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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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Farbe kam natürlich nur Schwarz in Frage, weil es sie schlank machte. Ihre ausgelassene Stimmung dauerte noch an, als sie die Fabrik erreichte, und beim Anblick von Kazuo Miyamori tat ihr Herz nicht einmal einen kleinen Hüpfer.

    Vor sich hin summend, zog sie sich ihre schmutzige Arbeitskleidung an, die langsam mal wieder eine Wäsche nötig hatte. Da kam Yoshië. Sie trug ihre schäbige Jersey-Hose und einen schwarzen Pullover, aber Kunikos scharfe Augen hatten sofort die neue Silberbrosche entdeckt, die an ihrer Brust prangte. Sie schätzte den Preis: Fünftausend Yen würde man für so etwas schon ausgeben müssen. Für Yoshië der reinste Luxus.
    »Bist du aber früh.« Yoshië zog sofort ein Gesicht, als sie Kuniko erblickte.
    Die schäumte zwar innerlich vor Wut, vergaß aber nach außen hin nicht, der älteren Kollegin gute Manieren vorzuspielen: »Einen schönen Guten Morgen!«, grüßte sie höflich, bevor sie schnell das Kompliment nachsetzte: »Eine schicke Brosche hast du da, Meisterin!«
    »Ach, das.« Yoshië strahlte übers ganze Gesicht. »Die musste ich mir einfach kaufen! So eine hab ich mir schon immer gewünscht, konnte sie mir aber nie leisten, weißt du. Ich hab lange geschwankt, ob ich mir nicht besser eine neue Dauerwelle machen lassen sollte, aber dann hab ich mich doch für die Brosche hier entschieden. Ich bin schließlich auch nur eine Frau, hab ich mir gesagt!«
    »Hast du sie von dem – du weißt schon – Geld gekauft?«, fragte Kuniko mit gedämpfter Stimme.
    Yoshië wurde rot. »Ja, wieso? Ist das nicht in Ordnung?«
    »Doch, doch, ich meine ja nur.« Mit scheinbar gleichgültiger Miene zog Kuniko sich zu Ende um. Bald würde Masako kommen. Die Frage, die sie sich vorgenommen hatte, musste sie unbedingt noch vorher loswerden. »Um noch mal auf das Geld von Yamamoto-san zurückzukommen, Meisterin...«
    Yoshië sah sich vorsichtig um, schob sich dann nahe vor Kunikos dickes Gesicht und zischte leise: »Und, was soll damit sein?«
    »Ja, also: Hast du wirklich die gleiche Summe bekommen wie ich?«
    »Was willst du damit sagen?«, entgegnete Yoshië aufgebracht.
    Kuniko ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, sondern rettete sich in einen Vorwand: »Nichts, ich frag mich nur, ob ich das annehmen kann, wo ich doch nur so wenig geleistet habe. Und wenn ich jetzt dasselbe bekommen habe wie du, Meisterin, ist das doch
eigentlich ungerecht dir gegenüber. Masako-san hat schließlich am Anfang nur von hunderttausend Yen für mich gesprochen.«
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Yoshië und klopfte ihr auf die feisten Schultern, »wir sitzen schließlich alle im selben Boot.«
    »Dann hast du also wirklich auch nur fünfhunderttausend bekommen?«
    »Ja, fünfhunderttausend, ehrlich.« Yoshië nickte, vermied es aber, Kuniko dabei in die Augen zu sehen.
    Sie log! Kuniko ließ nicht locker: »Also genau so viel wie ich. Aber wieso kannst du dir dann solchen Luxus leisten?«
    »Ich leiste mir überhaupt keinen Luxus! Was redest du denn da!«, rief Yoshië entgeistert.
    »Ah ja? Irgendwie kommt es mir so vor, als hättest du einiges mehr eingestrichen.«
    »Selbst, wenn es so wäre, ginge dich das gar nichts an!«
    »Tatsächlich?«, sagte Kuniko gehässig und starrte ungeniert auf Yoshiës Brosche.
    Hilfe suchend schaute Yoshië vom Umkleideraum Richtung Aufenthaltsraum. Erleichterung erschien auf ihrem Gesicht, denn im selben Moment war Masako hereingekommen. Sie war ausnahmsweise einmal ordentlich angezogen und trug einen eng anliegenden schwarzen Pullover zu schwarzen Hosen.
    »Ja, ist es denn die Möglichkeit? Sie hat doch tatsächlich auch etwas Frauliches im Schrank!«, sagte Kuniko laut und vernehmlich. Doch Masako schien es nicht mitbekommen zu haben, denn ohne sie beide zu bemerken, zündete sie sich vor dem Aschenbecher beim Getränkeautomaten eine Zigarette an. Die Miene sorgenvoll verzogen, starrte sie auf die mit Graffiti voll geschmierte Wand vor sich und kostete die Zigarette bis zum letzten Zug aus. Kuniko stierte sie hasserfüllt an. Die schwarzen Sachen hatte sie noch nie an ihr gesehen. Ja, hatte Masako sie womöglich ebenfalls belogen, als sie behauptet hatte, kein Geld von Yayoi angenommen zu haben? Ob sie denn von allen beiden betrogen worden war? Aber was nutzte es, gegen Masako kam sie sowieso nicht an.
    »Ich geh schon mal.« Mit dem Kochmützchen in der Hand beeilte sich Kuniko, aus dem Umkleideraum zu kommen. Während Masako unverändert an die Wand starrte, schlich

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