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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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Eisenrohr gefertigte Kopfteil seines Betts. Durch die Außenluft war das Metall so kalt geworden, dass seine Hände festzufrieren schienen, als er das Rohr umschloss. Die Handflächen wurden ihm taub. Er würde Masako splitternackt ausziehen und hier ans Bett fesseln. Er würde sie knebeln und bei offenem Fenster nach Herzenslust demütigen und quälen. Vor Kälte würde sie sicher Gänsehaut bekommen. Ob sich die hirseartigen Körnchen mit dem Messer abkratzen ließen? Sollte er ihr das Messer in den Bauch rammen, wenn sie sich wehrte? Sie konnte um Erbarmen flehen vor Angst, so lange sie wollte, sie konnte sich winden und krümmen vor Schmerzen, er würde sie nicht losbinden. Denn sie war eine Frau, die das aushalten konnte.
    Ob sie ihm am Schluss auch, wie die Frau, die er umgebracht hatte, ins Ohr flüstern würde: »Hilf mir, hörst du... hol den Arzt, ja?« Worte der Unterwerfung und der Unnachgiebigkeit. Er dachte an seine eigene Hin- und Hergerissenheit zwischen dem Wunsch, sie nicht sterben zu lassen, und dem Verlangen, ihren Tod miterleben zu wollen. Nie hatte er sie so geliebt wie in diesen Momenten. Die Freude und die Trauer, die er bei ihrem Tod gefühlt hatte, waren Erfahrungen von so ungeheuerlicher Intensität, dass sie alles davor oder danach in den Schatten stellten. Ein Schauder durchlief ihn, als er sich an den Tonfall ihrer Stimme erinnerte. Zum ersten Mal, seit er damals aus dem Gefängnis entlassen worden war, bekam er eine Erektion. Satake zog den Reißverschluss seiner Hose herunter, nahm seinen Penis in die Hand und begann zu masturbieren. Weißer Atem stieß aus seinem Mund.
     
    Es dämmerte.
    Satake stand auf und sah mit zusammengekniffenen Augen zu, wie die violetten Umrisse der Bergkette weiß zu strahlen begannen und sich dahinter dann, mit glühend roten Wolken im Schlepptau, die Sonne erhob. Auffallend klar und majestätisch thronte über der Bergkette der Schatten des Fuji. Allmählich war es Zeit, dass Masako sich mit vor Übermüdung geschwollenen Augen auf den Heimweg machte. Er wusste alles von ihr, kannte ihr missmutiges Gesicht, die Art, wie sie eine Zigarette rauchte, oder den Klang ihrer festen, schweren Schritte auf dem Parkplatzboden
– Masako schien ihm zum Greifen nah. Er wusste sogar, wie sie reagieren würde, wenn er sie in die Enge getrieben hätte. Sie würde ihn mit herausfordernden Augen anblitzen, Ärger und Feindseligkeit im Blick. Genau wie die Frau damals.
    Schlaf nur, schlaf still. Bald werde ich dich töten. Bis dahin schlaf, schlaf ruhig und sanft, wünschte Satake in Richtung des Hauses, in dem Masako wohnte, und sein Wunsch war von wachsenden Gefühlen begleitet, die man ohne Zweifel zärtlich nennen konnte.
    Um die Morgensonne auszusperren, die an Kraft gewann, je höher sie stieg, schloss Satake die Balkontür und zog die schwarzen, lichtundurchlässigen Vorhänge vor. Sofort war es wieder Nacht im Zimmer.

5
    Die gebrochene Megaphon-Stimme eines Verkäufers, der draußen irgendwelche Waren anpries, weckte Satake auf. Er schaute auf die Armbanduhr, die er noch am Handgelenk trug. Drei Uhr nachmittags. Noch im Liegen zündete er sich eine Zigarette an und starrte an die vertäfelte Zimmerdecke. Trotz des wenigen Lichts, das durch die Ritzen der Vorhänge fiel, konnte er den braunen Fleck sehen, der sich dort oben träge ausgebreitet hatte.
    Satake ließ die Vorhänge zugezogen, knipste die Nachttischlampe an und schaute zu dem Aktenberg auf dem Boden hinüber. Schriftstücke mit weißem Deckblatt stapelten sich ordentlich Ecke über Ecke auf dem fleckigen Teppich, den der Vormieter zurückgelassen hatte. Satake hatte ein Detektivbüro damit beauftragt, Nachforschungen über Yayoi, Yoshië, Kuniko und Masako anzustellen, und dort lagen die Ergebnisse. In jüngster Zeit war noch die Akte »Jūmonji« hinzugekommen, die sich aus den Berichten über Kuniko und Masako ergeben hatte. Insgesamt schon fast zehn Millionen hatte sich Satake diese Nachforschungen kosten lassen.
    Er zündete sich eine zweite Zigarette an und blätterte die Berichte noch einmal durch, die er so oft gelesen hatte, dass er sie bald auswendig kannte. Zuerst den von Ȳko Morisaki, die sich bei Yayoi eingeschlichen hatte.

    Angaben des ältesten Sohnes (5) der Yamamotos:
    An jenem Abend (des Tages, an dem Kenji verschwand) meinte er gehört zu haben, wie sein Vater heimkehrte. Dem Jungen war außerdem so, als sei seine Mutter dem Vater dann in die Diele entgegengegangen und habe mit ihm

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