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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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hatte. Die Spitzenzüchtung einer Tierhandlung.
    Jetzt, da Anna diese Wahrheit einmal durchschaut hatte, stand fest, dass sie nie mehr die Nummer eins sein würde, sosehr sie sich auch anstrengte. Das war der Lauf der Dinge. Nur weil ihr die Wahrheit nicht bewusst gewesen war, hatte sie so stolz sein können auf ihre ungeheure Popularität. Jetzt würde sich ein Schatten auf sie legen, der nicht wieder verschwinden würde, bis zu ihrem Tod. Für einen Mann, der bereit war, eine Frau von Herzen zu lieben, war so etwas unverzichtbar, aber Männer, die Frauen kaufen wollten, mochten es nicht. Die Kunden wollten ein reines, unbeflecktes Wesen, ein Geschenk des Himmels, weil sie wussten, wie schwer so etwas zu finden war. Genau aus diesem Grund hatte er Anna auf Händen getragen und verhätschelt, damit sie die Wahrheit nicht durchschaute. Was für ein unglückseliges Pech, dass sie ausgerechnet durch die Liebe zu ihm erwachsen geworden war.
    Auch im »Mato« würde sie sich höchstens noch ein halbes Jahr an der Spitze halten können. Anna tat ihm Leid. Aber dieses Gefühl unterschied sich kaum von dem Mitleid, das er für die Hunde und Katzen empfand, die er gerade vor sich hatte. Satake steckte seinen langen Zeigefinger durch die Gitterstäbe eines Käfigs. Das Shiba-Hündchen darin wich zurück, schaute Satake in die Augen und begann zu zittern.
    »Hab doch keine Angst!«, sagte er zu dem Hund.
    Wenn so ein Tier aus lauter Angst lernte, Mitleid zu heischen, wurde es schnell langweilig. Aber wenn es gar keine Angst kannte, war es dumm. Kurzum: Zahme, kokette Schoßhündchen waren langweilig und dumm. Schlagartig erkaltete Satakes Interesse. Er entfernte sich von der Tierhandlung und schlenderte, nachdem er kurz nebenan in die gähnend leere Spielothek mit den billigen Laserstrahlern gespäht hatte, ziellos über die enge Dachfläche.
    Er schaute von oben auf die flache, graue Stadt hinab, die sich behäbig bis zu den Tama-Hügeln erstreckte. Diese elende, verkommene Stadt! Angewidert spuckte Satake auf den mit Kunstrasen ausgelegten Boden. Als er den Blick hob, sah er noch, wie die Mutter mit Kind und das Liebespärchen ängstlich zu ihm herüberschauten.
    Vier Tage waren vergangen, seit Masako Katori nicht mehr in
der Fabrik gewesen war. Seit er sie auf dem Parkplatz mit Kunikos Golf überrascht hatte. Hatte sie denn etwa schon klein beigegeben?
    Wie fade! Er hatte sich so auf eine Frau mit Mumm in den Knochen gefreut, und jetzt sollte dieses bisschen sie schon verschreckt haben? Ob sie denn auch einfach bloß Angst vor ihm hatte? War es nur Einbildung gewesen, als er auf dem Parkplatz geglaubt hatte, sie hätte sein Verlangen nach ihr ganz genau gespürt?
    Satake drehte sich zur Tierhandlung um. Die Hunde und Katzen blickten ihn mit traurigen Augen an. Er spürte, dass seine Stimmung zu kippen drohte, und rannte die Treppe in der Ecke des Dachs hinunter. Er gönnte seinen Beinen keine Ruhe, bis ihm das Herz endlich bis zum Halse schlug. Er holte sich die Hochspannung jenes Sommerabends zurück, als er die Frau durch die Dämmerung von Shinjuku gejagt hatte. Dieser Blick, mit dem sie ihn wahnsinnig gemacht hatte! Satake war maßlos enttäuscht von Masako, er war wütend auf sie. Es konnte doch nicht sein, dass sie ihn dazu verdammte, ihr einfach so den Hals umdrehen zu müssen wie diesem fetten Weib!
    War es denn falsch gewesen zu glauben, es sei sein unausweichliches Schicksal gewesen, Masako Katori begegnet zu sein? Satake ballte beide Fäuste, die in den Taschen seiner Windjacke steckten.
     
    In einer Pachinko-Halle am Bahnhof knackte er dreimal den Jackpot. Danach ließ man ihn nicht weiterspielen. Satake trat gegen den Automaten und stürmte hinaus. Ein Angestellter kam hinter ihm her.
    »He, Sie!«
    »Was!« Satake drehte sich zu ihm um. Beim Anblick seiner drohenden Augen blieb der Angestellte stehen. Satake riss drei Zehntausend-Yen-Scheine aus der Tasche und schleuderte sie vor sich auf die Straße. »Da, reicht das?« Er warf dem Angestellten, der laut mit der Zunge schnalzte und das Geld vom Boden aufsammelte, noch einen verächtlichen Blick zu und ging dann weiter. Von Yayoi hatte er so viel Geld einkassiert, dass er damit um sich werfen konnte. Als ob er wegen des Geldes spielte!
    Satake raste vor Wut. Erstaunlich, dass es überhaupt noch eine
Steigerung des Gefühls der Raserei geben konnte, wenn man schon einen Menschen umgebracht hatte. Sosehr Satake sich auch bemühte, der Trieb war kaum noch zu

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