Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
sagte Satake und wedelte der Frau mit dem Autoschlüssel, an dem ein Anhänger mit dem Großbuchstaben K befestigt war, vor der Nase herum.
»Das mag ja sein, aber was ist mit Frau Jōnouchi, wo steckt sie nur?«
»Sie ist momentan nicht da, wie ich schon sagte. Kein Grund, sich Sorgen zu machen.«
»Aber sie kommt nicht einmal abends nach Hause, und den Mülldienst hat sie auch nicht gemacht, obwohl sie an der Reihe war. Bescheid gesagt, dass sie verhindert ist, hat sie auch nicht, und wenn ich anrufe, ist nie jemand da. Ihren Mann habe ich schon seit längerem nicht mehr gesehen...«
»In der Fabrik hat sie gekündigt. Vielleicht ist sie ja nach Hause zu ihren Eltern gefahren.«
»Und Sie dürfen die ganze Zeit ihr Auto haben?« Die Frau legte den Kopf schief und sah Satake misstrauisch an.
»Ich zahle ihr ja was dafür.«
»Ach so.« Sobald sie hörte, dass Geld im Spiel war, verlor die Frau plötzlich das Interesse. Als sei ihr das Geben und Nehmen von Geld im privaten Bereich widerwärtig, wo sie doch selbst ganz offensichtlich von dem Geld lebte, das ihr Ehemann verdiente, höhnte Satake im Stillen.
»Verzeihen Sie, aber ich habe es eilig«, sagte Satake und schob die Frau beiseite. In Zukunft würde er sich zurückhalten, Kunikos Auto zu benutzen, wenn er nicht gerade zur Fabrik fuhr, beschloss er reumütig, als ihm ein Mann mittleren Alters auffiel, der einsam und verlassen in einem nagelneuen Trenchcoat vor den Briefkästen im Hauseingang stand. Ein Bulle vielleicht. Satake ging weiter, als habe er ihn nicht bemerkt, behielt ihn aber unauffällig im Auge. Nein, sein Blick sah nicht nach Bulle aus. Ob es ein Vertreter war? Er starrte jedenfalls die ganze Zeit auf die Briefkästen. Als seine Augen in der Nähe der Nummer 412 zu verweilen schienen, verschwand Satake schnell im Aufzug.
Dritter Stock, die Tür ging auf. Satake vergewisserte sich, dass der Fahrstuhl nicht ins Erdgeschoss zurückfuhr, und machte sich dann gemächlich auf den Weg über den Außenflur zu seiner Wohnung
an der Ecke des Gebäudes. Wie immer pfiff ihm der eisige Nordwind um die Ohren. Satake zog seinen Wohnungsschlüssel aus der Arbeitshose.
Da sah er den Mann vor seiner Tür stehen. Er trug eine weiß glänzende Daunenjacke und eine violette Hose. Es war ein junger Mann mit auffällig rotbraun gefärbten Haaren. Als er Satake kommen sah, steckte er gerade etwas, das wie ein Handy aussah, in die Jackentasche zurück. Satake bekam ein ungutes Gefühl.
»Herr Satō, nehme ich an?« Der Mann sah ihn mit einem Ausdruck an, den er nur zu gut kannte. Das war kein Bullenblick – es waren die mürrischen Augen eines Yakuza. Während er überlegte, was der Mann unten im Trenchcoat wohl mit diesem hier zu tun haben könnte, versuchte Satake seine Wohnungstür aufzuschlie ßen, wobei er absichtlich keine Anstalten machte zu antworten. Da bemerkte er das Stück schwarzen Stoff, das am Türknauf hing. Wortlos, aber mit dem für einen Yakuza typischen gepressten Lachen schaute der Mann ihm dabei zu.
»Was soll das denn sein!«
»Wie wär’s, wenn Sie mal genauer hinsehen würden?«
Augenblicklich spürte Satake, wie ihm das Blut zu Kopfe schoss. Es war Kunikos Unterwäsche. Der schwarze Slip, den er ihr in den Mund gestopft hatte, bevor er sie ermordet hatte.
»Du elender Hund…!« Satake packte den Mann mit beiden Händen beim Kragen seiner Daunenjacke. Aber der Mann schien an so etwas gewöhnt zu sein. Er ließ Satake gewähren und die Hände in den Jackentaschen, reckte sein Kinn nach oben und grinste dreckig.
»Du irrst dich, das hing schon da, als ich kam!«
»Scheißdreck!« Masako. Das musste Masako gewesen sein! Satake ließ den Mann los, riss den Slip vom Türknauf und stopfte ihn sich in die Tasche.
»Damit hab ich nichts zu tun!«, wiederholte der Mann und stieß, ohne seine Hände aus den Jackentaschen zu nehmen, Satake mit Wucht den Ellbogen in den Bauch. »Also benimm dich gefälligst, Scheißkerl!«
Satake zahlte es ihm durch einen mächtigen Hieb auf die Brust heim: »Und was willst du von mir, he!«
»Nur das hier.« Der Mann zog ein Blatt Papier aus seiner Tasche
und hielt es ihm vor die Nase. »Kreditvertrag« hieß es da. Satake riss ihm das Blatt aus der Hand. Ein Kredit über zwei Millionen Yen auf den Namen »Kuniko Jōnouchi«. Als Kreditgeber war eine Firma mit dem dubiosen Namen Grünes Licht aufgeführt.
»Und? Was soll ich damit?«
»Das Weib da ist anscheinend untergetaucht. Und du hast für
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