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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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eine wie sie einstellen, wenn er darüber zu entscheiden hätte.
    »Nun, Frau Jōnouchi, das bedeutet also, Sie wollen weiter allein mit Ihrer nächtlichen Tätigkeit auskommen?«
    »Na, hören Sie mal, so wie Sie das sagen, klingt das ja, als wäre ich im Rotlichtmilieu tätig!« Kuniko lachte kokett.
    Dabei gab es da gar nichts zu lachen. Als ob du zu fein wärst, um in diesem Gewerbe zu arbeiten! Wo du bis zum Hals in Schulden steckst! Na warte, dachte Jūmonji angewidert und stellte die dicke, schwere Kaffeetasse abrupt auf den Unterteller zurück. Dieses Weib war ihm mittlerweile unerträglich! »Darf ich offen mit Ihnen sein?«
    »Ja...« Kunikos Gesicht wurde ernst.
    »Auch wenn es unhöflich erscheinen mag, aber ich muss Sie leider fragen: Werden Sie die nächste Rate begleichen können?« Jūmonji setzte sein besorgtes, untröstliches Gesicht auf, indem er die wohlgeformten, wie gemalt wirkenden Augenbrauen hob, so dass sie einen großen Bogen bildeten. Er war stolz auf diese Miene, die ihm eine aufrichtige, fast naive Ausstrahlung verlieh. Die Frauen wurden weich, wenn er sie so anschaute, das wusste er. Erwartungsgemäß schmolz Kuniko dahin und wand sich vor Verlegenheit. Als wenn es einen unschuldigen Geldverleiher geben könnte! In welcher Welt lebt sie denn!, dachte der gehässige Jūmonji hämisch.
    »Das wird schon gehen, ich verspreche es. Ich werde sie Ihnen ja schließlich bezahlen müssen!«
    »Ja, da haben Sie Recht. Aber wie wollen wir nun weiter verfahren? Wenn Sie nicht herausfinden, wo Ihr Mann sich aufhält, werden Sie auch einen neuen Bürgen brauchen.«
    Kunikos verschwundener Mann war zwar erst seit zwei Jahren
dauerhaft beschäftigt, aber er hatte in einer Firma gearbeitet, die immerhin an der Zweiten Sektion der Tōkyōter Börse notiert war. Nur deshalb hatten sie ihr jedes Mal sofort Kredit gegeben, wenn sie angetanzt kam, insgesamt achthunderttausend. Kuniko hatte sich vielleicht eingebildet, sie bräuchte bloß vorbeizukommen und schon bekäme sie Geld geliehen, wie im Schlaraffenland, aber wenn ihr Mann – wilde Ehe hin oder her – als Garant nicht gewesen wäre, hätte sie nie einen Yen gesehen. Wenn der Mann jetzt in der Firma gekündigt und sich in Luft aufgelöst hatte, war das für ihn gleichbedeutend mit dem Wegfall der Aussicht, das Geld jemals wieder zurückzubekommen. Jūmonji hätte angesichts Kunikos Einfalt mit den Zähnen knirschen können. Wer würde einem nichtsnutzigen Weib wie ihr schon ohne weiteres Geld leihen!
    »Ja, aber es fällt mir niemand ein, der das machen könnte.« Kuniko schien noch keinen Gedanken an einen Bürgen verschwendet zu haben. Ratlose Bestürzung breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
    »Ihre Eltern leben auf Hokkaidō, nicht wahr?« Jūmonji blickte auf das mitgebrachte Vertragsformular. Zum Wohnort und Arbeitsplatz ihrer Eltern hatte Kuniko Angaben gemacht, aber die Rubrik »Verwandtschaft« war leer.
    »Mh, ja, mein Vater lebt dort, aber er ist krank.«
    »Aber er wird Ihnen doch sicher helfen, wenn er hört, dass sein Töchterchen in Schwierigkeiten steckt!«
    »Völlig aussichtslos. Er ist so gut wie ständig im Krankenhaus. Außerdem hat er selbst kein Geld.«
    »Aber irgendwen werden Sie doch haben, einen Verwandten oder Freund, ganz gleich, ich brauche nur seine Unterschrift und seinen Namensstempel, ein einfacher Serienstempel reicht, er muss nicht beglaubigt sein.«
    »Es gibt aber niemanden.«
    »Wie unangenehm, was machen wir denn da bloß«, sagte Jūmonji und stieß einen übertrieben tiefen Seufzer aus. »Ihren Wagen haben Sie auf Raten gekauft, nicht wahr? Wann wird er abbezahlt sein?«
    »In zwei Jahren, nein, erst in drei, glaube ich.«
    »Und was ist mit Ihrer Kreditkarte?«
    »Daran möchte ich gar nicht denken!«

    Nachdem sie ihn mit dieser zum Auswachsen vagen Antwort abgespeist hatte, starrte Kuniko plötzlich nur noch abwesend vor sich hin und vergaß sogar das Rauchen. Ihr Blick schien auf das Hacksteak gefallen zu sein, das die Kellnerin, die man in eine pinkfarbene Uniform gesteckt hatte, gerade vorbeitrug. Verwundert sah Jūmonji zu, wie sich auf Kunikos Stirn fettige Schweißperlen bildeten.
    »Was haben Sie denn, ist Ihnen nicht gut?«
    »Ach nein, das Fleisch sah nur so grässlich aus.«
    »Mögen Sie kein Fleisch?«
    »Es schmeckt mir nicht besonders.«
    »Dafür haben Sie aber eine stattliche Figur!« Jetzt hatte er sich doch noch zu einer unnötig bissigen Bemerkung hinreißen lassen. Jūmonji

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