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Die Uhr der Skythen (German Edition)

Die Uhr der Skythen (German Edition)

Titel: Die Uhr der Skythen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Cordes
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schnarcht. Und auf dem Nachttisch liegt ein Siegelring. Als hätte es diese Situation nicht schon einmal gegeben.
    Er weiß, es sollte ihm gleichgültig sein, aber irgendetwas frißt sich plötzlich durch seine Innereien, ein geiler, gieriger Eifersuchtswurm, der binnen einer Sekunde etwas in seinem Kopf aufflammen läßt. Er macht die paar Schritte an das Bett in Trance, nimmt das Kissen und zieht es ein Stück beiseite. Da liegt nicht irgendein resignierter Thekengast, den ein kryptisches Selbstmitleid in ihren Federn duldet, da schnarcht und grunzt nicht etwa ein sportives Gegenstück, da liegt wie ein alter Mehlsack der große Schwammheimer in ihrer Wiege, dreht sich, stöhnt und sucht nach der Decke, die Fokko nun voller Gnade über seinen Anblick fallen läßt.
    Jakob Schwammheimer, der Nestor der Schwafelkunst, oberster Hofbeamter im Gasthaus zum Krokodil, ein falscher Freund und schlechter Ratgeber ist also niemand anderes als der unerlauchte Träger der Siegelringes. Er war es in den ersten Tagen dieses Jahres, und wer weiß wie lange schon davor. Er war dann vermutlich auch der, der Evas unerwartetes Begehren nach dem Alleinsein stillte, der sich hütete, etwas von alten Bildern zu erzählen und von alter Musik.
    Die gute Idee hat er sofort. Kabeljaue.
    Er wird jetzt in aller Gemütsruhe die Zeit anhalten, holt die Styroporkiste aus dem Wagen und drapiert die fünf toten Fische an den schlafenden Dichter, einen Kabeljau unter den rechten Arm, einen unter den linken, einen unter den Füßen, einen als Nackenkissen und den letzten zwischen die Beine in der Mitte des begnadeten Körpers als Symbol opulenter Männlichkeit und Insigne seiner Häuptlingswürde. Dann steckt er das Bett an, verläßt die Wohnung und klappt die Zauberuhr zu. Sein brillanter Verstand wird ihm davonjagen wie der Zigarrenqualm, wenn er die Wirtschaft seiner Mätresse des Nachts verläßt, um die sündige Bettstatt mit seinem qualligen Leib anzuwärmen, und ein gebieterischer Wahnsinn wird seinen epochalen Kopf bewohnen für den kümmerlichen Rest seiner Tage.
    Schwammheimer grunzt, wirft sich im Schlaf auf die Seite, zieht sich die Bettdecke über den Kopf, und einen Moment später ist wieder das weltentrückte Schnarchen zu hören. Zuviel der Ehre dem selbsternannten Dichterfürsten, denkt Fokko und schleicht sich aus dem Schlafzimmer. Seine Wut ist nicht mehr frisch – wie die Kabeljaue.
    Hinrich steht auf halber Treppe an einem Fenster und schaut in die Nacht. Fokko schließt die Wohnung ab und fragt sich, wieso er den Schlüssel ins Crocodile zurückbringen soll, er kann ihn doch in den Briefkasten werfen, Eva soll den alten Sack aus dem Bett klingeln und sich den hübschen Kopf zerbrechen. Unschlüssig tritt er mit Hinrich aus dem Haus, da steht sie vor der Tür und sucht in ihrer Jeans nach den Schlüsseln, die er in der Hand hält. Er läßt sie in seiner Jacke verschwinden.
    Sie scheint weniger überrascht, als er es sich vorgestellt hätte, lächelt ihn nur fragend an, gönnt Hinrich einen taxierenden Blick, nimmt die aktuelle Kappe vom Kopf, streicht sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und hält ihre rechte Schläfe in das Licht der Laterne. Sie hat eine Wunde am Kopf.
    »Ich bin gestürzt, Fokko…«
    Wie sie es sagt, löst es sofort einen warmen Schwall alter Gefühle in ihm aus, er kommt ihr nahe, tastet nach der Wunde, ein kleiner, verschorfter Schnitt.
    »Was ist passiert?«
    »Ich finde meinen Schlüssel nicht, Fokko.«
    »Mit deinem Kopf…«
    »Bin gestürzt«, sagt sie und schaut ihn an wie ein kleines Mädchen, das nicht begreifen kann, wie das Messer, mit dem es gespielt hat, voller Boshaftigkeit in seinen Finger fahren konnte. »Hinter der Theke. Hab mich nach der Kühlung gebückt und fand mich plötzlich mit der blutenden Wunde auf dem Boden.«
    Er tupft mit einem Finger um die Wunde herum, und sie läßt es sich gefallen.
    »Tom hat die Theke übernommen«, sagt sie.
    »Wer ist Tom?«
    »Ein Bekannter…«
    »…mit einem Cowboyhut.«
    »Ja…« Sie schaut ihn skeptisch an. Dieser Blick, so spürt er, hat kaum etwas von seiner Wirksamkeit verloren. Die fettleibige, weißhäutige Lüge kommt ihm in den Sinn, die sich jetzt in ihrem Bett wälzt, aber die Eifersucht ist lächerlich, schließlich hat Eva sozusagen bewirkt, daß er nun mit Merreth zusammen ist.
    »Das ist Hinrich«, sagt er, »Kumpel von mir, wir haben meine Sachen geholt.«
    Sie schaut kurz rüber zum Fischlaster auf der anderen

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