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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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und sagte nichts, doch in einer dunklen Ecke seiner schmalen Augen blitzte es bedrohlich auf.
    Kunimatsu bemerkte nichts davon und fügte scherzhaft hinzu: »Doch, doch, Sie haben eine außerordentliche Wirkung!«
    »Finden Sie?«
    »Ja, Sie brauchen ihn in diesem Aufzug nur einmal scharf anzusehen, das reicht, ich garantiere es Ihnen!« Kunimatsu lachte. »Sie können einem ganz schön Angst machen!«
    »Ja? Wodurch denn?«
    »Mhm... Vielleicht, weil Sie freundlich aussehen, man aber trotzdem nicht dahinter kommt, woran man bei Ihnen ist.« Wie um Kunimatsus Lachen zu ersticken, klingelte in diesem Augenblick das Handy in Satakes Necessaire. Es war Anna.
    »O-nii-chan? Ich bin fertig, hörst du, hol mich ab, ja?«
    Annas leise Stimme, als sie »… hörst du, hol mich ab, ja?« sagte, hatte in Satakes Ohren einen winzigen Moment lang wie das geflüsterte »… hörst du, hol den Arzt, ja?« geklungen, und es lief ihm so kalt den Rücken herunter, dass er beinahe aufgeschrien hätte.
     
    Die Frau keuchte unter Satakes mächtigem Körper, der über und über mit der dunklen, heißen, klebrigen Flüssigkeit verschmiert war. Glitschig fühlte sich das an, fast komisch. Wie gefangen klebte er einige Zeit später an dem erkaltenden Leib der Frau fest, als wären sie eins geworden …
    Die Frau schwankte zwischen Ekstase und Schmerz. Satake presste seine Lippen auf ihren Mund, damit sie still war und er ihr undefinierbares Stöhnen, die Lust- oder Schmerzenslaute, nicht mehr hören musste. Er steckte seine Finger tief in das Loch, das er selbst in ihre Seite gebohrt hatte. Aber das Blut, das sie beide besudelte und ihren Akt in Grauen verwandelte, quoll unaufhörlich daraus hervor. Er wollte immer weiter in die Frau dringen, wollte eins werden mit ihr, verschmelzen. Genau in dem Moment, da er im Begriff war zu kommen und die Lippen von ihrem Mund nahm, hatte die Frau ihm ins Ohr geflüstert: »Hilf mir, hörst du... hol den Arzt, ja?«

    »Vergiss es, halt’s Maul!«
    Den Klang seiner eigenen Stimme hatte er noch genauso deutlich im Ohr wie den der ihren.
     
    Satake hatte eine Frau umgebracht.
    Irgendwann als Oberschüler hatte er seinen Vater niedergeprügelt, war von zu Hause abgehauen und nie mehr heimgekehrt. Er schlug sich als Mah-Jongg-Spieler durch und lernte dabei bald Männer eines Syndikats kennen, die ihn mochten. Das Syndikat verdiente einen Haufen Geld mit Prostitution und dem illegalen Vertrieb von Amphetaminen. Satake bekam die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Prostituierten sich nicht absetzten, bis eines Tages dieser grässliche Vorfall passierte. Die Frau, die er zu Tode quälte, gehörte einer zwielichtigen Jobagentur an, die versuchte, Prostituierte heimlich bei einem anderen Ring vorzustellen. Satake war damals sechsundzwanzig Jahre alt. Dass er für dieses Verbrechen über sieben Jahre im Gefängnis gesessen hatte, wussten weder Kunimatsu, noch Lí-huà, noch Anna. Und genau das war auch der Grund dafür, warum Satake nicht an die Öffentlichkeit trat, warum er die Geschäftsführung des Nachtclubs Lí-huà und dem taiwanesischen Manager und die des Spielkasinos Kunimatsu überließ.
    Es war fast zwanzig Jahre her, aber er erinnerte sich immer noch an jedes Detail. An den Gesichtsausdruck der Frau in Todesqualen, an den Klang ihrer Stimme. Wieder durchfuhr es Satake kalt, als kröchen ihm ihre eisigen Finger über den Rücken.
    Warum hatte er erst töten müssen, um an seine eigenen Grenzen zu stoßen – warum? Einerseits verspürte er heftige Reue, andererseits hatte ihn diese Tat seine Neigung zum Sadismus überhaupt erst erkennen lassen. Er wusste nun, dass es ihm Lust bereitete zu quälen, und dass der Freudenrausch, dem Tod beizuwohnen, überwältigend war.
    »Du bist zu weit gegangen«, sagten selbst die Männer des Syndikats, die mit Frauen nicht gerade zimperlich umgingen. Sie, die gewöhnlich vor keiner Grausamkeit zurückschreckten, hatten ihn entsetzt angestarrt. Nie würde er den Ausdruck der Verachtung und des Abscheus in ihren Gesichtern vergessen. Aber Satake war überzeugt: Niemand außer der Frau und ihm selbst würde jemals verstehen können, was damals passiert war.

    Im Zuchthaus quälten ihn die lebhaften Bilder der Erinnerung daran, wie er die Frau in den Tod getrieben hatte. Aber nicht, weil ihn Schuldgefühle geplagt hätten, sondern weil ihm die Lust zusetzte, dasselbe noch einmal erleben zu wollen.
    Doch als er endlich entlassen wurde, lehrte ihn die Ironie des

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