Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
oft gestört, aber in letzter Zeit benehme er sich ordentlich. Er sei jedoch ein verschlossener, trauriger Junge, der nie grüße, wenn sie ihm auf der Straße begegne. Frau Katori selbst sei zwar nicht besonders umgänglich, grüße aber grundsätzlich immer. Nur mache sie den Eindruck einer eher sonderbaren Frau, die wenig auf ihr äußeres Erscheinungsbild achte.
Angaben einer angehenden Studentin (18) aus dem Haus schräg gegenüber, die sich auf das Eintrittsexamen zur Universität vorbereitet:
Frau Katori falle furchtbar auf, weil sie immer spätabends ins Auto steige, wegfahre und erst am frühen Morgen wiederkomme. Da sie das Haus der Katoris vom Schreibtisch ihres Studierzimmers aus sehen könne, starre sie manchmal rund um die Uhr darauf. An jenem Morgen (des Tages nach Kenjis Verschwinden) habe sie dort zwei Besucherinnen bemerkt. Eine sei mit dem Fahrrad, die andere in einem grünen Auto gekommen. So um die Mittagszeit seien sie wieder weggefahren, erinnere sie sich.
Angaben eines Grundeigentümers (75) aus der Nachbarschaft:
An jenem Morgen (des Tages nach Kenjis Verschwinden) sei ihm eine junge Frau aufgefallen, die aus Frau Katoris Haus gekommen sei, denn sie habe versucht, den Müll, den sie bei sich trug, einfach auf dem hiesigen Sammelplatz abzustellen. Allem Anschein nach sei es ein sehr schwerer Sack Hausmüll gewesen, gut und gerne zehn Kilo und mehr. Nachdem er ihr gehörig Bescheid gesagt habe, sei die Frau mitsamt ihrem Müll brav wieder abgezogen. Frau Katori selbst stelle ihren Müll immer vorschriftsmäßig heraus.
Angaben des Vorarbeiters (31) aus der Fabrik:
Frau Katori arbeite jetzt zwei Jahre unter ihm. Ihre Führung sei tadellos, ebenso ihre Produktivität. Sie mache ihre Sache gut. Er habe gehört, dass sie ehemals in der Finanzbranche tätig gewesen sei, deshalb denke er daran, sie zur festen Freien zu befördern. Sie besäße Führungsqualitäten und sei zu schade fürs Fließband. Verstanden habe sie sich gut mit Yoshië Azuma, einer erfahrenen Arbeiterin, sowie mit Yayoi Yamamoto und Kuniko Jōnouchi. Die vier hätten immer im Team gearbeitet, doch nach dem Mord an Frau Yamamotos Ehemann sei die Gruppe auseinander gefallen, und nun kämen nur noch Frau Katori und Frau Azuma regelmäßig zur Arbeit.
Angaben eines ehemaligen Kollegen (35) aus der Spar- und Darlehenskasse Tanashi:
Frau Katori sei zwar bei der Arbeit durchaus fähig gewesen, habe aber ein aufsässiges Wesen gehabt. Deshalb habe sie weder das Vertrauen ihrer Vorgesetzten genossen, noch sei sie bei den Untergebenen beliebt gewesen. Darüber, wie es ihr ergangen sei, nachdem sie in der Bank aufgehört hatte, könne er nichts sagen.
Masako Katoris Ansehen in der Nachbarschaft und in ihrem derzeitigen Beschäftigungsverhältnis ist einigermaßen gut. Viele Leute haben jedoch angemerkt, sie sei eine Frau, bei der man nie wisse, was in ihrem Kopf vorginge. Über eine Beziehung zu einem anderen Mann konnte nicht das Geringste in Erfahrung gebracht werden, ihr Leben scheint in geordneten Bahnen zu verlaufen. Allerdings beteiligt sie sich grundsätzlich nicht an Verbraucherkooperativen und dergleichen und pflegt kaum Kontakt zur Nachbarschaft.
Auch bei ihrem Mann lässt nichts auf eine außereheliche Beziehung schließen. Man sagt jedoch von ihm, dass er weder Teamgeist noch Geschäftssinn besäße. Vermutlich aus diesen Gründen hat er in dem Bauunternehmen der M-Immobiliengruppe, bei dem er beschäftigt ist, keinerlei Aufstiegschancen mehr.
Ihr Sohn wurde im ersten Jahr von der Städtischen Oberschule verwiesen. Gegenwärtig jobbt er als Maurergehilfe. Zu Hause soll er kein Wort sprechen, erzählt man sich.
An einem Morgen einige Zeit nach dem Mordfall sind Yoshië Azuma und Akira Jūmonji (eigentl.: Akira Yamada) vom »Verbraucherzentrum Million« in Masako Katoris Haus zusammengekommen. Jūmonji fuhr in einem dunkelblauen Nissan Maxima vor, trug ein größeres Gepäckstück ins Haus, belud sein Auto etwa drei Stunden später mit acht Versandpaketen und fuhr wieder davon. Über den Inhalt der Pakete war nichts herauszubekommen. Auch der Adressat konnte nicht ermittelt werden. (Die Identität Jūmonjis wurde über das Kfz-Kennzeichen des Maxima festgestellt).
Bericht über Akira Jūmonji (eigentl.: Akira Yamada)
Angaben eines ehemaligen Angestellten (25) des »Verbraucherzentrums Million«:
Der Chef sei mächtig stolz darauf, einmal Mitglied der »Para Dice«, einer Motorradgang aus dem
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