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Die Ueberlebende

Die Ueberlebende

Titel: Die Ueberlebende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kishwar Desai
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ja, produziere … wie eine beschissene Maschine.
    Das war gar nicht so leicht; Jitu war zwar schon scharf auf mich, aber er war eben nicht David Beckham, wenn du verstehst, was ich meine. Ich musste ihn immer erst mal in Fahrt bringen. Er war ein kräftiger Kerl, aber ich habe schon bessere Erektionen gesehen, das kannst du mir glauben! Manchmal ist er ohne ein Wort einfach neben mir eingepennt. Ich wusste, dass irgendwas nicht stimmte. Eines Tages habe ich ihn dann mit dem jüngeren der beiden Mädchen aus Bihar erwischt. Er hat mich angefleht, ihm zu verzeihen, und dann … dann wurde ich schwanger. Das Mädchen aus Bihar war richtig sauer deswegen. Jedes Mal, wenn sie zu uns ins Haus kam, hat sie mich ganz wütend angestarrt, und dann tauchten plötzlich diese komischen Voodoopuppen in meinem Zimmer auf … mit schlaffen Gliedern, aber schwanger. Natürlich sollte ich das sein, aber ich hab es niemandem erzählt, auch nicht, als die Puppen aussahen, als wären sie mit dem Messer durchstochen und blutbefleckt. Ich habe gemerkt, dass solche Dinge meine Schwiegermutter aufregten, denn sie war sehr abergläubisch. Ich weiß nicht, wer hinter alledem steckte, aber ich glaube, dass es in erster Linie Manubhai war, von dem das alles ausging. Vielleicht hat er geglaubt, dass seine Töchter einen festen Platz in dem Haus bekämen, wenn Jitu oder Sanjay sich zu ihrer Beziehung mit ihnen bekennen. Du weißt ja, wie’s in Indien ist – Männer haben zwei Frauen, und keiner schert sich einen Dreck darum.
    Irgendwie schienen alle anderen keine Probleme mit der Situation zu haben, bis mir nach etwa drei Monaten gesagt wurde, ich soll mit Santji zu einer Untersuchung gehen. Ich bin dann mit, weil ich dachte, dass es ja auch an der Zeit ist, dass mich ein Arzt anguckt. Ich hatte vor, das Kind in GB zu bekommen, aber sie sagten, sie wollen, dass ich es in Indien kriege.
    Der Familie gehörte sogar eine Klinik ganz in der Nähe, und da sind wir dann hin. Ich bekam erst ein irgendwie komisches Gefühl, als mein Schwiegervater zu mir in den Behandlungsraum kam, während man mich untersuchte. Er meinte, er wolle sich vergewissern, dass mit mir alles in Ordnung ist. Ich bin vor Scham ganz rot geworden, aber er wirkte so ehrwürdig mit seinem weißen Bart und seiner leisen Stimme, dass ich es dann doch zugelassen habe. Aber dann verlangte er eine Ultraschalluntersuchung. Nun wusste ich ja, dass es nicht erlaubt ist, in Indien vorher das Geschlecht eines Kindes feststellen zu lassen, also dachte ich, dass er wissen wollte, ob das Baby gesund ist, und war einverstanden. Dann habe ich mich gewundert, als er danach nicht mit mir zurück nach Hause wollte, sondern sagte, wir müssten erst auf das Ergebnis warten.
    Der Arzt rief uns herein und sagte, es würde ein gesundes Mädchen. Ich war so glücklich, dass ich beinahe einen Freudensprung gemacht hätte. Aber dann sah ich das Gesicht meines Schwiegervaters.
    Auf dem ganzen Heimweg wirkte er sehr bedrückt. Zu Hause war es das gleiche Lied. Meine Schwiegermutter verschwand in ihr Gebetszimmer. An dem Tag haben Durga und ich uns zum ersten und vielleicht auch zum letzten Mal richtig unterhalten.
    Mir war klar, dass nicht nur mein Leben, sondern auch das meines ungeborenen Kindes in echter Gefahr war, also fingen Durga und ich an, meine Rückkehr nach Southall zu planen. Sehr vorsichtig, Schritt für Schritt, und absolut geheim. Ich hatte eine Heidenangst vor der ganzen Bande. Als ersten Schritt habe ich einfach gesagt, ich würde nach Delhi zu meinen Verwandten fahren und ein paar Tage bei ihnen bleiben, weil es mir nicht so gut ginge. Durga flehte mich an, Rahul mitzunehmen. Und seinen Reisepass. Zum Glück wollte die ganze Sippe uns später im Jahr in England besuchen, so dass sein Pass schon fertig war. Durga hat ihn aus dem Schrank meiner Schwiegermutter geholt und mir gegeben.
    Als mein Schwiegervater davon redete, wie gut eine kleine, übersichtliche Familie sei, merkte ich, wie schon wieder Druck auf mich gemacht wurde – dass ich das Baby abtreiben sollte. Meine Schwiegermutter versuchte, mir einzureden, wie schön es doch auch für meine Eltern sein würde, wenn unser Erstgeborenes ein Sohn wäre. Auch Jitu fing an, alles nachzuplappern, was seine Eltern sagten. Alle machten sich Sorgen wegen der Aufteilung des Besitzes. Auch die Sache mit der zu kleinen Mitgift kam ins Gespräch.

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