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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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war
das nicht egal, für sie gab es auf der ganzen Welt keinen zweiten Mann, der Satakes Stelle einnehmen könnte.
    »Dann genügt es dir also, wenn eine Frau einfach nur schön und süß ist, O-nii-chan?«
    »Ja. Männer wünschen sich nicht mehr.«
    Anna schwieg. Sie spürte intuitiv, dass in Satake irgendetwas zerbrochen war. Wahrscheinlich hatte ihm eine Frau einmal sehr weh getan. Naives Mitleid erfüllte sie, und sie überlegte, wie sie diese Wunde heilen und alles wieder gutmachen könnte. Sie war überzeugt, dazu fähig zu sein, ja, sie freute sich sogar darauf.
     
    Aber an dem Tag, an dem sie zusammen im Freibad waren, zerbrachen Annas Illusionen.
    Zuerst hatte sie sich darüber gefreut, dass Satake, der ihr gewöhnlich jeden Wunsch von den Augen ablas, doch noch mit ihr zum Schwimmen gefahren war. Aber seine Reaktion auf die Flirtversuche des jungen Mannes enttäuschte sie maßlos. Wie er sie angesehen hatte mit diesen kleinen, gütigen Augen, als wäre er ein Onkel, der für alles Verständnis hat! Es tat weh und ärgerte sie, dass er ihre Verliebtheit überhaupt nicht wahrnahm. Deshalb hatte sie gleich den erstbesten Mann mit in ihre Wohnung genommen, um Satake einen Denkzettel zu verpassen; nichts weiter als eine kleine Trotzreaktion. Aber Satake merkte offenbar immer noch nicht, dass er es war, den sie liebte.
    »Ich habe nichts dagegen, dass du dich mit Männern vergnügst. Solange du regelmäßig zur Arbeit kommst. Und solange nichts Dauerhaftes daraus wird.«
    Nie würde sie vergessen, wie er das gesagt hatte. Für ihn war sie doch nichts weiter als eine gut gehende Ware, die er im »Mika« feilbieten konnte – ein Männerspielzeug! Er hatte sie nur deshalb so verhätschelt und verwöhnt, weil sie ein besonders wohlgestaltetes Püppchen war, das tanzen konnte, wie er es wollte.
    In jener Nacht konnte Anna nicht schlafen, weil sie sich wieder so zerbrechlich vorkam, wie ein Teeschälchen mit feinen Rissen. Dabei hatte sie sich eingebildet, dieses Gefühl für immer losgeworden zu sein! Aber am nächsten Morgen wartete ein weiterer Schock auf sie.
    Chén rief an und sagte: »Sie haben den Chef eingebuchtet,
Anna, wegen der Bakkarat-Sache. Du weißt bestimmt noch nichts davon, weil du gestern nicht da warst.«
    »Was heißt ›einbuchten‹?«
    »Die Polizei hat ihn geschnappt und eingesperrt. Kunimatsu und die anderen vom ›Parco‹ auch. Heute soll das ›Mika‹ ausnahmsweise geschlossen bleiben. Falls die Polizei bei dir auftaucht und Fragen stellt, sagst du, du wüsstest von nichts, hörst du?« Damit legte Chén auf.
    Gerade jetzt, da sie sich fest vorgenommen hatte, Satake zu fragen, wie er zu ihr stand, wenn sie ihn das nächste Mal treffen würde! Sie hatte beschlossen, es von seiner Reaktion abhängig zu machen, ob sie kündigte oder nicht. Frustriert darüber, dass das nun noch warten musste, ging Anna schon morgens ins Bezirksfreibad und blieb den ganzen Tag. Sie holte sich einen Sonnenbrand.
    Als sie am Abend auf ihre rot glühende Haut blickte, musste sie wieder an den gestrigen Tag zurückdenken, als sie mit Satake im Freibad gewesen war. Ob sie ihm nicht ein wenig Unrecht tat, wenn sie glaubte, dass er sie ernsthaft nur als Ware betrachtete? Sein Zögern könnte ebenso gut mit dem Altersunterschied zwischen ihnen begründet sein. Hatte er sich nicht stets besonders liebevoll um sie gekümmert? War sie etwa nicht seine Lieblingsfrau, die er immer bevorzugt behandelte? Das schien ihr nun Beweis genug für ihre Vermutung. Wie kaltherzig und ungerecht von ihr, ihm nicht zu vertrauen, wo er so viel für sie getan hatte! Ihr aufrichtiges, zuversichtliches Wesen setzte sich sogar jetzt noch durch, und sie glaubte, Satake schlecht behandelt zu haben. Plötzlich vermisste sie ihn schrecklich.
    Am nächsten Tag wurden die Angestellten des »Parco«, die zusammen mit Satake verhaftet worden waren, wieder auf freien Fuß gesetzt. Dann werden sie sicher auch ihn bald entlassen, dachte Anna, aber Satake kam und kam nicht zurück. Das »Mika« war nun schon über eine Woche geschlossen. Lì-huá, die Mama-san, wurde zu ihm vorgelassen und erhielt die Anweisung, die Schließung gegenüber den Gästen als vorgezogene O-Bon -Ferien 6 zu deklarieren.

    Anna ging jeden Tag ins Freibad. Ihre von der Sonne gerötete Haut nahm allmählich einen glänzenden, hellen Bronzeton an, der ihre Schönheit noch unterstrich. Auf der Straße drehte man sich nach ihr um. Im Freibad wurde sie von Männern belagert.

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