Nachteile der einzelnen Mädchen diskutierten, kamen sie zu der Überzeugung, dass es für die in Frage kommenden Mädchen nicht erforderlich war, Jitu vorher kennen zu lernen. Ich glaube, sie waren auch ein bisschen nervös, dass jemand das mit Sharda herausbekommen könnte, denn das wäre ja nicht gerade gut für den Ruf der Familie.
    Binny gefiel allen am besten, außer Jitu, dem Bräutigam in spe, der zu sehr mit seinen Drogengeschichten beschäftigt war, um sich eingehend mit der Sache zu befassen; zudem hielt er sich häufig auf der Farm auf. Meine Eltern stellten sich vor, dass Binnys britischer Pass Jitu ein ganz neues Leben in der Ferne ermöglichen würde, so dass er vergessen würde, was mit Sharda passiert war. (Komischerweise hatten alle Mitleid mit ihm, weil er das mit Sharda hatte durchmachen müssen; denn schließlich hatte er sie doch so sehr geliebt, und dann hatte sie uns allen das angetan.) Aber er

Weitere Kostenlose Bücher