Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
heraus. Wie ich Sie kenne, handelt es sich doch sicher um jemanden aus einem Verbrecherring, zu dem Sie noch Verbindungen haben, nicht wahr?«
»Hmh, ja, und mit Ihren Vermutungen über seine Taktik könnten Sie gar nicht so falsch liegen...« Jūmonji legte den Finger an die Lippen und versank ins Grübeln. Masako sprach nicht aus, dass sie ihn für ziemlich blauäugig hielt.
»Das heißt, Sie müssen entweder ihn von seinen Ansprüchen herunterbringen oder insgesamt mindestens zehn Millionen fordern.«
»Verstehe. Aber wie wäre es, wenn ich nur anderthalb nehme und Sie dreieinhalb bekommen?«
»Nein«, sagte Masako und schaute auf ihre Armbanduhr. Kurz vor elf. Allmählich musste sie sich auf den Weg in die Fabrik machen.
»Einen Augenblick, warten Sie!« Jūmonji wollte offenbar gleich an Ort und Stelle mit X verhandeln, denn er nahm sein Handy heraus.
Masako nutzte die Zeit, um zur Toilette zu gehen. Im Spiegel des Waschraums betrachtete sie ihr Gesicht. Fettiger Schweiß stand darauf, den sie mit einem Papierhandtuch abtupfte. Sie bekam Angst vor sich selbst: Auf was wollte sie sich da bloß wieder einlassen? Aber gleichzeitig verspürte sie auch diesen Nervenkitzel. Ihr fiel der Lippenstift tief unten in ihrer Handtasche ein; sie kramte ihn heraus und schminkte sich die Lippen. Als sie zum Tisch zurückkam, sah Jūmonji sie an, und ein Ausdruck der Überraschung huschte über sein Gesicht.
»Ist was?«
»Nichts, nichts. Ich habe nur gerade eine Einigung erzielen können.«
»Das ging aber schnell.«
»Ach, am Schluss ist er noch rührselig geworden, von wegen
alte Kameraden und so, und er wäre mir als dem Jüngeren doch schließlich verpflichtet.« Jūmonji grinste.
Masako erinnerte sich daran, wie wendig und geschickt Jūmonji auch in seinem Job als Schuldeneintreiber gewesen war, wenn man ihm nur die richtigen Anweisungen gegeben hatte. »Und? Was ist nun letztendlich dabei herausgekommen?«
»Es ist knapp, sehr knapp. Acht Millionen scheint die Obergrenze zu sein, mehr ist wohl einfach nicht drin. Zumal wir neu im Geschäft sind und noch keine Erfolge vorzuweisen haben. Aber er hat zumindest geschluckt, dass er mit seinem Preis ebenfalls heruntergehen muss. Wir sind so verblieben: zwei Millionen als Vermittlungsgebühr, zwei für mich und vier für Sie, Frau Katori. Nur, egal was passiert – die andere Seite weiß von nichts und wird keinerlei Hilfestellung leisten, falls etwas schief geht.«
»Das ist doch selbstverständlich. Deshalb sage ich ja, dass man den Preis von vorneherein höher veranschlagen müsste...« Masako rechnete alles im Kopf durch. Für Yoshië, die sie zur Mithilfe überreden wollte, dürfte eine Million genügen. Kuniko musste auf jeden Fall draußen bleiben. Was mit Yayoi war, wollte sie später entscheiden, wenn sie beurteilen konnte, in welcher Verfassung sie war.
»Nun, was denken Sie?«, fragte Jūmonji erneut, diesmal mit gestärktem Selbstbewusstsein.
Masako willigte ein: »Gut. Ich mach’s.«
»Dann packen wir es gemeinsam an!« Jūmonji schluckte, wie um seine Entschlossenheit zu bekräftigen.
»Aber ich habe noch eine Bitte.«
»Und die wäre?«
»Sie transportieren alles in Ihrem Auto. Und Sie besorgen mir in einem Laden für Medizinerbedarf ein Skalpellset für Chirurgen. Ohne das schneidet es sich so schlecht.«
Daraufhin kratzte Jūmonji sich an der Backe und murmelte: »Als wäre es Fleisch...«
»Das ist es auch. Fleisch und Knochen und dampfendes, schmutziges Gedärm«, erwiderte Masako bestimmt, und Jūmonji klappte den Mund zu. »Dann möchte ich Sie noch etwas fragen.«
»Ja?«
»Wie haben Sie die Sache aus Kuniko herausbekommen? Womit haben Sie sie geködert?«
»Ich habe ihr versprochen, ihr sämtliche Schulden zu erlassen, die sie bei mir hat«, antwortete Jūmonji, und dabei erschien zum ersten Mal ein vergnügliches Lächeln auf seinem Gesicht. »Es handelt sich also um eine Information für vierhundertvierzigtausend Yen. Deshalb müssen wir viele Aufträge erledigen, damit sich das auch rentiert.«
»Aber es bleibt bei der vereinbarten Summe von zwei Millionen für Sie selbst?«, vergewisserte sich Masako noch einmal.
»Ja, ich bleibe dabei. Die Menge macht’s, wie man so schön sagt.«
»Na, ich weiß nicht.«
»Versuchen wir’s doch!«
Sein Optimismus gefiel ihr. Sie nickte, legte das Geld für ihr Essen auf den Tisch und stand auf. Sie bezweifelte noch, ob sich aus dieser Sache tatsächlich ein gutes Geschäft
Weitere Kostenlose Bücher