Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
gesprochen. Doch am nächsten Morgen habe die Mutter ihm gesagt, dass er das wohl nur geträumt habe, deshalb sei er sich nicht mehr sicher. Doch am Abend davor hätten seine Eltern gestritten, und die Mutter sei vom Vater geschlagen worden, das wisse er ganz genau, weil er aus Schock und Angst nicht mehr habe schlafen können. Außerdem habe er danach den blauen Fleck auf dem Bauch seiner Mutter gesehen, als sie zusammen im Bad waren.
Angaben des jüngeren Sohnes (3):
Vater und Mutter hätten ständig gestritten. So genau wisse er das nicht, weil er meistens schon geschlafen hätte, aber oft, wenn der Vater nach Hause gekommen sei, hätten sie sich laut angebrüllt. Dann habe er sich jedes Mal vor lauter Angst die Decke über den Kopf gezogen und so getan, als ob er schliefe. An jenen bestimmten Abend (des Tages, an dem Kenji verschwand) erinnert er sich nicht. Aber Milky, die Katze, die er so lieb hätte, sei plötzlich weggelaufen. So sehr er sie auch gerufen hätte, sie sei einfach nicht ins Haus zurückgekommen. Warum wisse er nicht.
Angaben einer Nachbarin (46):
Als sie gehört habe, dass Frau Yamamoto Nachtschicht macht, habe sie gleich vermutet, dass da ein Liebhaber dahintersteckt, wo Frau Yamamoto doch so eine Schönheit sei. Und tatsächlich habe sie das Ehepaar in der Nacht oder am frühen Morgen oft heftig und lautstark streiten hören. In der Nachbarschaft würde darüber geredet, dass Frau Yamamoto in letzter Zeit noch schöner geworden sei als vorher, was sehr verdächtig sei.
Angaben einer anderen Nachbarin (37):
Ihr sei da die merkwürdige Geschichte zu Ohren gekommen, dass die weggelaufene Katze der Yamamotos zwar in die Nähe der Kinder kommen würde, aber niemals zu Frau Yamamoto selbst. Sobald sie deren Gesicht sähe, bekäme sie Angst und nähme Reißaus. Seit jener
Nacht soll das Tier nicht mehr ins Haus zurückgekehrt sein, daher vermuteten sie alle, dass es irgendetwas Schlimmes mitangesehen hat. Da könne einem ja ganz schlecht werden bei dem Gedanken, dass sie ihn womöglich im eigenen Haus zerstückelt und sein Blut und die Eingeweide den Abfluss hinuntergespült hat.
Yayoi Yamamoto genießt nicht gerade einen guten Ruf. Als Gründe dafür werden größtenteils Dinge angeführt, die mit ihrer Verwandlung nach dem Mord an ihrem Ehemann zusammenhängen. Man munkelt, dass sie nicht gerade wie eine trauernde Witwe, sondern im Gegenteil wie befreit wirke und noch schöner geworden sei. Das erregt allgemeines Misstrauen. Tatsächlich ergaben auch meine Beobachtungen in ihrem Hause vielfältige Anhaltspunkte dafür, dass sie sich über den Tod ihres Mannes zu freuen scheint.
Ich war Zeuge eines Telefonats mit der Polizei und habe den Moment miterlebt, als man ihr mitteilte, dass der Betreiber des Spielkasinos auf der Flucht sei. Nach meinem Dafürhalten hat sie diese Nachricht eindeutig erfreut aufgenommen. Vermutlich, weil die Polizei sich nur noch für den Kasinobesitzer interessiert und maßgeblich mit der Fahndung nach ihm beschäftigt ist, benimmt sich Frau Yamamoto vollkommen unbefangen, manchmal fast so, als hätte es den Mord nie gegeben.
Ich habe sie beiläufig nach dem blauen Fleck am Bauch gefragt, von dem ich durch Aushorchen ihres ältesten Sohnes erfahren hatte. Sie hat einsilbig geantwortet, ihr Mann habe sie einmal in den Bauch geschlagen. Über Zeitpunkt oder Anlass dieses Vorfalls machte sie jedoch keinerlei Angaben.
Sie möchte die Arbeit in der Fabrik am liebsten aufgeben, vermutlich, da sich ihre wirtschaftlichen Sorgen aufgrund der in naher Zukunft erfolgenden Auszahlung der Lebensversicherung ihres Mannes erübrigt haben. Bei Anrufen von Freundinnen aus der Fabrik, insbesondere von Masako Katori, benimmt sie sich jedoch meist unterwürfig. Außerdem scheint sie aus irgendeinem Grund jeden Kontakt mit ihnen zu fürchten.
Gerüchte um eine Beziehung zu einem anderen Mann entsprechen nicht den Tatsachen.
Die Versicherungssumme wird voraussichtlich Ende November
ausgezahlt. Die gesamte Summe von fünfzig Millionen Yen soll zum festgesetzten Zeitpunkt auf Yayoi Yamamotos Bankkonto überwiesen werden.
Bericht über Masako Katori
Angaben einer Nachbarin (68):
Frau Katoris Verhältnis zu ihrem bei einer Baufirma beschäftigten Ehemann sei normal. Jedoch habe sie nicht ein einziges Mal beobachtet, dass die beiden gemeinsam ausgegangen wären. Man erzähle sich, der Sohn (17) habe plötzlich aufgehört zu sprechen. Früher habe seine laute Stereoanlage sie
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