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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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erwiderte mit bedrückter Stimme:
    »Aber das können wir nicht, Frau Katori, lassen Sie uns doch lieber schleunigst abhauen!«
    Masako betrachtete die Kopie von Kunikos Führerschein. Das Foto zeigte eine dick geschminkte Kuniko. Was für ein armes, dumpfes, düsteres Gesicht.
    »Jūmonji-san.«
    »Ja?«
    »Was muss man noch mal tun, um einen Offenbarungseid zu leisten?«

    »Das ist einfach. Man braucht nur beim Amtsgericht vorstellig zu werden.«
    »Man muss also unbedingt persönlich erscheinen... tja, dann kann man das wohl vergessen, ich würde unmöglich als Kuniko durchgehen.« Masako schnipste die Führerscheinkopie mit den Fingern beiseite. Yayoi zu bitten hatte ebenso wenig Sinn, sie sah Kuniko überhaupt nicht ähnlich.
    »Was haben Sie vor, Frau Katori?« Jūmonji sah sie fragend an.
    »Nun, meine Idee war, für Kuniko den Offenbarungseid zu leisten und Satake als ihren Bürgen mit Solidarhaftung anzugeben.«
    »Ah, so langsam fange ich an zu begreifen...« Jūmonji bekam einen Lachkrampf. »Aber dann machen wir doch einfach Folgendes, Frau Katori: Ein Offenbarungseid ist gar nicht nötig, wir brauchen nur zu sagen, dass Kuniko verschwunden ist, nachdem wir den Kerl zu ihrem selbstschuldnerischen Bürgen erklärt haben, und das kriege ich hin, kein Problem. Heutzutage hat man ja schon eine Bürgschaft am Hals, wenn man telefonisch sein Einverständnis gegeben hat. Ich brauche mich nur an ein paar von meinen feinen Kollegen zu wenden. In der Branche gibt es Leute, die für Geld alles tun.«
    »Sie würden es also schaffen, es so aussehen zu lassen, als hätte Kuniko sich Geld geliehen und Satake dafür selbstschuldnerisch gebürgt?«
    »Ja. Einen Bürgschaftsvertrag brauchen Sie doch nicht, oder? Dann ist das wirklich keine große Sache. Eine Zahlungspflicht allerdings besteht so natürlich nicht.«
    »Das ist auch nicht nötig. Wenn ich ihn nur ordentlich in Schwierigkeiten bringen kann, das reicht. Dann sorgen Sie mal dafür, dass Kuniko als verschwunden gilt.«
    »Wird gemacht. Die Nachricht werde ich als kleine Aufmerksamkeit gleich mit unter die Leute bringen.«
    »Sie haben doch sicher eine Auswahl von unbeglaubigten Namensstempeln da. Stellen wir doch erst mal einen falschen Kreditvertrag aus und setzen in die Sparte ›Bürge mit Solidarhaftung‹ einen Stempel mit seinem Namen.«
    Sofort bekam Jūmonji das Gesicht eines Jungen, der einen Streich plant, griff in die Tiefen einer der offen stehenden Schubladen
und holte eine alte Keksdose heraus, in der sich eine Menge Namensstempel befanden.
    »Das hat er jetzt davon, dass er sich so einen Allerweltsnamen wie Satō ausgesucht hat!« Auf Anhieb kamen drei Stempel mit diesem Namen zum Vorschein.
    »Warten Sie noch, bis diese Arbeit hier erledigt ist, bevor Sie untertauchen, ja?«
    »Ach, das kostet mich höchstens einen halben Tag!«, beteuerte Jūmonji großspurig. Im Handumdrehen hatte sich seine Stimmung merklich gebessert.
    »Na warte, ich werde es schon schaffen, diesen Kerl aus seinem Mauseloch zu treiben!« Ein kleines Lächeln erschien auf Masakos Gesicht, als sie sich Satake vorstellte, der wahrscheinlich gerade ahnungslos im Bett lag und schlief.

4
    Wie langweilig, wenn sie sich einfach nur einschüchtern und verschrecken ließe!
    Satake befand sich auf der Dachterrasse des Supermarkts in der Nähe des Bahnhofs. Ob es am trüben, feuchtkalten Wetter lag oder am Niedergang der kleinen Kaufhäuser im Kampf mit den Großen, die ihnen die Kunden wegnahmen – hier oben war jedenfalls nichts los. Außer einer Mutter mit Kleinkind und einem Oberschülerpärchen auf der Suche nach einem unbeobachteten Platz zum Schmusen war niemand da.
    Satake starrte schon seit geraumer Zeit auf den kümmerlichen Verkaufsstand einer Tierhandlung, der provisorisch neben der Spielothek aufgebaut worden war. Fünf ungepflegte Käfige hatte man nach draußen vor den Stand gestellt. Darin saßen Katzenjunge und Hundewelpen, die üblichen Rassen: überzüchtete American Shorthair, schmuddelige Chinchillas, immermüde Shibas. Die Tiere hatten sich allesamt in die hinterste Ecke ihrer Käfige verkrochen und schauten Satake mit furchtsamen Augen an.
    Er erinnerte sich daran, wie Anna ihn unter Tränen gefragt hatte, ob sie denn für ihn nichts weiter gewesen sei als so ein Hündchen aus der Tierhandlung. Wehmütig dachte er an sie zurück, sah wieder ihre glatte Haut, ihr vollkommenes Gesicht vor
sich. Anna, die Nummer eins des »Mika«, die er aus ihr gemacht

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