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Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out

Titel: Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natsuo Kirino
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Yama-chan aufgetaucht, weil sie ja eine Vermisstenanzeige aufgegeben hat.«
    »Ja, wissen sie denn schon, dass es sich um ihren Mann handelt?«
    »Nein, noch nicht«, antwortete Masako, während sie zusah, wie Yoshië die Brauen zusammenzog. Die Ringe unter ihren Augen waren jetzt noch dunkler als gestern Nacht in der Fabrik.
    »Was machen wir denn jetzt?«, fragte Yoshië bestürzt. »Es wird alles herauskommen!«
    »Die Identität der Leiche wird herauskommen, aber das ist noch kein Problem.«
    »Wie meinst du das? Wie sollen wir uns verhalten?«
    »Gehst du heute zur Schicht, Meisterin?«
    »Mhm.« Yoshië war verwirrt. »Eigentlich wollte ich, aber jetzt, alleine... Ich weiß nicht recht, sollte ich denn?«
    »Ja, geh ruhig. Am besten, wir benehmen uns ganz normal wie immer und vermeiden alles Ungewöhnliche. Und da ist noch etwas: Es weiß doch niemand, dass du an dem betreffenden Tag bei mir warst, oder?«
    Yoshië schien ein wenig zu überlegen, schüttelte dann aber ein paarmal den Kopf: »Nein.«
    »Verrat es bitte keinem, aber das ist dir ja hoffentlich klar. Und denk dran: Yama-chan wird wahrscheinlich als Erste verdächtigt, deshalb darfst du auf keinen Fall etwas von den Ehestreitigkeiten und den Prügeln erzählen, falls die Polizei bei dir auftaucht, hörst du? Andernfalls passiert das hier mit uns.« Masako tat, als würden ihr Handschellen angelegt.
    »Verstehe.« Yoshië schluckte und starrte auf Masakos knochige Handgelenke. In dem Moment kam ein kleines Tier unsicher zwischen ihren Füßen hervorgekrochen.
    »Oma.« Das Lebewesen konnte sprechen, vielmehr lallen. Ein abgemagerter kleiner Junge klammerte sich an Yoshiës Hose mit den durchgescheuerten Knien fest. Er schien ihr aus dem Haus nachgelaufen zu sein. Er hatte nur ein Höschen an, Oberkörper und Füße waren nackt.
    »Wo kommt denn das Kind her?«
    »Es ist mein Enkel«, murmelte Yoshië verschämt, während sie den Kleinen fest an die Hand nahm, damit er nicht plötzlich loslaufen konnte.

    »Du hast ein Enkelchen? Davon wusste ich ja gar nichts«, sagte Masako überrascht und strich dem Jungen über den Kopf. Das feine, weiche Haar kräuselte sich um ihre Finger, und sie musste verträumt an die Zeit zurückdenken, als Nobuki noch ein Baby war.
    »Ich hab dir nichts davon erzählt, aber ich habe noch eine andere Tochter. Das ist ihr Sohn.«
    »Hat sie ihn bei dir gelassen?«
    »Ja«, sagte Yoshië und blickte seufzend auf den Jungen herab. Der Kleine streckte die Hand nach Masakos Tomate aus.
    Masako gab ihm die Frucht, und als sie sah, wie er daran schnupperte und sie sich an die Wange drückte, murmelte sie: »Ein richtiges Bündel Leben, nicht?«
    »Ja«, gab Yoshië zu. »Aber ich kann dir sagen, es hat mich einiges an Nerven gekostet, mich um ihn kümmern zu müssen, nachdem wir das da, du weißt schon, gemacht haben – seltsam, nicht?«
    »Ein Kind in dem Alter macht eben viel Arbeit. Er trägt doch sicher noch Windeln, oder?«
    »Ja. Jetzt hab ich schon zwei, die in Windeln stecken.« Yoshië lachte, aber Masako durchschaute sie: Tief unten in ihren Augen konnte sie das Entsetzen und den Gram eines Menschen sehen, dem man den Tod und das Leben anderer aufgebürdet hatte.
    »Tja dann, wenn noch etwas sein sollte, werde ich wieder vorbeikommen.«
    Masako wollte schon gehen, doch Yoshië hielt sie zurück. Zögerlich und mit gedämpfter Stimme, als würde sie sogar die Ohren ihres kleinen Enkels fürchten, fragte sie: »Hör mal, was hast du denn nun mit dem Haupt gemacht?«
    Der Junge war ganz damit beschäftigt, die Tomate, die er mit beiden Händen kaum fassen konnte, wie einen großen Schatz herumzutragen, und achtete nicht auf das Gespräch der Erwachsenen. Masako drehte sich zur Straße um, wartete ab, bis ein Fahrradfahrer vorbeigefahren war, und antwortete dann: »Alles in Ordnung, ich hab ihn am nächsten Tag vergraben.«
    »Wo hast du ihn vergraben?«
    »Es ist besser, wenn du das gar nicht weißt.«
    Damit ließ Masako Yoshië stehen und ging zur Hauptstraße, wo sie ihren Corolla geparkt hatte. Sie wollte Yoshië weder davon in
Kenntnis setzen, dass Kuniko Yayoi erpresst hatte, noch, dass Yayoi eventuell Kenjis Lebensversicherung ausbezahlt bekam. Was half es schon, wenn sie sie damit noch mehr in Unruhe versetzte? Doch in Wahrheit traute Masako niemandem mehr, auch Yoshië nicht.
    Irgendwo in der Nähe tutete die Hupe eines Tōfu-Wagens. Aus den offenen Fenstern der Häuser drangen das Klirren von Geschirr und die

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