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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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brachte ein gequältes Lächeln zustande, aber er war kurz davor, jede Rücksicht auf Kuniko fahren zu lassen. Dabei hatte er sich allein darauf zu konzentrieren, wie er aus dieser Frau, die mit den Gedanken woanders schien und gar nicht erkannte, in welcher Lage sie sich befand, am besten Geld herausholen konnte.
    Gesetzt den Fall, er würde sie tatsächlich in ein Bordell stecken, wenn die Zahlungen ins Stocken gerieten – viel Geld ließe sich mit diesem Gesicht und diesem Körper kaum machen. Und wenn er sie zu irgendeinem schwachköpfigen Kredithai schickte, der ihr Geld lieh, das er selbst dann einstreichen konnte? Einen solchen Dummen zu finden würde schwierig sein, jedenfalls, solange ihr Mann nicht da war. Das entscheidende Problem war letztlich der Aufenthaltsort des Mannes, da half alles nichts. Ungehalten dachte Jūmonji an die Mühe, die es kosten würde, ihn ausfindig zu machen. Da hob Kuniko plötzlich den Kopf.
    »Aber ich hätte da doch noch eine Möglichkeit, an Geld zu kommen. Ja, ich glaube, das könnte gehen. Außerdem werde ich mir sofort eine Arbeit für tagsüber besorgen, bestimmt!«
    »Aha. Um was für eine Möglichkeit handelt es sich denn da? Um einen kleinen Nebenjob oder so etwas in der Art?«
    »Hm, nun ja, so könnte man sagen.«
    »Wie viel könnten Sie denn damit beschaffen?«
    »Zweihunderttausend bestimmt.«
    Wenn du mir da nur nicht irgendeine Lüge auftischst, um mich zufrieden zu stellen, dachte Jūmonji und sah ihr in die Augen,
bis sie nicht mehr wusste, wohin sie blicken sollte. Doch tief unten hatte er darin einen wilden, animalischen Glanz entdeckt, der ihm ein wenig unheimlich war.
    Früher, als er noch keine eigene Firma hatte und bei einem Kreditinstitut als Geldeintreiber für faule Schuldner zuständig gewesen war, waren ihm eine ganze Reihe bedenklicher Gestalten untergekommen, meistens Männer. Sie hatten keine Torheit unversucht gelassen, um aus der Sache herauszukommen, Brüche gemacht oder sich im Betrugsgeschäft versucht. Wenn Männer in die Enge getrieben wurden, dann explodierten sie, richteten ihre Aggressivität nach außen. Bei Kuniko war diese Art von Waghalsigkeit kaum zu erwarten, eher spürte er so etwas wie einen modrigen, geheimnisvollen Schatten, der über ihr lag. Auf einmal fiel ihm wieder der Fall einer Frau ein, bei der ihn ein ähnliches Gefühl beschlichen hatte. Jūmonji kramte in den Schubladen seiner Erinnerung nach ihrem Gesicht. Sie hatte, nachdem er ihr mit einem seiner Kollegen einen Besuch abgestattet hatte, einen ellenlangen, vorwurfsvollen Abschiedsbrief verfasst, ihre Kinder bei lebendigem Leibe von einer Brücke in einen Fluss geworfen und dann Selbstmord begangen. Ihr Mann war alleine zurückgeblieben.
    Solche Frauen verstanden es wunderbar, ihre eigenen Fehler zu verdrängen und alle Schuld auf die anderen zu schieben. Sie blähten die Illusion, Opfer zu sein, immer weiter auf, und, was noch schlimmer war, rissen unschuldige Personen mit in ihren eingemachten Sumpf, nur um nicht alleine zu sein.
    Jūmonji bekam das Gefühl, dass eine unheilvolle, fast dämonische Aura von Kuniko ausging. Hastig wandte er die Augen ab und starrte auf die nackten Beine von Oberschülerinnen, die an einem der Nachbartische saßen und rauchten. Die weißen Kniestrümpfe zu ihren Schuluniformen hingen lose bis auf die Knöchel herab, wie es gerade Mode war.
    »Vielleicht auch fünfhunderttausend, Jūmonji-san...«, begann Kuniko leise lächelnd.
    Er unterbrach sie: »Könnte daraus ein regelmäßiges Einkommen werden?«
    »Das nicht, aber...« Kuniko sah zur Seite. »Nein, kein regelmäßiges Einkommen, aber so etwas Ähnliches schon, denke ich.«
    Vielleicht besaß sie ja wirklich eine geheime Geldquelle, einen
Goldesel, den sie melken konnte. Sollte sie doch irgendeinen Opa um seine Ersparnisse bringen oder ihren Körper verscherbeln, ihm konnte das egal sein. Jūmonji hielt es für besser, nicht allzu tief in den Angelegenheiten dieser Frau herumzustochern. Solange sie das Geld zurückzahlte, war ihm alles recht. Vorläufig würde er sich damit begnügen, einen Bürgen für sie dingfest zu machen, dann würde er weitersehen.
    »Gut. Noch sind Sie ja nicht in Verzug geraten. Machen wir es doch so: Kommen Sie morgen oder übermorgen in unser Büro. Wenn Sie möchten, kann ich auch noch einmal bei Ihnen vorbeischauen. Bis dahin besorgen Sie sich bitte Stempel und Unterschrift eines Bürgen«, verfügte er und überreichte ihr das entsprechende

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